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Salmonellengefahr in Überraschungseiern
In der Schweiz werden immer mehr Lebensmittel zurückgerufen

Wenige Tage vor dem wichtigen Ostergeschäft muss Ferrero mehrere Produktelinien zurückrufen, darunter die Schokobons.
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Was passiert mit den «Kinder»-Überraschungseiern und Schokobons, die Ferrero zurückrufen muss?

Wegen Verdacht auf Salmonellen muss der Süsswarenhersteller Ferrero viele seiner «Kinder»-Produkte zurückrufen – vor allem in Europa, aber auch in den USA, in Kanada oder Australien. Bestimmte in einem Werk in Belgien hergestellte Überraschungseier, Schokobons und weitere Süssigkeiten sollten vorsichtshalber nicht mehr gegessen werden.

Das Werk wurde mittlerweile von der Aufsichtsbehörde geschlossen. Es darf erst wieder öffnen, wenn alle Regeln und Anforderungen der Lebensmittelsicherheit erfüllt sind. Zudem hat die Staatsanwaltschaft Ermittlungen aufgenommen.

In der Schweiz sind keine Erkrankungsfälle bekannt. Ferrero ruft jedoch 27 Produkte vorsichtshalber zurück. Coop, Migros, Volg und Aldi haben die betroffenen «Kinder»-Produkte Mitte letzter Woche aus den Regalen genommen und die Kunden aufgerufen, Produkte mit bestimmten Haltbarkeitsdaten in die Läden zurückzubringen. Jetzt zeigt sich: Die beiden grossen Detailhändler Migros und Coop weiten den Rückruf nochmals aus. Coop hat am Freitag via Twitter erneut zahlreiche Produkte der Linie «Kinder» zurückgerufen – damit sind nun sämtliche Mindesthaltbarkeitsdaten betroffen.

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Wie viele Tonnen Schokolade das sind, ist offen. Ferrero beantwortete eine entsprechende Anfrage nicht. Klar ist aber: Für die Produktsicherheit ist die Herstellerin verantwortlich. Laut Coop-Sprecher Kevin Blättler nimmt Ferrero die Ware zurück.

Auch Buitoni musste wegen gesundheitlicher Folgen ein Produkt zurückrufen: Tiefkühlpizza der Marke Fraîch’Up. Wie ist die Schweiz davon betroffen?

Der Fall Buitoni sorgt seit einigen Wochen vor allem in Frankreich für Aufsehen. 48 Kinder und 2 Erwachsene hatten wegen mutmasslich mit E.-coli-Bakterien verseuchter Buitoni-Pizzas teilweise schwere Krankheitssymptome entwickelt. Mitte März wurde ein gross angelegter Rückruf von Tiefkühlpizzas der Marke Fraîch’Up eingeleitet. Derzeit laufen Ermittlungen der Pariser Staatsanwaltschaft wegen «fahrlässiger Tötung», «Täuschung» und «Gefährdung anderer».

Buitoni ist eine Tochterfirma des Schweizer Lebensmittelmultis Nestlé. Zwei Produktionsstätten in Nordfrankreich wurden vorerst geschlossen. «Die Qualität und Lebensmittelsicherheit unserer Produkte hat oberste Priorität, und wir arbeiten mit den Behörden zusammen, um herauszufinden, was passiert sein könnte», liess Nestlé verlauten.

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Da Fraîch’Up vor allem in Frankreich vertrieben wird, mussten in der Schweiz keine Buitoni-Produkte zurückgerufen werden. Die von Nestlé in der Schweiz via Coop oder Migros verkauften Buitoni-Pizzas würden aus Deutschland und Italien importiert – sie seien nicht vom Rückruf betroffen, sagt eine Nestlé-Sprecherin auf Anfrage dieser Zeitung. Sie ergänzt: «Nestlé verkauft keine Fraîch’Up-Pizzas in der Schweiz.»

Wie streng ist die Schweiz bei Lebensmittel­rückrufen?

Im vergangenen Jahr ist die Zahl der veröffentlichten Sicherheitshinweise im Vergleich zu 2020 noch einmal gestiegen und erreichte mit 140 einen neuen Höchststand. Fast zwei Drittel der publizierten Warnungen entfielen auf Getränke und Nahrungsmittel.

In der EU werden pro Jahr Tausende Artikel und Lebensmittel beanstandet. Im Vergleich zur EU ist die Eidgenossenschaft also eher zurückhaltend mit Rückrufen.

Der Stiftung für Konsumentenschutz reicht das nicht. Das Land sei nicht streng genug. «In der Schweiz ist es zu sehr dem Belieben der einzelnen Produzenten überlassen, ob und wie ein öffentlicher Rückruf stattfindet», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz.

Der Konsumentenschutz fordert weiterhin, dass die Schweiz sich vollständig dem EU-Rückrufportal RASFF anschliesst. «Doch aus politischen Gründen scheint dieses Ziel in weiter Ferne», sagt Stalder.

Aus welchen Gründen rufen Firmen von sich aus vermehrt Artikel und Lebensmittel zurück?

Das Eidgenössische Büro für Konsumentenfragen macht dafür nicht einen, sondern mehrere Gründe aus. Eine wesentliche Erklärung sieht die Behörde in der Globalisierung und Digitalisierung. So nehme die Komplexität der Wertschöpfungskette zu, da Zulieferer und Produktion auf der ganzen Welt verteilt seien – was wiederum die Qualitätskontrolle erschwere.

Einen anderen bemerkenswerten Punkt führt das Büro für Konsumentenfragen an: Die Unternehmen nutzten Rückrufaktionen bewusst als Marketinginstrument, um sich in der Öffentlichkeit als verantwortungsvolle und schnell handelnde Marken darzustellen. Damit könne die Reputation gestärkt werden. Dies dürfte jedoch bei Kinderschokolade oder bei Buitoni nicht der Fall sein.

Falls Schweizer Konsumenten nach dem Verzehr von gewissen Lebensmitteln erkranken würden: Gibt es ein Recht auf Schadenersatz?

Bei einem Rückruf wird der finanzielle Schaden in der Regel zurückerstattet, oder es findet ein Austausch statt, ohne Kostenfolge. Bei gesundheitlichen Schäden haftet grundsätzlich das Unternehmen. Aber: Dafür muss erwiesen sein, dass der gesundheitliche Schaden durch den Verzehr eines bestimmten Produkts einer bestimmten Firma entstanden ist. Dies muss ein Kläger vor Gericht beweisen können. 

«Denn ziemlich sicher werden die Unternehmen nicht einfach für einen solchen gesundheitlichen Schaden geradestehen. Für eine einzelne Person ist es daher quasi ein aussichtsloses Unterfangen, solange es keinen kollektiven Rechtsschutz gibt. Das wäre ein klassischer Fall für eine Gruppenklage, damit dies überhaupt stemmbar wird», sagt Sara Stalder, Geschäftsleiterin der Stiftung für Konsumentenschutz.

Ihr Fazit: «Theoretisch liegt die Haftung beim Unternehmen. Doch praktisch wird das in der Regel nicht durchgesetzt werden können ohne kollektiven Rechtsschutz.»

Konsumentenschützerin Sara Stalder macht bei Lebensmittelvergiftungen eine schwierige Beweislage für die Konsumenten aus.

Wo können sich Schweizer Konsumenten melden, wenn sie ein Produkt beanstanden wollen respektive wenn gesundheitliche Probleme auftreten?

Erste Anlaufstelle ist die Ärztin oder der Arzt. Sie sollten solche Erkrankungen weitermelden. Falls eine betroffene Konsumentin nicht zum Arzt gehen kann, rät der Schweizer Konsumentenschutz, an die jeweilige kantonale Lebensmittelkontrolle zu gelangen.

In welchen Fällen schalten sich die Schweizer Behörden überhaupt ein?

Wenn ein gesundheitsgefährdendes Produkt bereits an Konsumenten abgegeben wurde, löst die zuständige kantonale Behörde in Zusammenarbeit mit dem betroffenen Unternehmen eine öffentliche Warnung aus. Könnten Konsumenten in der ganzen Schweiz betroffen sein, erfolgt die öffentliche Warnung durch das Bundesamt für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen.

Eine öffentliche Warnung enthält alle Angaben zum Produkt und zur festgestellten Gefahr sowie Informationen zum weiteren Vorgehen, falls das Produkt schon konsumiert wurde.

Die Information erfolgt über die Medien und die Websites der Behörden.

Welche Arten von Sicherheitshinweisen kennt die Schweiz?

Es gibt deren zwei: Bei einer Rücknahme nimmt die verantwortliche Firma sämtliche noch nicht verkaufte Waren vom Markt. Dies wird dann notwendig, wenn ein Produkt nicht den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen entspricht. Ein Beispiel dafür ist ein Fehler auf dem Etikett oder vertauschte Inhaltsstoffe, sofern es sich dabei nicht um Substanzen handelt, die Allergien auslösen. Eine Information der Konsumenten erfolgt in diesem Fall nicht, da für die Konsumenten keine Gesundheitsgefährdung besteht.

Zu einem Rückruf kommt es dann, wenn ein gesundheitsgefährdendes Produkt die Konsumentinnen und Konsumenten bereits erreicht hat. In diesem Fall ist das betroffene Unternehmen verpflichtet, die Kundschaft genau über den Grund des Rückrufs sowie das betroffene Produkt zu informieren.