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Neuer Bericht zur Schwarzarbeit
Ist die Putzpersonal-Legalisierung ein Flop?

Wer Putzpersonal im Haushalt beschäftigt, muss Sozialversicherungsbeiträge zahlen und eine Unfallversicherung abschliessen. Doch da gab es einen starken Rückgang. 
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«Vereinfachtes Abrechnungsverfahren»: Auf diesen Pfeiler setzte der Bund, als er unter Führung von Doris Leuthard vor bald 20 Jahren in den Kampf gegen Schwarzarbeit zog. Das Verfahren sollte Privathaushalte dazu animieren, ihre Putzfrauen, Babysitter, Nachhilfelehrerinnen und andere Hilfskräfte mit geringem Arbeitspensum zu legalisieren – also ordentlich anzumelden und die Versicherungsbeiträge für sie zu bezahlen.

Doch tut es das wirklich? Zweifel sind angebracht, nachdem im vergangenen Jahr die Zahl der privaten Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, die das Verfahren nutzen, um 25 Prozent regelrecht eingebrochen war.

Die Vereinfachung besteht darin, dass für Angestellte, deren Lohn unter der Pensionskassen-Eintrittsschwelle von zurzeit 22’050 Franken liegt, nur einmal pro Jahr mit der Ausgleichskasse abgerechnet werden muss. Diese kassiert nicht nur die Sozialabgaben wie AHV und Arbeitslosenversicherung, sondern auch die Quellensteuer gleich mit.

2008 trat das neue Bundesgesetz zur Bekämpfung von Schwarzarbeit in Kraft, und im Folgejahr frohlockte das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco), das Verfahren werde immer reger genutzt. Die Zahl der Anmeldungen sei gegenüber dem Einführungsjahr von 12’615 auf 17’193 gestiegen.

Es folgten Erfolgsmeldungen im Jahresrhythmus, nur 2018 gab es einen leichten Rückgang. Der lag aber nicht daran, dass weniger Hilfskräfte angemeldet worden wären. Vielmehr hatte das Parlament ein Steuerschlupfloch im Schwarzarbeitsgesetz gestopft und findigen Firmenbesitzern verboten, ihre Einkommen aufzuteilen, um sie über das vereinfachte Verfahren zum Quellensteuersatz von nur 5 Prozent abzurechnen.

Über 27 Millionen Franken für die Sozialversicherung

Die einfache Methode blieb fortan Privathaushalten vorbehalten. 2021 meldeten beinahe 100’000 ihr Putzpersonal, ihre Nanny oder sonstige Hilfskraft auf diese Weise an und rechneten mehr als 27 Millionen Franken an Sozialversicherungsbeiträgen ab.

Doch nun der Absturz: 2022 waren es nur noch knapp 74’000 Anmeldungen. Der Rückgang um ein Viertel sei «frappant», heisst es dazu im jüngsten Seco-Bericht zur Schwarzarbeit.

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Als mögliche Ursache nennt das Bundesamt für Sozialversicherungen das geänderte Geschäftsmodell von Batmaid. Die Firma bezeichnet sich selbst als Marktführer der privaten Reinigungsbranche in der Schweiz. Das Unternehmen war zuerst eine Plattform, die Reinigungskräfte vermittelte, nun stellt es die Leute selber an. Allerdings erfolgte der Rückgang der Anmeldungen besonders ausgeprägt in der Westschweiz, und Batmaid selbst bezeichnet die Deutschschweiz als grössten Markt.

Vielleicht liegt die Zurückhaltung auch am Produkt: Die erstmalige Anmeldung der Putzkraft ist auch im vereinfachten Verfahren nicht ganz einfach, es braucht eine ganze Reihe von Angaben und Unterlagen. Vor allem aber muss separat eine Unfallversicherung für die Hilfskraft abgeschlossen werden. Andreas Dummermuth, Präsident der Konferenz der kantonalen Ausgleichskassen, sieht darin einen Fehler: «Das liegt völlig quer zum Konzept eines vereinfachten Verfahrens», kritisiert er.

Dass die Unfallversicherung nicht über das Verfahren abgeschlossen werden kann, schmälere dessen Attraktivität, sagt auch Simon Blunier vom Bundesamt für Sozialversicherungen.

Seit 15 Jahren kämpft Dummermuth dafür, dass sich dies ändert. Das ist nicht ganz ohne, weil aufseiten des Bundes drei verschiedene Bundesämter involviert sind – jenes für Sozialversicherungen, jenes für Gesundheit sowie das Seco. «Jedes hat einen Tunnelblick», so Dummermuth.

2025 solls ein einfaches Paket geben

Nun zeichnet sich allerdings Licht am Ende des Tunnels ab. Ab Anfang 2025 werden die Ausgleichskassen auch die Unfallversicherungsprämien einziehen dürfen. Dann könne man wirklich von einem vereinfachten Abrechnungsverfahren sprechen, sagt der Präsident der kantonalen Ausgleichskassen, sozusagen von einem «Susi-Sorglos-Paket».

Man darf gespannt sein, ob das die Legalisierung schwarzarbeitender Angestellter in Haus und Garten beflügelt. Denn es gibt noch viel Luft nach oben: In der Schweiz gibt es 3,9 Millionen Privathaushalte. Selbst wenn 100’000 davon ihre Hilfskraft nach der einfachen Methode anmelden, sind das nur zweieinhalb Prozent.

Untersuchungen gehen von einem viel grösseren Anteil aus. Eine Umfrage des Vergleichsdiensts Comparis ergab 2018, dass 14 Prozent der Schweizerinnen und Schweizer eine Putzkraft für Hausarbeiten beschäftigt. 

Hochgerechnet auf alle Haushalte im Land müssten es weit über 400’000 Anmeldungen sein. Effektiv waren es letztes Jahr aber nicht einmal 74’000.

Inzwischen dürften es eher mehr sein, schätzt Marie-Christin Kamann, Geschäftsführerin von quitt.ch. Das Unternehmen, das sich auf die administrative Abwicklung von Anstellungsverhältnissen im Haushalt spezialisiert hat, geht insgesamt von einem Marktpotenzial von rund 700’000 Haushalten aus, welche Haushaltshilfen beschäftigen.

Es gebe zwar auch Kundinnen und Kunden, die explizit die Abrechnung im ordentlichen Verfahren wünschten – etwa, wenn ihre Angestellten noch anderswo arbeiten und eine eigene Steuererklärung einreichen möchten. Zwei Drittel der Arbeitsverhältnisse aber habe quitt.ch im vereinfachten Verfahren angemeldet. Hochgerechnet auf alle Haushalte im Land müssten es weit über 400’000 Anmeldungen sein. Effektiv waren es letztes Jahr aber nicht einmal 74’000.

Das lässt den Schluss zu: Der weitaus grösste Teil des Putzpersonals und der anderen Hilfskräfte mit geringem Arbeitspensum arbeitet in den Schweizer Haushalten vermutlich schwarz – dem vereinfachten Anmeldeverfahren zum Trotz.