Probefahrt Renault Mégane E-Tech ElectricHohe Erwartungen an ein kompaktes Modell
Mit dem Mégane E-Tech Electric startet Renault den angekündigten Umsturz in der Konzernstrategie. Das neue Elektromodell soll zudem den Umstieg auf die E-Mobilität beschleunigen.
Vor einem Jahr blies Renault zur «Renaulution». Mit dieser strategischen Neuausrichtung will Renault-Chef Luca de Meo den französischen Autokonzern umkrempeln und nicht mehr das Volumen, sondern den Wert der Produkte in den Vordergrund stellen. «Es ist eine tiefgreifende Transformation unseres Geschäftsmodells», sagte de Meo damals. Im Kern der neuen strategischen Ausrichtung steht die Elektromobilität: Bis 2025 will die Marke Renault sieben rein elektrisch angetriebene Modelle lancieren. «Wir wollen die Menschen im grossen Stil zum Umsteigen bewegen», kündigte de Meo an. Wenige Monate später doppelte der Renault-Chef nach und informierte, dass Renault bis 2030 zum reinen Elektroauto-Anbieter werden soll – zumindest in Europa.
Neu ist die Elektromobilität für Renault aber keineswegs – der französische Hersteller ist ein Pionier dieser Antriebsform. Bereits vor zehn Jahren lancierte die Marke mit der Limousine Fluence Z.E. ein Modell mit E-Antrieb, das sich allerdings als Flop entpuppte. Ein Jahr später startete mit dem Zoe ein nächster Renault-Stromer in den Markt, diesmal mit Erfolg: Der futuristisch gestaltete Kleinwagen war über Jahre das meistverkaufte Elektroauto Europas, bevor sich der Tesla Model 3 rasant ausbreitete und 2020 die Spitzenposition übernahm. Gemäss Zahlen des Marktbeobachters Jato Dynamics stand der Zoe, der zuletzt wegen schlechter Crashtest-Ergebnisse für negative Schlagzeilen gesorgt hat, im vergangenen Jahr mit fast 100’000 Verkäufen wieder an Position eins in Europa. Inzwischen kann Renault auf weit über 400’000 verkaufte E-Autos verweisen, die zusammen über 10 Milliarden Kilometer zurückgelegt haben.
Futuristischer Cross-over-Look
Richtig in der Elektromobilität durchstarten will Renault nun mit dem Mégane E-Tech Electric, kurz Mégane E. Diese neue Stromvariante des beliebten Kompaktmodells wird parallel zu seinen Namensgeschwistern mit Verbrennungsmotor angeboten, hat aber bis auf den Namen nichts gemein mit diesen. Sie basiert auf einer neu entwickelten Elektroplattform, auf der bald weitere Konzernmodelle wie der Nissan Ariya folgen werden. Die Plattform soll dank einer sehr flachen Batterie mit nur 11 Zentimetern Höhe deutlich bessere Platzverhältnisse ermöglichen. Davon ist im Mégane E aber nicht viel zu spüren: Der Fussraum auf den hinteren Plätzen ist überraschend eng, und auch vorne ist der Platz nicht gerade luftig, was an der hohen Mittelkonsole liegt, die sich wie eine Brücke zwischen den Vordersitzen erhebt. Gemessen an den kompakten Abmessungen mit einer Länge von nur 4,2 Metern ist das Platzangebot aber dennoch gut – schliesslich ist der Mégane E 16 Zentimeter kürzer als die Variante mit konventionellem Antrieb.
Das Design soll klar auf den Elektroantrieb hinweisen. Schmale LED-Scheinwerfer, eine markante Lichtsignatur vorn und hinten samt durchgehendem LED-Band am Heck und komplett versenkte Türgriffe erzeugen ein futuristisches Aussehen. Teil des Konzepts sind riesige Räder, die dem Kompaktwagen einen Cross-over-Look verleihen. Das Cockpit wird von einem Touchscreen im Hochformat dominiert, wie man es bei der Marke inzwischen kennt. Im Mégane E wird er mit einem grossen Querdisplay hinter dem Lenkrad kombiniert. So entsteht eine grosse Bildschirmlandschaft, die Renault Open R nennt. Die Software dazu samt Sprachassistent stammt von Google. Um dem Thema Nachhaltigkeit gerecht zu werden, bestehen sämtliche Stoffsitzbezüge aus recycelten Materialien, zahlreiche sichtbare und nicht sichtbare Bauteile im Innenraum sind aus wieder verwertetem Kunststoff gefertigt. Dadurch kann der Mégane E am Ende seines Lebens zu 95 Prozent recycelt werden.
Gut, aber nicht revolutionär
Den Antrieb hat Renault komplett neu entwickelt, er kommt erstmals im Mégane E zum Einsatz. Der fremderregte Synchron-Elektromotor leistet 160 kW / 218 PS, was für eine flotte Beschleunigung aus dem Stand und eine gute Elastizität ausreicht. Die Batterie sorgt mit einer Kapazität von 60 kWh für eine maximale WLTP-Reichweite von 450 Kilometern und lässt sich mit maximal 130 kW Gleichstrom wieder laden – an einer entsprechenden Schnellladesäule werden so in 42 Minuten 80 Prozent wieder aufgeladen. Der Durchschnittsverbrauch gemäss WLTP liegt bei 18,3 kWh.
Der angestrebte Umsturz bei Renault ist sichtbar und wird im neuen Mégane E-Tech Electric auch spürbar. Der kompakte Stromer ist im Konkurrenzumfeld gut aufgestellt, zumal die Preise ab 38’500 Franken inklusive acht Jahre Garantie auf die Batterie, Gratis-Wallbox und Mobilize Charge Pass samt 200 Franken Ladeguthaben fair bemessen sind (vgl. Box). Ob die «Renaulution» dem französischen Hersteller den gewünschten Erfolg bringt, wird sich allerdings erst in einigen Jahren zeigen.
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