Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Märkte reagieren heftig 
Hype um künstliche Intelligenz: Sieben Aktien heben ab

Nvidia-Gründer und -Chef Jen-Hsun Huang bei einem Auftritt an der grössten asiatischen Informatikmesse Computext von vergangener Woche.
Jetzt abonnieren und von der Vorlesefunktion profitieren.
BotTalk

An der Oberfläche wirkt alles ruhig. Die grossen Börsenindizes bewegen sich seit einiger Zeit auf hohem Niveau, liegen auf Sicht von sechs Monaten auch ordentlich im Plus. Grosse Sprünge waren bei den Barometern in den vergangenen Wochen nicht zu verzeichnen, weder in die eine noch in die andere Richtung. Doch diese vermeintliche Ruhe trügt. 

Denn hinter der Fassade erfolgen derzeit grosse Kapitalverschiebungen. Davon profitieren im Wesentlichen gerade einmal sieben Unternehmen. Sie sind Teil eines neuen Booms, der durch das Thema künstliche Intelligenz ausgelöst wurde. Diese werde alles verändern, insbesondere die Börsenwelt, meinen manche Beobachter. Andere fühlen sich eher an die Interneteuphorie Ende der 90er-Jahre erinnert. Auch damals wurde eine neue Ära ausgerufen, die im Platzen einer Blase und in jahrelangem Katzenjammer endete. 

Plus 200 Milliarden Dollar in einem Sprung

Ein Ereignis, das wie bei einem Brennglas Licht auf die aktuellen Vorgänge an der Börse wirft, trug sich am 25. Mai zu. Am Vorabend hatte der US-Halbleiterkonzern Nvidia grandiose Geschäftszahlen verkündet, am nächsten Morgen nach Öffnung der Börsen legte die Aktie um rund ein Viertel zu – der Wert des Unternehmens sprang damit in einem Satz um rund 200 Milliarden Dollar in die Höhe. So etwas hatte es noch nie gegeben. 

Ähnliche Zuwächse erlebten zuletzt einige andere US-Konzerne, allerdings nicht mit einem Schlag, sondern über mehrere Wochen hinweg. Die grosse Mehrheit der Aktien an der Börse dümpelt hingegen vor sich hin.

Das zeigt ein Blick auf den S&P-500-Index, in dem die 500 grössten börsennotierten US-Firmen versammelt sind. Er legte in diesem Jahr bislang rund 10 Prozent zu. Allerdings geht dieses Plus praktisch ausschliesslich auf sieben Unternehmen zurück: die Technologiekonzerne Apple, Microsoft, Alphabet (Google), Amazon, Meta (Facebook), den Elektroautospezialisten Tesla und eben Nvidia.

Der Börsenwert dieser Konzerne stieg in diesem Jahr um rund 45 Prozent. Die übrigen 493 Aktien des S&P 500 kommen dagegen gerade mal auf einen Zuwachs von einem Prozent.

Hype um künstliche Intelligenz erfasst die Geschäftswelt

Getrieben werden diese sieben Aktien vor allem vom Hype um künstliche Intelligenz. Dieser ist mit der Freischaltung der Plattform Chat-GPT vor einigen Monaten mittlerweile auch in der breiten Bevölkerung angekommen. Vielen wurde damit deutlich, welch enormes Potenzial in dieser neuen Technologie steckt.

Die Investmentbank Goldman Sachs prognostiziert inzwischen, dass allein durch künstliche Intelligenz die Produktivität in den kommenden zehn Jahren um 1,5 Prozent pro Jahr steigen könnte – nachdem sie in den vergangenen Jahren praktisch gar nicht mehr zugelegt hat.

Der Hype um die künstliche Intelligenz hat die Finanzmärkte erfasst, aber nicht nur sie, sondern auch die Geschäftswelt. Unternehmen aus fast allen Branchen nehmen Geld in die Hand, um dabei zu sein. Firmen überall in der Welt investieren in künstliche Intelligenz und treiben damit die Umsätze von Firmen wie Nvidia, die die Chips dafür herstellen, in die Höhe.

«Die Grössten machen das Rennen, weil sie dank ihres Wachstums Unsummen investieren können.»

Oliver de Berranger, Fondsgesellschaft LFDE

Dass daneben einige Grosskonzerne profitierten, folgt einer grundlegenden wirtschaftlichen Logik. Diese lautet «the winner takes it all». Die Sieger beim Rennen um die besten und erfolgreichsten Anwendungen der künstlichen Intelligenz heimsen die gesamten Gewinne ein.

«Die Grössten machen das Rennen, weil sie dank ihres Wachstums Unsummen investieren können, um ihre Vorherrschaft zu festigen – sei es durch eigene Innovationen oder durch geschickte Übernahmen», sagt Oliver de Berranger, Chefanleger bei der französischen Fondsgesellschaft LFDE. Die erfolgreiche Partnerschaft von Microsoft mit Open AI, dem Entwickler von Chat-GPT, sei ein Beispiel. «Die Titanen könnten dauerhaft die erste Geige spielen.»

Entsteht gerade eine neue Blase?

Ob das wirklich so eintritt, muss sich zeigen. Doch jetzt schon schafft der Rummel um künstliche Intelligenz eine Sonderkonjunktur, sowohl in der Wirtschaft als auch an den Börsen – und hier liegt eine Parallele zum Boom um die Jahrtausendwende.

Damals trieb das sogenannte Y2K-Problem Unternehmen zu grossen Investitionen in ihre Computerinfrastruktur und schuf damit ebenfalls einen Aufschwung: Die Firmen glaubten, dass mit der Jahreszahl 2000 in vielen Programmen Probleme auftreten würden. Parallel entstand ein Hype um neue Geschäftsmodelle durch das damals noch vergleichsweise neue Internet.

Diese Blase platzte, als das Jahr 2000 da war, die Computerprobleme ausblieben und die Investitionen sanken. Gleichzeitig hatten jedoch die Notenbanken die Zinsen drastisch erhöht – das würgte den Boom vollends ab. Die Folge waren eine tiefe Rezession und eine monatelange Baisse an den Aktienmärkten. Das ist die zweite Parallele zu heute: Auch jetzt erhöhen die Notenbanken die Zinsen immer weiter. 

Wer fürchte, seinen Job durch KI zu verlieren, solle jetzt in das Thema investieren, rät die Bank of America.

In den USA liegen sie inzwischen schon höher als die Inflationsrate – und sie dürften weiter steigen. Damit stehe dem Hype um künstliche Intelligenz und der Sonderkonjunktur in den kommenden Monaten eine echte Bewährungsprobe bevor, glaubt Carsten Roemheld, Kapitalmarktstratege bei der Investmentgesellschaft Fidelity. Denn wenn die hohen Zinsen die Wirtschaft in eine Rezession trieben, könnten sich dem auch die sieben grossen Konzerne nicht entziehen. «Und wenn diese enttäuschen, wird es kritisch für die Märkte.»

Ob und wann das so eintritt, ist wie bei allen spekulativen Blasen nicht vorherzusagen. Die Strategen der Bank of America jedoch geben einen leicht zynischen Rat: Wer Angst davor habe, seinen Job durch künstliche Intelligenz zu verlieren, solle jetzt in das Thema investieren. Tritt die Befürchtung ein, gewinnt man mit den Aktien. Tritt sie nicht ein, hat man weiterhin seinen Job.