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Überschwemmung, Felssturz oder Murgang
Trotz Risiko für Steinschlag und Erdrutsch – Häuserpreise bleiben stabil

Blick auf Brienz, am Montag, 3. Juni 2024, in Brienz-Brinzauls. Am 15. Juni 2023 erreichte ein Schuttstrom beinahe das damals evakuierte Dorf. Das Dorf rutscht zudem zu Tale. Heute fanden die ersten Sprengungen im Sondierstollen fuer den Entwaesserungsstollen statt. Dieser soll die Rutschung verlangsamen. (KEYSTONE/Gian Ehrenzeller)
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Der Blick vom Balkon geht weit ins Tal, davor erheben sich die Berge: Diese Kulisse ist der Traum mancher Hausbesitzer und Hausbesitzerinnen in der Schweiz. Doch der Panoramablick birgt Risiken: Bergsturz, Steinschlag, Lawinen oder Murgänge können Häuser in Hanglage gefährden.

Im vergangenen Sommer erlebte das Bündner Bergdorf Brienz einen Felssturz. Die Menschen mussten das Dorf im Albulatal verlassen und hatten letztendlich doch Glück: Die Felslawine verschonte ihre Häuser. Doch der Berg kommt nicht zur Ruhe, Experten erwarten weitere Felsstürze.

Schlimmer traf es Sorte GR. Das Dorf bei Lostallo im bündnerischen Misox wurde vergangene Woche von einer mächtigen Gerölllawine überrascht. Diese riss Häuser mit sich und forderte mindestens zwei Menschenleben, eine Personen wird noch vermisst.

Murgänge, Bergrutsche, Felsstürze oder Hochwasser verursachen in der Schweiz jährlich Schadensummen in Millionenhöhe. Seit 1972 beläuft sich die Gesamtsumme auf über 15 Milliarden Franken, wie die Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft berechnet hat. Mit einer Schadensumme von über drei Milliarden Franken war das Hochwasser 2005 das bisher schadenreichste.

Im vergangenen Jahr verursachten schwere Naturereignisse schweizweit Schäden von rund 75 Millionen Franken. Dies vor allem wegen der Ereignisse in Schwanden GL, wo eine grosse Rutschung ins Dorf niederging, dem Felssturz von Brienz GR und Überschwemmungen und Murgängen im Wallis, Berner Oberland und um die Jurarandseen.

Vor allem Hagel, Sturm und Überschwemmungen hinterlassen teure Schäden an Häusern, wie Zahlen der Vereinigung Kantonaler Gebäudeversicherungen zeigen. Überschwemmungen führten 2022 zu Schäden in Höhe von 29,4 Millionen Franken, im 2021 waren es 210,2 Millionen. Im Schnitt machen sie 37 Prozent an der gesamten Schadensumme aus.

Naturereignisse dürften an Häufigkeit und Stärke zunehmen. Für Haus- und Wohnungsbesitzer, die in Gefahrenzonen leben, stellt sich die Frage, ob ihre Immobilien deshalb an Wert verlieren. Eine Analyse der Immobilienberatung Wüest Partner zeigt, dass Naturgefahren durchaus einen Einfluss auf den Immobilienwert haben – überraschenderweise bisher aber einen geringen.

Am stärksten von Preisabschlägen betroffen sind Immobilien, die in Zonen stehen, in der eine erhebliche Gefahr durch Hochwasser (–3,3 Prozent), Radon (–3,6 Prozent) oder Bergsturz (–5,8 Prozent) besteht. Zu den Gemeinden, die seit 1972 besonders stark von Hochwasser betroffen sind, zählen Bellinzona mit 171 Hochwasserereignissen, Zürich (119), Bern (97), Locarno (90) und Luzern (89). Mit 131 Rutschungen war Montreux schweizweit seither am stärksten betroffen, und in Glarus und Glarus Süd gingen die meisten Murgänge (31) und Sturzereignisse (11) nieder.

«Die Preisabschläge beschränken sich auf einen Teil der Objekte innerhalb der Gefahrenzonen», sagt Robert Weinert, Leiter Research bei Wüest Partner. In naher Zukunft sieht er keine weiteren grossen Wertminderungen bei Immobilien in Gefahrenzonen. Denn die Nachfrage übersteige das Angebot weiterhin: «Es wird zu wenig gebaut, und so entwickeln sich auch die Preise in Risikogebieten stabil», sagt er.

Es sei aber wahrscheinlich, dass die Preise für Wohneigentum ausserhalb der Risikogebiete stärker steigen als innerhalb. Demzufolge würden die Preisdifferenzen hier zunehmen. In einigen Gefahrenzonen, wie beispielsweise an manchen Hanglagen, sei der Preisabschlag nicht nachweisbar, da man bereit sei, für den schönen Ausblick mehr zu zahlen, sagt Weinert.

Dazu kommt, dass seit den Unwetterereignissen von 2005 und 2007 der Schutz vor Naturgefahren in der ganzen Schweiz verstärkt wurde. Wenn es bei bestehenden Gebäuden deshalb zu weniger Schäden komme, könne sich dies positiv auf den Wert einer Immobilie auswirken, heisst es beim Bundesamt für Umwelt.

Das Bewusstsein für die Auswirkungen des Klimawandels auf die eigene Immobilie sei noch zu wenig ausgeprägt, erklärt Donato Scognamiglio die geringen Preisabschläge in Risikozonen. «Erst wenn mein Haus von einer Überschwemmung oder einem Felssturz betroffen ist, findet ein Umdenken statt, das sich auch im Portemonnaie niederschlagen wird», sagt der Präsident des Immobilienberaters Iazi.

Eine andere Entwicklung zeigt sich bei den Mieten, wie eine Analyse von Wüest Partner von 18’339 Wohnungen in der Schweiz verdeutlicht: Mietwohnungen in Überschwemmungsgebieten weisen im Verhältnis zu vergleichbaren Regionen ohne Naturgefahren einen Mietzinsnachlass von 1 bis 2 Prozent auf. Besteht die Gefahr, dass Wasser aufgrund asphaltierter Böden nicht ablaufen kann, sind die Mietabschläge mit 1,6 bis 3,8 Prozent noch grösser.

Finma will strengere Auflagen für Banken

Allerdings zeigt sich diese Entwicklung nur in ländlichen Gefahrengebieten. Bei städtischen Mietwohnungen in Risikozonen sind die Mietzinsabschläge nicht nachweisbar. «Die Nachfrage nach Wohnraum ist in den Städten so hoch, dass die Mieten nicht nach unten angepasst werden müssen», sagt Robert Weinert. Auch ergreifen die Städte zunehmend Schutzmassnahmen gegen Überschwemmungen.

Mit den Klimaveränderungen rückten je länger, je mehr die Marktwerte für Land und Gebäude in den Fokus, heisst es bei Iazi. Dies betreffe auch die finanzierenden Institute wie Banken und Versicherungen. Damit zum Beispiel Banken bei der Hypothekarvergabe nicht in finanzielle Schwierigkeiten geraten, hat die Finanzmarktaufsicht Finma im März ein Rundschreiben erarbeitet.

Darin werden Banken zur «Minimierung wesentlicher naturbezogener Finanzrisiken» bei der Kreditvergabe unter anderem die «Anpassung der Kreditvergabekriterien» oder Beschränkungen wie «kürzere Kreditlaufzeiten» oder «niedrigere Belehnungsgrenzen» empfohlen.