GeldblogHypozinsen vergleichen ist nicht genug
Unser Geldexperte zeigt auf, warum beim Entscheid für eine neue Hypothek auch das Kleingedruckte in den Verträgen genau geprüft werden sollte.
Mich interessiert die Lage bei einem Bankenkonkurs nach folgendem Beispiel: Der Bankkunde hat eine Hypothek von 500'000 Franken und einen gleich hohen Betrag auf den Konten bei der gleichen Bank. Werden bei einem Bankenkonkurs Schulden und Guthaben miteinander verrechnet, so dass ich als Bankkunde kein Risiko habe? Leserfrage von H.G.
In Krisenzeiten, wie wir sie aktuell mit der Coronakrise erleben, machen sich viele Leute vermehrt Gedanken, was mit ihrem Geld passieren würde, wenn Finanzinstitute zusammenbrechen würden. Zwar sind die Banken in der Schweiz heute wesentlich robuster aufgestellt als noch während der Finanzkrise. Ein Konkurs einer grossen Bank hierzulande ist daher schwer vorstellbar. Nur hat uns gerade die Coronakrise gezeigt, dass Dinge, die uns unwahrscheinlich schienen, plötzlich eben doch eintreffen können. Vor diesem Hintergrund halte ich es für sinnvoll, sich auch mit dem Szenario Bankkonkurs auseinanderzusetzen.
Sollte eine Bank in der Schweiz Pleite gehen, wären im Rahmen der gesetzlichen Einlagensicherung 100’000 Franken pro Kunde geschützt. Wenn ich nun von Ihrem Beispiel ausgehe, bei dem der Kunde 500’000 Franken an liquiden Mitteln auf einem oder mehreren Konten einer Bank hätte, wären im Konkursfall 400’000 Franken in Gefahr.
Theoretisch gibt es durchaus ein gesetzliches Verrechnungsrecht zwischen zwei Parteien, das an sich zur Anwendung kommen würde, wenn sich diese gegenseitig einen Betrag schulden. Die entsprechende Regelung findet sich im Obligationenrecht im Artikel 120 OR ff. Auch ist die Verrechnungsmöglichkeit im Konkursfall im Obligationenrecht vorgesehen. Die von Ihnen im Beispiel genannte Hypothek von 500’000 Franken könnte somit mit dem Guthaben des Kunden verrechnet werden.
Viele Banken verlangen von ihren Kunden, auf das Verrechnungsrecht zu verzichten.
In der Praxis sieht die Sache in den meisten Fällen aber anders aus. Das Obligationenrecht gibt nämlich auch die Möglichkeit, dass man als Schuldner auf eine Verrechnung verzichten kann. Diesen Umstand machen sich die meisten Banken zunutze. Sie verlangen von ihren Hypothekarschuldnern, dass diese auf ein Verrechnungsrecht im Vertrag verzichten. Mit der Unterschrift gibt der Kunde sein Einverständnis, dass er auf das an sich wichtige Verrechnungsrecht keinen Anspruch mehr hat.
Meist ist dieser Verzicht auf ein Verrechnungsrecht irgendwo im Kleingedruckten der Allgemeinen Vertragsbestimmungen versteckt. Die Banken weisen ihre Kunden nicht ausdrücklich darauf hin, was sie im Sinne einer fairen Transparenz eigentlich sollten. Und die Kunden wiederum machen sich selten die Mühe, das Kleingedruckte in den oft nicht einfach verständlichen Standardverträgen zu studieren. Dies führt dazu, dass man im Konkursfall riskiert, dass man einen Teil seiner liquiden Mittel auf der Bank verliert, gleichzeitig aber weiter auf einer allenfalls hohen Hypothek sitzt. Denn diese verfällt trotz Bankkonkurs nicht automatisch. Die Forderung bleibt weiter bestehen und man muss auch den vereinbarten Zins weiter bezahlen.
Verbreitet ist in den Verträgen auch ein asymmetrisches Verrechnungsrecht. Hier geben Sie der Bank das Recht, bei Ihrer Zahlungsunfähigkeit Ihre liquiden Mittel bei der Bank mit der Hypothek zu verrechnen. Die Bank würde bei Ihrem Beispiel somit nichts verlieren. Gleichzeitig würden Sie aber keinen Anspruch auf eine Verrechnung im Falle eines Bankkonkurses haben. Ich empfehle, vor der Unterschrift unter einen Hypothekarvertrag das Kleingedruckte genau zu lesen und zu verlangen, dass ein im Vertrag aufgeführter Verzicht auf das Verrechnungsrecht oder ein asymmetrisches Verrechnungsrecht gestrichen werden.
Wenn die Bank weiss, dass man mit mehreren Konkurrenten im Gespräch ist und allenfalls als Kunde abspringt, besteht eher eine Chance, dass das Institut aus Kulanzgründen auf die umstrittene Vertragspassage verzichtet. Oft macht man den Fehler, dass man vor dem Abschluss einer Hypothek nur die Zinsen vergleicht. Über den Vergleich der Zinskonditionen hinaus sollte man aber auch die Vertragsbedingungen unter den verschiedenen Instituten genau vergleichen.
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