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Mamablog: Patriarchales Denken
Hausfrau und Feministin – das ist kein Widerspruch

Würde Hausarbeit entlöhnt, würde sie auch für Männer attraktiver: Frauenstreik 2019 in Bern.
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Dass es Feminismus braucht, wurde mir erst klar, als ich Mutter wurde. Nie zuvor wurde mir von so vielen Seiten – von ehemaligen Kommilitoninnen bis zu kinderlosen Nachbarn – und so eindringlich erklärt, was ich als Frau gerade alles falsch machte. Und was genau ich tun und lassen sollte.

Am meisten erhitzten sich die Gemüter, weil ich, Akademikerin, nach der Geburt entschied, den heiss begehrten Kita-Platz wieder aufzugeben und die ersten Jahre mit meinen Kindern zu verbringen. Und so meine Karriere womöglich an den Nagel hängte. Viele sahen dies als Verrat an der feministischen Bewegung. Ein nach wie vor recht verbreiteter und recht unreflektierter Gedanke.

Die Berliner Politologin und Aktivistin Dr. Emilia Roig analysiert in «Why We Matter: Das Ende der Unterdrückung» die unsichtbaren Fäden, mit welchen Unterdrückungssysteme wie Rassismus, Patriarchat und Homophobie gewoben sind. Unter anderem beschreibt sie die aktive Rolle von uns Frauen im Patriarchat: «Es sind Frauen, die andere Frauen dahingehend überwachen, ob ihr Verhalten als akzeptabel gilt: zu sexy, zu dick, zu dünn, zu karriereorientiert, zu mütterlich, zu weiblich, zu männlich, zu fürsorglich, zu egoistisch, zu selbstständig, zu abhängig.» Frauen als Komplizinnen ihrer eigenen Unterdrückung (lesen Sie dazu auch diesen Beitrag).

Das Patriarchat lauert im Unbewussten

Wer hat uns eigentlich glauben lassen, dass die bisher als «typisch weiblich» gesehene Arbeit, wie Erziehungs-, Sorge- oder Hausarbeit, eine Last und eine niedere Arbeit sein soll? Woher kommt diese Vorstellung, dass nur der eigene Beruf einem Selbstvertrauen geben kann? Warum werden Mütter diffamiert, wenn sie sich fürs Hausfrauentum entscheiden, während man Vätern, die Hausmänner werden, begeistert Beifall klatscht?

Wie kann es sein, dass dieselbe Arbeit so unterschiedlich wahrgenommen und gewürdigt wird, nur weil sie von unterschiedlichen Geschlechtern erledigt wird? Roig hat darauf eine Antwort: «Das patriarchale Modell schleicht sich in unsere Leben, ohne dass wir es merken. Viele Menschen – sowohl Frauen als auch Männer –, die sich für egalitär, feministisch und progressiv halten, sind in patriarchalen Mustern gefangen, meist unbewusst», analysiert sie in ihrem Bestseller.

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Wir sind im Patriarchat aufgewachsen, sowas verlernt man nicht von einem Tag auf den anderen. Es zu stürzen, schaffen wir nicht, indem wir Hausfrauen fertig machen. «Nur mit der kontinuierlichen, subtilen Abwertung von Weiblichkeit kann das Patriarchat überleben», schreibt Roig. Das Heraufbeschwören des Endes der Hausfrauen und die Verherrlichung von Erwerbstätigkeit zeugen somit von einer altmodischen Denkweise, wonach nur Berufstätigkeit und Geldvermehrung lohnenswerte, wertvolle und anerkannte Arbeiten seien.

Die übermässige Identifikation mit dem eigenen Beruf bedient ein frauenfeindliches System.

Die übermässige Identifikation mit dem eigenen Beruf bedient dabei ein frauenfeindliches System, das von alten, weissen, bürgerlichen Männern für ebensolche konstruiert wurde. Um das Patriarchat zu stürzen, müssen wir neu denken. Denn Gleichstellung ist nicht erreicht, wenn Frauen sich dem Kapitalismus gefügt haben und Babys 24/7 fremdbetreut werden. Gleichstellung ist erreicht, wenn sich Hausfrauen und Businessmänner auf Augenhöhe begegnen.

Wenn nicht nur die Mütter in der NASA gesehen werden, sondern auch diejenigen am Herd. Wenn sich Mütter eine Lebensweise aussuchen können, ohne danach als Huschi am Herd oder aber als Rabenmütter beschimpft zu werden. Wenn sie nebst diesem mentalen Stress in jungen Jahren im Alter keine strukturellen Schäden des Mutterseins tragen müssen.

Auf der nächsten Meile kämpfen

Um dies zu erreichen, müssen wir neue Machtverhältnisse aushandeln: mit der Wirtschaft, der Politik und unseren Partnern. Vor allem aber mit uns selbst. Denn wir Frauen tragen misogyne Bilder in uns (lesen Sie dazu auch dieses Gespräch mit der Psychoanalytikerin Susie Orbach). Einer der grossen Denkfehler dabei: Care-Arbeit sei nichts wert. Würde Hausfrauen aber die gleiche Entschädigung und somit der gleiche Status und die gleiche Würdigung wie Geschäftsmännern zustehen, wäre es auch für Väter einfacher, sich Care-Aufgaben zu widmen, ohne das Gefühl zu haben, ihre Identität aufzugeben oder etwas zu verpassen.

Als frischgebackene Mutter hatte ich das grosse Privileg, frei zu wählen und die ersten Jahre bei meinen Kindern zu bleiben. Ich beschloss, dafür auf teure Hobbys zu verzichten, auf den gewohnten Lifestyle und ja, womöglich auch auf meine Karriere. Ganz wohl war mir bei Letzterem nicht. Ich mag finanzielle Unabhängigkeit. Finanzielle Freiheit mag ich auch. Die kann jeder Elternteil einzeln für sich erwirtschaften oder aber gemeinsam als Paar: Wenn beispielsweise die Frau das Haupteinkommen generiert und der Mann Haus- und Care-Arbeit erledigt.

Es stresst mich, wenn unser Familienmodell als «traditionell» bezeichnet wird.

In unserem Fall war es umgekehrt, viele bezeichneten unser Familienmodell deshalb als «traditionell». Und das stresste mich. Denn ich bin Feministin. Ich liebe meine Arbeit, es ist unfassbar erfüllend, zu lernen, zu schreiben und mein Wissen weiterzugeben. Aber genauso unfassbar erfüllend ist es, mit meinen Kindern zu sein. Diese Zeit würde ich nie missen wollen. Den mentalen Stress und den gesellschaftlichen Druck, den ich dabei erfahren musste, hingegen schon.

Womöglich ging es mir damals so wie vielen Frauen vor mir, denen man vorschrieb, am Herd zu stehen, statt einer erfüllenden Arbeit nachzugehen. Ich bin diesen Frauen für ihre Kämpfe sehr dankbar. Und kämpfe nun weiter. Einfach auf der nächsten Meile.

Dieser Text erschien zuerst auf dem Instagramprofil der Autorin: @chezmamapoule.