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Gaza-Verhandlungen in Doha
Ein bis zwei Wochen Zeit, um grösseren Krieg abzuwenden

epa11549514 Families of hostages held by Hamas in Gaza, hold the pictures of their loved ones and a banner 'Hostage Deal now', calling to end the conflict outside the Prime Minister?s Likud party headquarters in Tel Aviv, Israel, 15 August 2024. Israel sent official representatives, including the head of the Mossad, to the Gaza ceasefire negotiations talks in Qatar, which are scheduled to take place on 15 August. Hamas announced it will not take part in the talks. According to the Israeli IDF, 115 Israeli hostages are still held by Hamas in Gaza. EPA/ABIR SULTAN
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In Doha geht es nun ums Ganze – um Krieg und Frieden im Gazastreifen und weit darüber hinaus. Am Donnerstag hat in der katarischen Hauptstadt eine neue, als entscheidend titulierte Verhandlungsrunde über einen Waffenstillstand und ein Geiselabkommen zwischen Israel und der palästinensischen Hamas begonnen.

Verknüpft haben die Vermittler aus den USA, Katar und Ägypten einen solchen Deal ausdrücklich noch mit der Abwendung einer regionalen Eskalation durch den Iran und die libanesische Hizbollah. Klar ist, dass dies den Druck zur Einigung erhöht. Aber erhöht es auch die Erfolgsaussichten?

Treibende Kraft hinter diesen Verhandlungen sind die Amerikaner, die mit CIA-Chef Williams Burns in Doha vertreten sind. Präsident Joe Biden persönlich hatte vorab erklärt, dass er bei einem Erfolg damit rechne, dass der Iran auf einen angedrohten Angriff auf Israel verzichte, der seit der Tötung des Hamas-Auslandschefs Ismail Haniya in Teheran vor gut zwei Wochen als düstere Drohung über der Region hängt.

Hamas schickt keine Delegation, ein Boykott ist das aber nicht

So soll jeder wissen, was auf dem Spiel steht. Doch zumindest mit Blick auf die Hamas könnte diese Strategie nach hinten losgehen. Denn nichts wünscht sich deren Anführer Yahya Sinwar seit dem Terrorüberfall auf Israel am 7. Oktober mehr als eine Ausweitung des Kriegsschauplatzes und die Verstrickung Israels in einen Mehrfrontenkampf. Ernüchtern könnte ihn höchstens die Erkenntnis, dass seine Waffenbrüder aller Rhetorik zum Trotz am Ende doch kein Interesse am ganz grossen Krieg haben könnten.

Fürs Erste aber dürfte die Hamas ausgesprochen defensiv in die Verhandlungen gehen. Ausdruck davon war die Erklärung, keine Delegation nach Doha zu schicken. Ein Boykott ist dies jedoch nicht. Schliesslich ist die Auslandsführung der Hamas sowieso schon im katarischen Exil versammelt. Auf kurzem Weg dürften die Vermittler aus Katar und Ägypten jede Wendung der Verhandlungen absprechen können.

Netanyahu-Berater in der Rolle des Aufpassers und Bremsers

Als grösster Unsicherheitsfaktor auf israelischer Seite gilt Premier Benjamin Netanyahu. Vor ihrem Abflug nach Doha bestellte er noch einmal die Verhandlungsführer ein. Anwesend sind nun in Katar nicht nur der Mossad-Chef David Barnea zusammen mit seinem Kollegen vom Inlandsgeheimdienst, Ronen Bar, Netanyahu hat ihnen noch seinen persönlichen Berater Ophir Falk zur Seite gestellt. Seine Rolle dürfte die des Aufpassers und Bremsers sein.

In den vergangenen Wochen war auch öffentlich deutlich geworden, dass der gesamte israelische Sicherheitsapparat auf ein Abkommen drängt, während der Regierungschef aus Angst vor dem Machtverlust Hürden aufgebaut hat.

epa03836484 Israeli Prime Minister Benjamin Netanyahu speaks during the weekly cabinet meeting in Jerusalem, Israel, 25 August 2013. EPA/DAN BALILTY / POOL

Zwar hat Netanyahu immer wieder energisch bestritten, die Arbeit der Vermittler zu behindern. Die «New York Times» konnte jedoch nun pünktlich vor der Doha-Runde Dokumente einsehen, die das Gegenteil belegen. Netanyahu hat demnach noch eine Liste neuer Forderungen erstellt, nachdem US-Präsident Biden Ende Mai schon einen fertigen israelischen Abkommensentwurf vorgestellt hatte.

Bidens Geduld hat Israels Premier bis aufs Äusserste strapaziert. Für die Doha-Verhandlungen dürften die Amerikaner Netanyahu deshalb deutlich gemacht haben, dass weitere Obstruktion zum offenen Bruch führen könnte – und dass Israel sich dies allein aus Sicherheitsgründen nicht leisten könne.

Die Anreize für ein Abkommen sind offenkundig: Erstens könnte Netanyahu mit der Heimkehr der Geiseln einen Erfolg verbuchen. Zweitens könnte er einen Ausweg finden aus einem Krieg, in dem selbst sein Verteidigungsminister Yoav Gallant das Postulat vom «totalen Sieg» zum «Unsinn» erklärt hat. Und drittens könnte ein noch grösserer Krieg abgewendet werden, in dem auch Israel von Haifa bis nach Tel Aviv mit schweren Konsequenzen rechnen muss.

Vermittler könnten fertigen Abkommensentwurf vorlegen

Zu Israels Schutz sind die Amerikaner demonstrativ in Vorleistung gegangen – mit einer deutlichen Verstärkung ihrer Militärpräsenz in der Region sowie mit einem neuen, 20 Milliarden Dollar schweren Waffenpaket. Verknüpft ist das mit der Erwartung der US-Regierung, dass Netanyahu den aktuellen Zusatzpreis dafür erkennt und den Weg ebnet für ein Gaza-Abkommen.

Mit schnellen Ergebnissen aus Doha ist nicht zu rechnen. Aber angesichts der iranischen Drohungen dürfte auch keine lange Hängepartie entstehen. In ein bis zwei Wochen, so die Erwartungen, könnte Klarheit geschaffen sein. Die Vermittler haben von Beginn an betont, dass keine Zeit mehr zu verlieren ist.

Spekuliert wird, dass sie nicht mehr länger versuchen, die Kontrahenten zu Kompromissen zu bewegen, sondern sie mit einem eigenen, endgültigen Entwurf konfrontieren. Die Verantwortlichen in Israel und bei der Hamas müssen dann entscheiden, ob sie das so annehmen oder ablehnen. Es geht um die entscheidende Frage, ob sie Frieden wollen oder einen endlosen Krieg.