Krieg in GazaDer tödlichste Tag für Israels Armee
Israel zeigt sich erschüttert, die Regierung hat eine deutliche Botschaft an die Hamas – und demonstriert überraschend Einigkeit.
Israel trauert um 24 Soldaten, die am Montag im Kampf gegen die Hamas ihr Leben verloren haben. 21 dieser Soldaten starben auf einen Schlag – bei Explosionen nach einem Angriff der Hamas-Terroristen im südlichen Teil des Gazastreifens an der Grenze Israels. Dieser Massentod erschüttert das Land.
Die Newsportale israelischer Medien zeigten heute auf ihren Homepages Porträtfotos der getöteten Soldaten. Jeder der 21 Gefallenen wurde aufgelistet: mit Namen, Alter, Armee-Einheit und Wohnort. Die Männer im Alter von 22 bis 40 Jahren waren mehrheitlich Reservisten. Israels Präsident Isaac Herzog sprach von einem «unerträglich schweren Morgen», als heute Vormittag die Todesnachricht verbreitet wurde. Hinter jedem getöteten Soldaten stehe eine Familie, deren Welt zusammengebrochen sei, schrieb er auf der Plattform X.
Explosionen und Gebäudeeinsturz
Seit Beginn des Gazakriegs vor über drei Monaten sind noch nie so viele israelische Soldaten bei einem einzelnen Zwischenfall getötet worden wie am letzten Montag. Nach Angaben von Daniel Hagari, Sprecher der israelischen Streitkräfte, ereignete sich die tödliche Attacke, als die eigenen Soldaten gerade dabei waren, zwei Gebäude zu verminen, um diese zu sprengen. Gleichzeitig habe der Feind Raketen auf einen Panzer abgefeuert, der die Soldaten der israelischen Armee sichern sollte. Raketen sollen auch bei den verminten Häusern eingeschlagen haben. Auf Grund von Explosionen seien die Gebäude eingestürzt und hätten 21 eigene Soldaten unter sich begraben, sagte Hagari.
Seit Beginn der israelischen Bodenoffensive im Gazastreifen Ende Oktober sind nach Militärangaben 220 Soldaten und Soldatinnen Israels getötet worden. Mehr als 1200 weitere wurden verletzt. Im gleichen Zeitraum kamen gemäss palästinensischen Angaben mehr als 25’400 Menschen in Gaza ums Leben. Mehr als 63’300 weitere Menschen wurden verletzt. Die Zahl der getöteten Hamas-Terroristen hat Israel kürzlich mit rund 9000 beziffert. Angaben über die Anzahl Toter und Verletzter lassen sich zurzeit nicht unabhängig überprüfen.
«Kämpfen bis zum vollständigen Sieg»
Nach dem vergangenen schwarzen Montag bekräftigte die israelische Regierung ihren Kriegskurs: Die Hamas soll vernichtet werden. Ministerpräsident Benjamin Netanyahu, Verteidigungsminister Yoav Gallant und Benny Gantz, der im Kriegskabinett die Opposition vertritt, veröffentlichten am Nachmittag eine gemeinsame Videoerklärung: «Wir trauern um unsere heldenhaften, gefallenen Soldaten. Der Krieg geht in ihrem Namen sowie für das Leben aller Israelis weiter», hiess es in dem Statement. Die zentrale Botschaft der Regierung Israels lautete: «Wir werden nicht aufhören zu kämpfen bis zum vollständigen Sieg.»
Mit dem gemeinsamen Auftritt stellte sich Gantz hinter Netanyahu, obwohl er zuletzt deutliche Kritik an der Kriegsstrategie des Premiers geäussert hatte. Nach Ansicht von Gantz ist es nicht möglich, gleichzeitig die Hamas zu vernichten und die noch rund 130 Geiseln zu befreien.
Innerhalb Israels nimmt der Druck auf die Netanyahu-Regierung weiter zu. Immer wieder demonstrieren Tausende Menschen dafür, die Geiseln aus dem Gazastreifen zurückzuholen. Am Montagabend stürmten Familienangehörige eine Parlamentssitzung in Jerusalem, um die Regierung aufzufordern, mehr für die Freilassung ihrer Angehörigen zu tun. Laut Medienberichten soll Israels Führung nun eine zweimonatige Feuerpause vorgeschlagen haben, um die Geiseln mittels Verhandlungen freizubekommen.
Verstärkte Offensive um Khan Younis
Die israelische Armee hat inzwischen ihre Offensive rund um Khan Younis im Süden des Gazastreifens verstärkt. Seit Montag sei die Stadt umstellt, liessen Israels Militärbehörden heute verlauten. Bodentruppen seien in Nahkämpfe verwickelt, und die Luftwaffe habe Angriffe geflogen. Dabei seien Dutzende Terroristen «eliminiert» worden. Die Stadt Khan Younis gilt als Hochburg der Hamas. Israel vermutet in den Tunnelnetzwerken in der Gegend von Khan Younis die Führung der Terrororganisation sowie die Geiseln.
Während im Süden Gazas die heftigsten Kämpfe toben, bleibt die Situation an der Grenze zwischen Israel und dem Libanon angespannt. Auch am heutigen Dienstag gab es wieder gegenseitigen Beschuss zwischen Israel und der libanesischen Hizbollah. Israels Militär hat eigenen Angaben zufolge mehrere Raketenangriffe registriert. Einige Raketen seien abgefangen worden.
Die vom Iran unterstützte Hizbollah teilte mit, israelische Stellungen angegriffen zu haben. Israel habe als Reaktion darauf die Aussenbezirke mehrerer Dörfer im Grenzgebiet im Libanon beschossen. Bei dem Artilleriefeuer seien in einer Ortschaft mehrere Häuser zerstört worden. Berichte über Tote und Verletzte gab es zunächst nicht.
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