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Phoebe Waller-Bridge im Interview
«Ich hasse keine Männer. Und ich habe James Bond nicht umgebracht»

«Gibt es in einigen Bond-Filmen sexistische Szenen? Klar. Aber deshalb kann ich die Figur doch trotzdem lieben. Dasselbe gilt für Indiana Jones», sagt Phoebe Waller-Bridge. 
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Frau Waller-Bridge, wir wollen natürlich auch über «Indiana Jones» sprechen, aber wo ich Sie schon mal treffe: Sie haben am Drehbuch des letzten James-Bond-Films «Keine Zeit zu sterben» mitgeschrieben. Haben Sie 007 getötet?

Nein! Wissen Sie, was? Das fragen mich immer nur Männer.

Entschuldigung.

Es gibt zu dem Thema im Internet die irrsten Verschwörungstheorien. Ich kann mir das nur so erklären, dass manche Fans glauben, nur eine männerhassende Frau könne auf die bescheuerte Idee kommen, 007 umzubringen. Ich habe für dieses Ende einen richtigen Shitstorm kassiert, obwohl es nicht von mir ist.

Wollen wir die Sache hiermit richtigstellen?

Unbedingt. Erstens: Ich hasse keine Männer. Zweitens: Ich habe James Bond nicht umgebracht. Das hätte ich mich nie getraut. Ich sollte das fertige Skript noch ein bisschen aufpolieren, ein paar Dialoge überarbeiten. Mir wurde gar nicht gesagt, was am Ende passiert. Die Produzenten schickten mir einfach das Drehbuch. Ich las den ersten Akt und dachte mir, sehr gut. Ich las den zweiten Akt und dachte mir, auch nicht schlecht. Dann las ich den dritten Akt und dachte: Wie bitte? Er stirbt?! Das könnt ihr nicht machen!

Sie durften es aber auch nicht ändern?

Nein. Das Ende war Daniel Craigs Bedingung, damit er ein letztes Mal 007 spielt, das war nicht verhandelbar. Dass mir die Idee zugeschrieben wird, ist meiner Meinung nach ein misogynes Missverständnis. Viele Männer glauben, dass Frauen unbedingt alles kaputtmachen wollen, was Männer lieben. Dabei liebe ich Figuren wie Bond oder Indiana Jones genauso, das sind doch keine Helden nur für Männer. Wegen dieser Filme wollte ich überhaupt erst den Job machen, den ich heute mache. Gibt es in einigen alten Bond-Filmen ein paar ziemlich sexistische Szenen? Klar. Aber deshalb kann ich die Figur doch trotzdem lieben. Dasselbe gilt für Indiana Jones.

Stimmt es, dass Sie bei den Dreharbeiten zum neuen «Indiana Jones» ein Tuk-Tuk gecrasht haben, als eine Verfolgungsjagd auf dem Programm stand? Also eine dieser Auto-Rikschas?

Diese Nachricht muss ich leider bestätigen: Phoebe Waller-Bridge hat ein Tuk-Tuk mit dem 80-jährigen Harrison Ford drin kaputtgefahren und damit eine Filmcrew von 300 Leuten ein ganz schönes Weilchen aufgehalten. Es war mir sehr peinlich. Es ist mir sehr peinlich.

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Was ist passiert?

Sagen wir so: Es gibt Momente, da sollte man den Fuss auf dem Gaspedal lassen. Und es gibt Momente, da sollte man den Fuss vom Gaspedal runternehmen. Aber immerhin sind wir alle noch am Leben. Ich möchte nicht die Person sein, die Indiana Jones umbringt. Es reicht mir schon, dass mir die Schuld an James Bonds Tod in die Schuhe geschoben wird. Deshalb lasse ich jetzt erst mal die Hände von Tuk-Tuks.

Es gibt im neuen «Indiana Jones» mal wieder eine ziemlich fiese Szene mit riesigen Insekten. Waren die echt?

Nein, die waren aus Gummi. Aber wissen Sie, was? Auch täuschend echte Gummi-Insekten sind noch ziemlich eklig. Wir haben vorher überlegt, wie meine Figur darauf reagiert und ob nicht gerade eine Frau mal gelassen auf diesen typischen Indiana-Jones-Moment reagieren soll, wenn wieder in irgendwelchen Katakomben die Riesenkakerlaken lauern. Aber als dieses ganze Gummi-Getier auf mir drauf war, musste ich trotzdem kreischen.

«Als Kind war ich sehr jungenhaft, trug meine Haare kurz und war ständig draussen, um auf Bäume zu klettern.»

Es ist der fünfte Teil der Reihe. Hatten Sie keine Angst, dass sich die Sache langsam etwas abgenützt haben könnte?

Nein. Das Drehbuch kam, und ich kann den Autoren nur das grösste Kompliment machen, das es gibt: Ich wusste beim Umblättern nie, wie es weitergeht. Das ist sehr selten.

Haben Sie als Kind schon gerne Abenteurerin gespielt?

Und wie! Ich habe nichts anderes gemacht. Die Realität hat mich schon als Kind nicht sonderlich interessiert, ich habe in meiner eigenen Welt gelebt. Ich war sehr jungenhaft, trug meine Haare kurz und war ständig draussen, um auf Bäume zu klettern. Ich habe mir Abenteuergeschichten für mich selbst ausgedacht, und ich war dabei durchaus inspiriert von Indiana Jones. Die Filme habe ich geliebt als Kind. Es hat leider gedauert, bis ich Ende dreissig war, dass ich mitmachen konnte.

Und jetzt ist das Kind in Ihnen glücklich?

Also Harrison Ford behauptet ja, er sei erwachsen geworden und habe kein inneres Kind mehr. Ich schon! Deshalb hat mir mein inneres Kind sofort High Five gegeben, als das Angebot kam. Ich habe während der Dreharbeiten auch ständig so debil vor mich hin gegrinst, weil ich es nicht fassen konnte, dass ich auf diesen Riesenspielplatz eingeladen wurde. Der Regisseur sagte: Bitte schau ernst, Phoebe, das ist eine traurige Szene. Und ich konnte nicht aufhören zu grinsen. Das war die lustigste Spielzeit meines Lebens.

Von Harrison Ford habe sie viel über das Schauspiel gelernt – und über Scotch Whisky, sagt Waller-Bridge: Szene aus «Indiana Jones and the Dial of Destiny». 

Schon mal etwas Wertvolles gefunden als Hobbyarchäologin, im Park, am Strand?

Viel gesucht, wenig gefunden. Einmal ein altes Paddel, mit dem ich natürlich überhaupt nichts anfangen konnte. Aber ich habe mich trotzdem gefreut.

Haben Sie vom alten Hasen Harrison Ford noch etwas lernen können?

Unglaublich viel – am meisten allerdings nicht übers Filmemachen, sondern über Scotch.

Welcher ist der beste?

Das habe ich auch versucht herauszufinden, weil ich ihm zum Abschluss der Dreharbeiten gerne eine schöne Flasche schenken wollte. Dummerweise ändert er seine Meinung jeden Tag. Was an dem Mann neben seinen Scotch-Kenntnissen aber noch beeindruckt, ist seine irre Präsenz vor der Kamera. Beim Mittagessen sitzt da ein älterer Herr neben dir am Tisch und löst grummelnd das Kreuzworträtsel in der Zeitung. Und dann stellt er sich vor die Kamera und knipst eine Aura an, die jeden Blick im Raum auf sich zieht. Das ist der Unterschied zwischen einem Schauspieler und einem richtigen Filmstar. Er kann das einfach so ein- und ausschalten.

«Ich bin mir nicht sicher. Also ob ich ein Filmstar bin.»

Haben die «Indiana Jones»-Väter Steven Spielberg und George Lucas das Set besucht, um ein paar Tipps zu geben?

Leider nein. Dabei hatte ich die ganze Zeit gehofft, die beiden etwas näher kennen zu lernen. Spielberg habe ich immerhin schon mal kurz getroffen, als ich bei «Saturday Night Live» aufgetreten bin. Und bei der Premiere des Films kam auch George Lucas, und ich wollte ihn wenigstens kurz mit den Fingerspitzen berühren. Er ist mir aber entwischt, er hat auch ein bisschen panisch geschaut, als ich mich genähert habe. Das steht weiterhin auf meiner To-do-Liste.

Neben Harrison Ford sind Sie der einzige Filmstar, der in «Indiana Jones» und in «Star Wars» mitgespielt hat, oder?

Wirklich? Ich bin mir nicht sicher. Also ob ich ein Filmstar bin.

In «Solo: A Star Wars Story» haben Sie einen Roboter namens L3-37 gespielt. Wie muss man sich das Casting vorstellen?

Das ist ein bisschen peinlich. Ich las eine Szene aus dem Skript und spielte das wie ein ganz normaler Mensch. Die Regisseure schauten etwas irritiert und sagten, vielen Dank, aber könnest du das bitte ein bisschen mehr wie ein Droide sprechen? Und ich fragte: Wie was fürn Ding? Denn ich hatte bis zu diesem Zeitpunkt keinen einzigen «Star Wars»-Film gesehen. Da waren die Regisseure erst mal sprachlos. Zum Glück hats trotzdem geklappt.

«Es gibt immer eine Person, die ein bisschen zu laut lacht – und zwar immer im falschen Moment. Ich finde das sehr sympathisch»: Waller-Bridge über ihre Arbeit am Theater. 

Wo ist das Catering besser, in England oder in Hollywood?

Also mehr gibt es definitiv in Hollywood, dort können sie dich richtig mästen. Die Cateringbereiche sind dort oft keine Zelte oder Trailer, sondern ganze Gebäude voller Essen. Wobei dieser Film jetzt vor allem in England gedreht wurde, und entgegen dem Klischee gab es nur gesundes Essen. Ich glaube, ich habe mich noch nie so gesund ernährt wie während dieser Dreharbeiten.

Sie haben an der Royal Academy of Dramatic Art in London studiert. Unterscheidet sich Ihre Arbeit heute von Ihrer Vorstellung des Berufs während des Studiums?

Während der Ausbildung habe ich einen sehr grossen Druck gespürt. Vermutlich vor allem, weil ich selbst noch nicht wusste, wo genau ich eigentlich hinwill. Ich dachte damals, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, diesen Job zu machen: richtig oder falsch. Ungefähr so wurde einem das dort vermittelt. Und diese Vorstellung hat mich ziemlich gehemmt. Erst nach der Academy, als ich angefangen habe, meine eigenen Sachen zu schreiben und zu spielen, mit Leuten, die mir ähnlich sind, habe ich verstanden: Richtig oder Falsch ist in diesem Beruf egal. Das gibt es nicht. Man muss seine Sachen aufregend, wahrhaftig, lustig oder wie auch immer machen, darum geht es. Und nicht darum, möglichst gerade auf der Bühne zu stehen und seinen Text fehlerfrei aufzusagen.

Was ist Ihre liebste Publikumsreaktion im Theater?

Der laute Lacher! Es gibt immer eine Person, die ein bisschen zu laut lacht – und zwar immer im falschen Moment. Ich finde das sehr sympathisch. Denn es gibt nur ein Geräusch auf der Welt, das bei anderen Leuten sofort ebenfalls Lachen auslöst: Lachen. Erst lacht einer falsch, dann lachen alle – das macht mich glücklich.