Sexismus-Debatte wegen Erfindung Ihr Perioden-Handschuh in Pink sorgt für einen Shitstorm
Zwei selbst ernannte «Frauenversteher» verärgern mit ihrem Produkt die Feministinnen. Warum gut gemeint in diesem Fall nicht gut gelungen ist.
Zwei Männer haben sich aufgemacht, ein Problem zu lösen, das ihrer Erfahrung nach viele Frauen haben. Doch statt eines Dankeschöns ernten sie einen Shitstorm. Statt als Retter in der vermeintlichen Not stehen sie als unsensible Idioten da.
Was ist passiert? Eugen Raimkulow und André Ritterswürden haben in der TV-Sendung «Höhle der Löwen», in der Gründer ihre Ideen Investoren vorstellen, einen pinkfarbenen Gummihandschuh namens «Pinky Glove» präsentiert. Frauen sollen mit ihm vollgeblutete Tampons und Binden diskret entsorgen. Vier Jahre tüftelten die beiden Deutschen in ihrem Erfinderstübchen an dem Produkt herum – immer in enger Zusammenarbeit mit Frauen, wie sie versicherten.
Die Idee zu Pinky kam den beiden selbst ernannten «Frauenverstehern», die sich in der Bundeswehr kennen gelernt haben, als sie zusammen mit Frauen in einer WG lebten. Dort wunderten sie sich über die Hygieneartikel im Mülleimer. Eingewickelte Tampons, die durch das WC-Papier hindurchbluteten. Ziemlich unangenehm sei das gewesen. Die Lösung der beiden Erfinder: Plastikhandschuhe, die überdies zum Müllbeutel umfunktioniert und fest verschlossen werden können.
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«Verdammt überflüssig und verwerflich»
Mit dem Dreiklang «diskret, hygienisch, perfekt für unterwegs», bewarben Eugen Raimkulow und André Ritterwürden ihr Produkt – und überzeugten damit die Männer in der Fernsehjury. Investor Ralf Dümmel sicherte sich 20 Prozent an Pinky.
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Ein Erfolg für die Gründer. Wenn auch einer mit kurzer Halbwertszeit. Denn im Netz rollte der Shitstorm bereits an. Viele Nutzerinnen und Nutzer wanden den Erfindern keine pinkfarbenen Dankeskränzchen, sondern posteten vor allem eins: wütende Kommentare. Franka Frei, Autorin des Buchs «Periode ist politisch», ärgerte sich beispielsweise über den Handschuh, der die Periode noch unsichtbarer machen soll. «Dieses Produkt ist nicht nur verdammt überflüssig und ökologisch verwerflich, sondern auch ein Schritt nach hinten in Sachen Stigmatisierung Menstruierender», schrieb sie auf Instagram.
Kati Ernst und Kristine Zeller, die ein Start-up für nachhaltige Periodenunterwäsche betreiben, posteten ein Video, in dem sie Pinky zerpflückten. Ihr Statement hat mittlerweile knapp drei Millionen Klicks. Als sie sich früher mit ihren Produkten bei der Show «Höhle der Löwen» um ein Investment bewarben, hatte man sie leer ausgehen lassen.
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Im Interview mit Spiegel online wiederholten sie ihre Kritikpunkte. «Erstens ist es wenig nachhaltig; da es komplett aus Plastik besteht, ist es sogar umweltfeindlich. Dazu ist es überteuert, also es kostet mehr als ein normaler Gummihandschuh.» Der wichtigste Punkt sei aber ein anderer, sagt Zeller. «Braucht man dieses Produkt? Und da fällt uns ausser einer tagelangen Wanderung durch den Dschungel ohne Mülleimer eigentlich nichts ein. Aber selbst da könnte man die Binde oder den Tampon auch einfach in einen normalen Haushaltshandschuh einwickeln. Der zudem nur einen Bruchteil kosten würde von dem pinkfarbenen Handschuh.» Auch die stereotype Farbe nervt viele Kritikerinnen und Kritiker. Warum ist das Produkt überhaupt pink, fragt Zeller. «Das ist sexistisch.»
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Fast alle grossen deutschen Zeitungen widmeten Pinky einen Artikel. Frauen, welche die Wut im Netz nur bedingt teilen, gibt es dabei nur vereinzelt. So schreibt eine Autorin in der «Welt»: «Warum hier die alte Opposition weiblich/männlich bemüht werden muss und ob man nicht eher von einer Erfindung für Menschen, die ihre Körperausscheidungen lieber elegant entsorgen, als sie zur woken Performance zu stilisieren, sprechen sollte, bleibt ungeklärt.» Am Ende sei es der Kunde, der über Erfolg und Misserfolg entscheide.
«Haben das Thema noch nicht erkannt»
Klar ist, der Shitstorm hat die beiden Erfinder und ihren Investor überrollt. Dümmel entschuldigte sich auf seinem Instagram-Kanal. «Periode ist ein politisches Thema», schrieb er, damit habe er sich bisher nicht genug auseinandergesetzt. Via Instagram krochen auch die Pinky-Gründer zu Kreuze. Sie hätten «Sichtweisen auf das Thema Menstruation noch nicht vollumfänglich erkannt», sagten sie.
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Zudem seien einige Punkte in der Fernsehsendung zu kurz gekommen. «Auf keinen Fall wollten wir zum Ausdruck bringen, dass die Menstruation etwas Ekelhaftes sei und die Entsorgung der Hygieneartikel im heimischen Mülleimer beschönigt werden müsse.» Nachdem sie sich erst für die «überwältigende Resonanz» bedankten, baten die Pinky-Erfinder später um eine Versachlichung der Debatte. Sie sowie ihre Familien seien «einem massiven Hate Speech ausgesetzt».
Dümmel wiederum täten, so sagt er, all die Kommentare «im Herzen weh.» Und er gelobt Besserung, was seine Aufmerksamkeit für das Thema Periode angehe – was fast schon wieder komisch klingt. Der Show-Investor wehrt sich aber zugleich gegen die identitätspolitische Annahme, nur Frauen könnten gute Frauenprodukte generieren: «Grundsätzlich sollten die Geschlechter der Gründer:innen kein Merkmal sein bei der Frage, ob ein Produkt Relevanz hat oder nicht.» Und diese Debatte brennt tatsächlich überall.
Aber trotz des Wirbels um die Sendung vom 12. April ist es eher unwahrscheinlich, dass Pinky zum Standardangebot jedes Hotelzimmers wird und im Handel seinen festen Platz erobert, wie es sich die Erfinder erträumen. Das Teil wird sich wohl höchstens für die zahlreichen Alternativnutzungen, die in Netz und Medien vorgeschlagen wurden, durchsetzen – als Handschuh für Männer am Pissoir oder für angeekelte Frauen zum Typen-Anfassen; fürs Randen-Schälen oder die Entsorgung von pinken «Fisherman’s Friend»-Packungen.
nlu/ked
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