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SBB-Chef zu Problemen beim Dosto
«Ich ärgere mich, wenn es uns durchschüttelt»

Nicht so schnell wie geplant: Das Neigesystem im Fernverkehrs-Doppelstockzug FV-Dosto funktioniert nicht. 
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Herr Ducrot, Sie geben die grossen Pläne auf, die die SBB mit dem FV-Dosto hegten. Was merken wir Fahrgäste von Ihrem Richtungsentscheid?

Kurzfristig werden die Kundinnen und Kunden nichts merken. Im Gegenteil: Sie werden feststellen, dass sich der Fahrkomfort Schritt für Schritt verbessert. Da wir auf das schnelle Fahren in Kurven verzichten, können wir mittelfristig die Fahrzeit nicht wie geplant verkürzen. Für den Fahrplan 2035 hatten wir vorgesehen, zwischen Lausanne und Bern fünf Minuten einzusparen und zwischen Winterthur und St. Margrethen zwei Minuten. Das wird auf diesen Zeitpunkt hin nicht möglich sein.

Sie halten die Vorgaben der Politik für den Fahrplan 2035 also nicht ein?

Das Angebotskonzept 2035 muss revidiert werden. Die bogenschnellen Kurvenfahrten waren als Übergangslösung gedacht. Damit versuchten wir, die Reisezeit zu verkürzen, ohne dass die Strecke ausgebaut werden muss. Es war stets unbestritten, dass irgendwann gebaut werden muss. Die Politik hat bereits Machbarkeitsstudien in Auftrag gegeben. Sie wird nun entscheiden, ob die Bauvorhaben priorisiert werden sollen.

Lässt sich die Reisezeit auch auf der bestehenden Infrastruktur reduzieren?

Nein, das ist nur möglich, wenn auch auf den kurvigen Strecken schneller gefahren werden kann.

SBB-Chef Vincent Ducrot: «Wir setzen in Zukunft auf erprobte Standardzüge.»

Die Beschaffung des Dosto zieht sich schon lange hin. Und nun klappt es ausgerechnet beim zentralen Punkt nicht. Was ist schiefgelaufen?

Die Beschaffung dauerte tatsächlich sehr lange. Und es gab zahlreiche Probleme. Versetzt man sich ins Jahr 2010 zurück, machte sie aber Sinn. Die SBB wollten damals einen modernen und innovativen Zug. Mit unseren Anforderungen haben wir den Hersteller an die Grenzen des Machbaren geführt. Mit den Folgen hatten wir in den letzten Jahren zu kämpfen. Deshalb ändern wir nun die Strategie bei Neukäufen: Wir setzen in Zukunft auf erprobte Standardzüge. Diese haben erfahrungsgemäss weniger Kinderkrankheiten.

«Die Vorinvestitionen in die Infrastruktur müssen wir abschreiben. Dabei handelt es sich um etwa 32 Millionen Franken.»

Hat Bombardier zu viel versprochen, oder haben die SBB zu viel verlangt?

Alle Lieferanten haben damals sehr ähnliche Züge offeriert. Wenn die Anforderungen offensichtlich zu hoch gewesen wären, hätte sich wohl kein Anbieter für dieses Geschäft interessiert. Zugegebenermassen waren die Anforderungen aber hoch. Der FV-Dosto ist neuartig und sehr komplex. Er ist eher ein Rechenzentrum auf Rädern als ein herkömmlicher Zug. Wir sind an die Grenzen der Technik gekommen. Die Kunden wollen nicht tolle Innovationen in Einzelbereichen. Sie wollen ein zuverlässiges Bahnsystem. Das erreicht man mit Standardisierung und Vereinfachung. Wir sollten nicht in Komplexität investieren.

Wie viel Geld haben Sie mit der Wankkompensation verloren?

Die Vorinvestitionen in die Infrastruktur müssen wir abschreiben. Sie waren nötig, damit wir das neue System überhaupt testen konnten. Dabei handelt es sich um etwa 32 Millionen Franken. Wie teuer uns die Investitionen ins Drehgestell zu stehen kommen, ist noch nicht klar. Da laufen die Verhandlungen mit Alstom noch.

«Ich ärgere mich jeweils, wenn es uns wieder mal durchschüttelt. Das müssen wir korrigieren.»

Läutet dieser Entscheid das Ende der Neigezüge ein?

Neigetechnik bei Doppelstockzügen gibt es nur beim FV-Dosto der SBB. Auch die einstöckigen Neigezüge werden immer mehr zum Nischenprodukt. Keine Bahngesellschaft in Europa investiert noch in diese Technik. Entsprechend gibt es wenig Innovation. Neigezüge sind komplexer und damit pannenanfälliger. Deshalb kaufen wir sicher keine neuen. Unsere bestehenden Kompositionen kommen aber weiterhin zum Einsatz.

Fahren Sie gerne mit dem FV-Dosto?

Das ist ein schöner Zug, ich fahre gerne damit. Ich freue mich, wenn die Kundinnen und Kunden zufrieden sind. Wir kriegen immer öfters positive Rückmeldungen. Aber ich ärgere mich jeweils, wenn es uns wieder mal durchschüttelt. Das müssen wir korrigieren. Heute haben wir beim FV-Dosto alle 40’000 Kilometer eine Störung bei der Wankkompensation. Wir wollen diesen Wert um den Faktor 10 hochschrauben. Das wird ein langer Weg. Und wir sind zuversichtlich, dass wir die aktuellen Probleme in Zusammenarbeit mit Alstom in den Griff kriegen.