Happiger Rüffel der Finma an Julius Bär
Wegen schwerer Mängel bei der Bekämpfung der Geldwäscherei verbietet es die Aufsicht der Bank, bis auf weiteres Zukäufe zu tätigen.
Die Eidgenössische Finanzmarktaufsicht Finma hat bei dem Vermögensverwalter Julius Bär schwere Mängel in der Geldwäschereibekämpfung festgestellt. Die Mängel betreffen den Zeitraum 2009 bis 2018. Dies ergab ein Enforcementverfahren, das die Finma nun abgeschlossen hat.
Das Fehlverhalten der Bank stehe im Zusammenhang mit den mutmasslichen Korruptionsfällen rund um den staatlichen venezolanischen Ölkonzern Petróleos de Venezuela S.A. PDVSA und den Fussballverband Fifa, wie die Finma heute Donnerstag früh mitteilte.
Die Aufsichtsbehörde hatte bei mehreren Banken abgeklärt, ob die Regeln zur Geldwäschereibekämpfung eingehalten worden sind. In diesem Zusammenhang setzte sie bei der Julius Bär 2017 einen Untersuchungsbeauftragten ein. Nach der Verhaftung eines Kundenberaters der Bank in den USA weitete sie die Untersuchung 2018 aus.
«Systematische Mängel»
Das Urteil der Finma könnte nicht schärfer sein. Gemäss ihrer Mitteilung gab es «systematische Mängel bei der Einhaltung der geldwäschereigesetzlichen Sorgfaltspflichten». Nahezu alle der siebzig untersuchten Geschäftsbeziehungen und die überwiegende Mehrzahl der mehr als 150 gleichermassen ausgewählten Finanztransaktionen seien zu beanstanden gewesen. Die Verfehlungen seien zudem über einen Zeitraum von mehreren Jahren - 2009 bis Anfang 2018 - angefallen.
Systematische Mängel stellte die Finma auch im Risikomanagement der Bank fest, da diese auf klare Hinweise auf Geldwäschereirisiken wiederholt nicht oder nicht entschieden genug reagiert habe.
Die Bank habe zudem die Identität von Kunden sowie den Zweck und die Hintergründe ihrer Geschäftsbeziehungen ungenügend abgeklärt. So seien die Angaben in der sogenannten Know-Your-Customer-Dokumentation bei der überwiegenden Mehrzahl der geprüften Geschäftsbeziehungen unvollständig oder unklar gewesen.
Trotz Korruptionsvorwürfen 70 Millionen überwiesen
Zum Beispiel fehlten gemäss Finma häufig die Angaben dazu, wie die einzelnen Kunden zu ihrem Vermögen gekommen waren, weshalb sie bei Julius Bär ein Bankkonto eröffnen wollten oder welche Geschäfte sie planten. Transaktionen seien zu wenig konsequent überwacht und ungenügend hinterfragt worden. «Dies auch zu einem Zeitpunkt, als die Bank bereits klare Warnsignale betreffend Geldwäscherei haben musste.»
Ein Beispiel: Bei einem grossen venezolanischen Kunden wurde 2014 eine Zahlung von 70 Millionen Franken ohne die erforderlichen Abklärungen durchgeführt, obschon die Bank im gleichen Jahr von Korruptionsvorwürfen gegen den Kunden erfahren hatte. Noch 2017 ermöglichte die Bank diesem Kunden schliesslich eine mangelhaft abgeklärte Zahlung in der Höhe von einigen Millionen US-Dollar. Der Kunde hatte nur angegeben, damit nicht näher beschriebene Beratungsdienstleistungen bezahlen zu wollen.
Chefetage vernachlässigte die Kontrolle
Schwere Kritik richtet die Finma an die damalige Bankführung. Die festgestellten Verfehlungen hätten sich nicht auf einzelne Kundenberater beschränkt. Julius Bär habe insgesamt eine mangelhafte Compliance- und Risikokultur, in der den geldwäschereirechtlichen Pflichten nicht das erforderliche Gewicht beigemessen worden sei, kritisiert die Finma.
«Das Vergütungsmodell der Bank stellte fast ausschliesslich auf monetäre Aspekte ab und berücksichtigte die Einhaltung der Regeln und das Risikomanagement nur sehr punktuell», schreibt die Finma. So erhielt ein für venezolanische Kunden zuständiger Kundenberater noch 2016 und 2017 Boni und Entschädigungen in Millionenhöhe, obwohl die Bank eine ganze Reihe seiner Kunden nach Ermittlungen oder Verdächtigungen im Kontext des PDVSA-Falles der Meldestelle für Geldwäscherei gemeldet hatte.
Dennoch kürzte die Bank den Bonus des Kundenberaters 2017 lediglich um 2,5 Prozent. Noch im Vorjahr hatte sie ihm sogar noch einen Sonderbonus als «Top Performer» zugesprochen. In den beiden Jahren erhielt er auf diese Weise die höchsten Entschädigungen seiner Karriere bei dieser Bank.
In einigen Fällen seien Geldwäschereirisiken zwar erkannt und auch thematisiert, von den zuständigen Stellen aber nicht konsequent angegangen worden, schreibt die Finma. So verzögerte sich der Beginn einer bereits 2016 beschlossenen bankinternen Aufarbeitung des PDVSA-Falls um fast anderthalb Jahre.
Überdies beantwortete die Bank Fragen der Finma zum Ausmass ihrer PDVSA-relevanten Geschäftsbeziehungen zu Beginn der Abklärungen 2016 nur unvollständig, was eine Verletzung ihrer Auskunftspflicht gegenüber der Aufsichtsbehörde darstelle. Erst 2018 setzte die Bank längst fällige operationelle und personelle Massnahmen in ihrem Venezuela-Geschäft konsequent um.
Bank muss Massnahmen umsetzen
Die Bank muss nun wirkungsvolle Massnahmen zur Durchsetzung der geldwäschereirechtlichen Pflichten ergreifen und bereits eingeleitete Massnahmen rasch umsetzen.
So muss die Bank Prozesse bei der Rekrutierung und beim Management von Kundenberatern sowie in der Vergütungs- und Sanktionspolitik anpassen und im Verwaltungsrat den Fokus auf die Geldwäschereibekämpfung erhöhen.
Bis zur «Wiederherstellung des ordnungsgemässen Zustandes» ist es der Bank ausserdem untersagt, grosse und komplexe Firmenakquisitionen durchzuführen. Die Finma werde die Umsetzung der Massnahmen von einem unabhängigen Beauftragten überprüfen lassen.
Nach Abschluss des Verfahrens gegen die Bank wird die Finma in einem zweiten Schritt prüfen, ob sie Verfahren gegen Einzelpersonen eröffnet.
Bär anerkennt die Finma-Schlussfolgerungen
Wie Julius Bär mitteilte, anerkennt die Bank grundsätzlich die Schlussfolgerungen im Zusammenhang mit Mängeln in der Geldwäschereibekämpfung im Lateinamerika-Geschäft, wie sie ebenfalls am Donnerstag mitteilt. Man habe mit der Finma umfassend kooperiert und bereits im Verlauf der Untersuchung umfassende operationelle, organisatorische und personelle Massnahmen ergriffen und damit die Compliance- und Risikokultur innerhalb der Gruppe verstärkt.
Die Bank habe dabei unter einer neuen Führung die Strategie angepasst. Künftig werde der Fokus vom Neugeld-Wachstum auf nachhaltige Gewinnentwicklung verlagert. Die Region Lateinamerika sei seit Dezember 2017 unter neuer Leitung, und sämtliche Schlüsselpositionen seien neu besetzt worden. Die Strategie der Region wurde von Grund auf neu ausgerichtet, so die Julius Bär. Das lokale Geschäft in Panama und Venezuela wurde gar ganz geschlossen.
Das weltweite Risikomanagement der Gruppe wurde ausserdem gemäss den Angaben im Rahmen eines umfassenden Programms über die letzten zwei Jahre gezielt verstärkt, und Schlüssel- und Führungspositionen wurden neu besetzt.
SDA/red
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