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Wüst folgt auf Laschet
Heikle Mission Machterhalt am Rhein

Er soll die CDU in der Regierung halten: Hendrik Wüst (rechts) mit Armin Laschet, dem abgetretenen Ministerpräsidenten Nordrhein-Westfalens. 
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Armin Laschet hat seit der Bundestagswahl vor einem Monat nicht nur seine Aussicht auf das Kanzleramt in Berlin und den Vorsitz seiner Christlich Demokratischen Union verloren, sondern auch all seine Ämter in Nordrhein-Westfalen: Seit 2017 regierte er das Bundesland, in dem 18 Millionen Menschen leben, als Ministerpräsident, seit 2012 war er zudem Landesvorsitzender seiner Partei.

Schon vor der Wahl hatte der 60-Jährige versichert, dass er nicht nach Düsseldorf zurückkehren werde, egal, wie die Wahl ausgehe. Seither stellte sich ihm die alles andere als triviale Aufgabe, die Macht im Land so zu übergeben, dass seine CDU auch nach der in sechs Monaten anstehenden Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen weiterregieren kann.

Laschet fand einen Weg

Obwohl sich mehrere seiner Ministerinnen und Minister um seine Nachfolge balgten, gelang es Laschet, die Partei hinter einem seiner jüngsten Regierungsmitglieder zu vereinen: dem 46-jährigen Hendrik Wüst. Der bisherige Verkehrsminister folgte Laschet am Wochenende bereits als Chef der Landes-CDU, am Mittwoch soll ihn der Landtag nun zum Ministerpräsidenten wählen.

Wüst, der in der Vergangenheit ein eher konservatives Profil pflegte, galt bisher nicht als politischer Vertrauter des sozialliberal gesinnten Laschet. Weil er aber als einziger Kandidat alle Bedingungen erfüllte, um das Amt des Regierungschefs sofort zu übernehmen, und in der Partei viel Rückhalt fand, erhielt er den Zuschlag.

Nur eine Stimme Mehrheit

Seine Wahl ist dennoch alles andere als ein Selbstläufer: CDU und FDP haben im 199-köpfigen Landesparlament nur eine Stimme Mehrheit. Versagt nur ein einziger aus den beiden Fraktionen Wüst die Stimme, ist die gelb-schwarze Regierung schon vor der kommenden Landtagswahl politisch am Ende.

Auch nach seiner voraussichtlichen Wahl bleibt dem neuen Ministerpräsidenten lediglich ein halbes Jahr, um sich den Menschen an Rhein und Ruhr zur Wiederwahl zu empfehlen. In der neusten Umfrage führt die SPD allerdings mit 9 Prozentpunkten Vorsprung auf die CDU, sogar eine rot-grüne Zweierkoalition scheint möglich. Nordrhein-Westfalen wird traditionell von den Sozialdemokraten regiert. 2010 wurde bereits die schwarz-gelbe Regierung von Jürgen Rüttgers nach einer Legislaturperiode abgewählt.

Ein Konservativer, der die Mitte sucht: Hendrik Wüst bei seiner Rede am Landesparteitag der CDU am vergangenen Samstag.

Für Wüst beginnt in jedem Fall eine neue Phase seiner Karriere. Nach einem Blitzstart musste er 2009 Knall auf Fall als Landes-Generalsekretär zurücktreten, um in einem Skandal um käufliche Treffen mit dem Ministerpräsidenten Rüttgers seinen Chef zu schützen. Damals war Wüst 34 Jahre alt. Zuletzt erschien der smarte Jurist, der kürzlich erstmals Vater wurde, aber sichtlich gereift. Als Verkehrsminister entdeckte er das Velo als modernes politisches Stilmittel und zeigte mit Milliardeninvestitionen in den öffentlichen Verkehr Präsenz. «Viele von euch haben mich erwachsen werden und straucheln sehen», rief Wüst den Delegierten seiner Partei zu, als diese ihn am letzten Samstag mit 98,3 Prozent der Stimmen zu ihrem Chef wählten.

Statt wie früher seine Wirtschaftsfreundlichkeit zu betonen, schlägt Wüst vermehrt soziale Töne an. Die CDU müsse nicht nur aus der Mitte regieren, sondern sich vor allem um die Alltagssorgen der Menschen kümmern. Seinen anlaufenden Wahlkampf stellt er denn auch unter das Motto «Du zählst». Wüst wird auf jeden Fall kämpfen müssen. Sollte der Ampel-Koalition von SPD, Grünen und FDP in Berlin ein guter Start ins Jahr 2022 gelingen, ist es gut möglich, dass er am Ende nicht länger als ein halbes Jahr Ministerpräsident gewesen sein wird.