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Steigende Corona-Zahlen in Spanien
Immer mit der Maske – aber nie auf Abstand

Mit Masken, aber eng zusammen: Die Menschen demonstrieren in der Hauptstadt Madrid gegen die neusten Corona-Massnahmen.
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Madrid sei eine «Virus-Atombombe», sagt der Präsident der benachbarten Provinz Kastilien-La Mancha. Viele Regionen rund um die spanische Hauptstadt fürchten den Fall-out, der bald über ganz Spanien niedergehen könnte. Madrid ist nicht nur das geografische, sondern auch das wirtschaftliche und soziale Zentrum des Landes. Die meisten Madrider sind Zugezogene, und an Wochenenden und Feiertagen zieht es sie regelmässig zurück aufs Land.

Diese Verbundenheit mit der Heimat ist eigentlich etwas Schönes, sehr Spanisches. Doch in Zeiten der rapide steigenden Fallzahlen in der Hauptstadt sind die Ausflüge riskant. Schon während der ersten Welle der Corona-Pandemie hatte sich das Virus von Madrid aus im Land verbreitet. Zurzeit ist das Risiko, sich mit Sars-CoV-2 zu infizieren, in der Hauptstadt sechsmal so hoch wie im Landesdurchschnitt. Längst ist Spanien, und vor allem seine Hauptstadt, das neue Zentrum der Pandemie in Europa. Und das, obwohl in Spanien strenge Vorsichtsmassnahmen gelten, Maskenpflicht auch im Freien etwa. Es gibt in Madrid sogar Menschen, die mit Maske joggen gehen.

Die Rate positiver Tests bei 22 Prozent

Warum läuft es dennoch so schlecht in diesen Wochen? Ein Grund dürfte sein, dass von einer Nachverfolgung von Infektionsketten keine Rede sein kann, da das Personal dafür fehlt und offenbar seit Monaten nicht zu beschaffen ist. Ein anderer, oft vorgebracht: Es werde derzeit eben viel mehr getestet – mehr Tests, mehr Fälle, ganz einfach. So einfach ist es aber nicht. Die Rate positiver Tests liegt in Madrid bei derzeit 22 Prozent. Laut WHO zeigt eine Positivrate über 5 Prozent an, dass ein Land zu wenig testet.

Bleibt der «Risikofaktor zwischenmenschliche Beziehungen», wie es Verantwortliche der Hauptstadtregion ausdrücken. Tatsächlich sind die Menschen in Madrid – im Grossen und Ganzen – sehr diszipliniert beim Tragen von Masken, aber – ebenfalls im Grossen und Ganzen – weniger gut darin, Abstand zu halten. Ältere Damen stecken auf Parkbänken die Köpfe zusammen, mittelgrosse und grosse Familien scharen sich um die Tische der Terrassencafés, Studenten fallen sich beim Wiedersehen nach den Semesterferien um den Hals – alles mit Maske, wie vorgeschrieben, aber eben ohne Distanz.

Das Risiko, sich mit Sars-CoV-2 zu infizieren, ist in Madrid sechsmal so hoch wie im Landesschnitt.

Doch es ist nicht so einfach, den Menschen die Art abzutrainieren, wie sie miteinander kommunizieren. Es mag sein, dass Spanien, wie der Virologe Christian Drosten mutmasst, Deutschland nur wenige Schritte voraus ist. Daher bleibt es wichtig, dass international vernetzte Wissenschaftler und Politiker die Lage in anderen Ländern im Blick behalten. Von den Erfahrungen anderswo lässt sich lernen, auch von Negativbeispielen.

Ein solches liefern in Madrid auf jeden Fall die politischen Entscheidungsträger: Die konservative Regionalpräsidentin Isabel Díaz Ayuso wirkt in diesen Tagen nicht nur überfordert, sie nutzt die Corona-Krise auch zur Profilierung gegenüber der linken Koalition von Ministerpräsident Pedro Sánchez. Díaz Ayuso hat sich so lange jegliche Einmischung der Zentralregierung verbeten, bis letzte Woche Teile ihrer eigenen Behörden Sánchez um Hilfe angefleht haben. Davon wiederum kann man anderswo lernen, dass diese Krise nicht als Munitionslager für den parteipolitischen Kleinkrieg zu betrachten ist.