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Ausdauer-Wettkampf im Trend
Das ist Hyrox, die am schnellsten wachsende Fitnesssportart der Welt

Gregory von Ballmoos testet Hyrox im Fitnessstudio Los Feliz in Zürich, bei dem er ein Gewichtsschlitten schiebt.
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In Kürze:
  • Hyrox ist eine Trend-Fitnesssportart mit intensivem Kraft- und Ausdauertraining.
  • Am ersten Wettkampf in der Schweiz nahmen über 6000 Sportlerinnen und Sportler teil.
  • Wir haben die Trendsportart getestet.

Noch 100 Mal in die Knie gehen und den 6 Kilogramm schweren Medizinball auf 3 Meter Höhe an die Wand stossen. 99, 98, 97. Nach zehn Wiederholungen mache ich eine Pause. Warum tue ich mir das an?

Gut anderthalb Stunden zuvor habe ich das Los-Feliz-Gym in einem Hinterhof in Wiedikon betreten. Schon im Eingangsbereich hämmert mir der Bass in die Ohren, es riecht nach Gummi und Schweiss. An der Wand lese ich: «It feels soooo good afterwards.» Mir kommt ein gutes Dutzend junger, durchtrainierter Menschen entgegen. Sie haben ihr Training hinter sich und sie sind der Grund, warum ich mir das antue. Diese Sportlerinnen und Sportler machen Hyrox.

Hyrox? «Hyrox ist die schnellstwachsende Fitnesssportart der Welt», sagt Fabienne Bélanger. Sie ist Marketingverantwortliche bei Hyrox Schweiz. Die Sportart ist auch ein Start-up. Das «Time-Magazin» zählt es zu den 100 einflussreichsten Unternehmen der Welt. Es gibt eine Weltmeisterschaft, und an den grössten Events nehmen über 25’000 Athletinnen und Athleten teil. Dabei gibt es die Sportart erst seit sieben Jahren.

Das Programm ist immer das gleiche:

  • 1 Kilometer Ski-Ergometer (simuliert die Armbewegung des Langlaufs)

  • 50 Meter Schlittenschieben (Metallgestell mit 153 Kilogramm)

  • 50 Meter Schlittenziehen

  • 80 Meter Burpee-Jumps (eine Kombination aus Liegestütze und Strecksprung)

  • 1 Kilometer Rudern

  • 200 Meter Hanteltragen

  • 100 Meter Ausfallschritte mit einem Sandsack auf dem Rücken

  • 100 Mal Medizinball an die Wand stossen

Und: Zwischen jeder der Übung rennen die Athletinnen und Athleten einen Kilometer.

Erster Wettkampf in St. Gallen

Am letzten Wochenende fand der erste Wettkampf in der Schweiz statt. 6000 Athletinnen und Athleten nahmen teil – ausverkauft. «Eigentlich war der Event nur für einen Tag geplant», sagt Fabienne Bélanger. Nun dauerte er das ganze Wochenende, so gross war die Nachfrage nach Hyrox.

Im Gym in Wiedikon erklärt mir Coach Roger Serrano vor dem Start die Übungen. «Danach fehlt es dir an Sauerstoff im Kopf, um alles aufzunehmen», sagt er. Wird schon nicht so schlimm sein, denke ich, aber etwas nervös bin ich trotzdem. Als Tipp gibt mir Serrano noch auf den Weg: «Es ist wie ein Halbmarathon, die ersten Kilometer in sicherem Tempo laufen, erst zum Schluss steigern.» Tönt vernünftig, nur bin ich noch nie einen Halbmarathon im Wettkampf gelaufen.

Instruktor Roger Serrano im Fitnessstudio Los Feliz in Zürich, vor bunter Auswahl an Kettlebells. Hyrox-Training.

Den ersten Kilometer absolviere ich etwas schneller als meine Standard-Jogging-Geschwindigkeit – es soll ja ein Wettkampf sein. Das werde ich später bereuen. Also raus, die Tödistrasse hoch und zweimal um den Block. Die Nervosität weicht leichter Euphorie. Ich bin zuversichtlich, am Ski-Ergometer will ich mehr aus den Armen arbeiten, um die Beine zu entlasten. Der Trizeps brennt zwar. Alles kein Problem, glaube ich. Es geht ja wieder auf die Laufrunde. Zweimal um den Block. Ich bin gut unterwegs, flitze um die Ecke und stosse beinahe mit einem Pöstler zusammen.

Zurück im Studio wartet der Schlitten. Mein Angstgegner, weil ich ihn nicht kenne. Ich stosse den 153-Kilo-Koloss vor mir her. «Langsam und mach kleine Schritte», mahnt Serrano. Ich stelle mich wie ein Anfänger an, aber es geht einigermassen vorwärts. Hin und her, her und hin. 5 Mal 10 Meter. Jäckchen anziehen, laufen – schon wieder ein Pöstler – und zurück zum Schlitten.

An einem dicken Tau soll ich ihn durch den Raum ziehen. Ich stelle mich hin, gehe in die Knie, greife am Tau nach vorne und stehe wieder auf. Es ist nicht vergleichbar mit dem Davoser Schlitten in den Ferien und die bislang strengste Aufgabe – oder ist das schon die Müdigkeit? «Mach Pausen», sagt Serrano. Die habe ich nötig.

Der Journalist Gregory von Ballmoos führt im Fitnessstudio Los Feliz in Zürich Körpergewichtsübungen durch. Instruktor Roger Serrano beobachtet ihn. Verschiedene Hanteln und Trainingsgeräte sind im Hintergrund zu sehen. 29. Januar 2025.

Spätestens bei den Burpee-Jumps wird mir bewusst, dass ich viel zu schnell gestartet bin. Hinlegen, aufstehen, beidbeinig nach vorne springen, hinlegen, aufstehen, springen. Am liebsten würde ich gleich liegen bleiben. Dabei habe ich noch vier Kilometer Rennen und vier Übungen vor mir. Ich beginne zu zweifeln. Serrano gibt mir vor dem nächsten Lauf einen Energieriegel in Pralinenform. «Wenn man sie braucht, sind sie lecker», sagt er. Sie schmecken.

Fitnessrennen gegen die Zeit

Der Weltrekord für die acht Übungen und die acht Läufe liegt unter einer Stunde. Serrano meint, ich schaffe es in 75 Minuten. Es wird zu meiner Zielzeit. Nun gebe ich mir bereits eine Verlängerung um 15 Minuten und nutze das Rudern zur Erholung. Auf der Laufrunde treffe ich den dritten Pöstler – wie viele Pöstler gibt es eigentlich?

Für einen klaren Gedanken fehlt mir der Sauerstoff im Kopf.

Das gehört zum Hyrox. Es sei aber ein Fitnessprogramm für jedermann, sagt Bélanger. Sie begründet das mit den tiefen technischen Anforderungen der Übungen. Damit will sich Hyrox von Crossfit abheben. Serrano sagt: «Es ist eigentlich ein Ausdauer-Wettkampf.» Die Gewichte sind relativ tief und der Laufanteil hoch.

Laufen muss ich auch bei der nächsten Übung. Dieses Mal drinnen und nur 200 Meter, aber Serrano drückt mir zwei 24-Kilo-Hanteln in die Hand. Farmers Walk heisst die Übung im Jargon. Wie ein Landwirt mit zwei Milchkannen in den Händen laufe ich in kleinen Schritten zehn Meter nach vorne ums Hüttchen und zehn Meter zurück. Nach 100 Metern brauche ich eine Pause, die Hanteln rutschen mir fast aus den Händen. Serrano bringt mir eine Kiste mit Magnesia, ich fühle mich in meine Kindheit als höchst durchschnittlichen Geräteturner zurückversetzt.

100 Wiederholungen zum Schluss

Ich schreibe meine Zielzeit von mittlerweile 90 Minuten ab, will nur noch irgendwie durchkommen – selbst das scheint mir ambitioniert genug. Was ich nicht weiss: Das Schlimmste steht mir bevor. 100 Meter Lunges, Ausfallschritte, mit einem Sandsack auf dem Rücken. Ich schlage mit dem Knie immer wieder auf dem Boden auf. Am nächsten Tag ist es blau.

100 Meter Ausfallschritte mit Extragewicht.

Auf der letzten Laufrunde kehrt die Euphorie zurück. Fast geschafft. Auch wenn ich die 100 (hundert!) Wallballs noch vor mir habe. Ich beginne mit 10, mache 10 Sekunden Pause, wieder 10, wieder Pause, diesmal etwas länger, wieder 10 und noch etwas länger Pause. Noch 5 Medizinbälle an die Wand stossen. 4, 3, 2, 1 – geschafft.

Gregory von Ballmoos liegt erschöpft im Fitnessstudio Los Feliz in Zürich nach einem Hyrox-Workout.

Am Tag 1 nach Hyrox habe ich Muskelkater, aber vor allem das Bedürfnis, es nächstes Mal besser zu machen. Und: Auf den Schweizer Strassen sind übrigens 9000 Pöstlerinnen und Pöstler unterwegs.

In einer ersten Fassung hiess es, dass 100 Meter einbeinige Kniebeugen absolviert werden müssen. Korrekt sind Ausfallschritte.