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Weltweite Medaillenjagd
EM, WM und 20-Stunden-Reise innert zwei Wochen: Schweizer Leichtathleten vor Mammutaufgabe

Mujinga Kambundji führt das Rennen bei den Schweizer Hallen-Meisterschaften 2025 in St. Gallen an, umgeben von Konkurrentinnen.
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In Kürze:
  • Der enge Zeitplan zwischen Hallen-EM und Hallen-WM ist eine Herausforderung für die Athleten und Athletinnen.
  • Die Schweizer könnten an der WM und der EM zu Profiteuren werden.
  • Sie gehören an der EM gleich in mehreren Disziplinen zum engesten Favoritenkreis.

Warum ist das Hallen-Programm so dermassen gedrängt?

Eigentlich ist es der Wahnsinn: Innerhalb von zwei Wochen bestreiten die Leichtathletinnen und Leichtathleten zwei Grossanlässe in der Halle. Zuerst steht von Donnerstag bis Sonntag im niederländischen Apeldoorn die EM auf dem Programm, ehe vom 21. bis zum 23. März in der chinesischen Millionenmetropole Nanjing die WM stattfindet.

Schuld ist die Corona-Pandemie. Seit 2005 wurde in ungeraden Jahren die Hallen-EM und in geraden Jahren die Hallen-WM durchgeführt. Doch im März 2020 mussten die Titelkämpfe in Nanjing nach Ausbruch des Virus verschoben werden. Erst auf 2021, dann auf 2023 – und wegen der damals resoluten Pandemiestrategie Chinas schliesslich um weitere zwei Jahre.

In der Zwischenzeit wurde jedoch die Hallen-WM für 2024 an Glasgow und für 2026 an Torun in Polen vergeben. Deshalb finden nun drei Indoor-Weltmeisterschaften in Folge statt – inklusive Überschneidung mit den kontinentalen Titelkämpfen in diesem Jahr.

Das mag nach Zwängerei klingen, doch Nanjing aus dem Programm zu streichen, kam für den Weltverband nie infrage. Präsident Sebastian Coe sagte einst: «Wir haben Nanjing diese Ausgabe angeboten, weil wir wissen, dass das lokale Organisationskomitee bereits umfangreiche Vorbereitungen für die Ausrichtung des Events vorgenommen hat, und wir wollen mögliche finanzielle Verluste für alle Parteien vermeiden.»

Was bedeutet das für die Athletinnen und Athleten?

Angelica Moser vom LC Zürich bei den Schweizer Hallen-Meisterschaften 2025 in St. Gallen beim Stabhochsprung in Aktion.

Die Planung steht über allem. Einerseits gilt das bezüglich des Formaufbaus, andererseits ist da die Reiserei. Erst in die Niederlande und kurz danach der Trip nach Nanjing, der diverse Zwischenstopps beinhaltet und bis zu 20 Stunden dauert. Adrian Rothenbühler, der unter anderem Stabhochsprung-Europameisterin Angelica Moser betreut, sagt es so: «Wäre ich ein Athlet, hätte ich auf die WM verzichtet. Mit ihrem momentanen Leistungsniveau ist Angelica eine Medaillenkandidatin. Deshalb ergibt die Teilnahme für sie Sinn.»

Nach dem strengen Olympiajahr 2024 machte sich auch das Team um Mujinga und Ditaji Kambundji Gedanken über die Planung in der Halle. Weil der Höhepunkt mit der Freiluft-WM erst im September stattfindet, bleibt aber genug Zeit, um nach der Hallensaison zu pausieren und dann einen neuerlichen Aufbau zu machen.

«Es ist körperlich für die Athletinnen machbar, die Hallen-EM und die Hallen-WM innerhalb von zwei Wochen zu bestreiten», hält ihr Coach Florian Clivaz fest. Die Herausforderung liegt eher im mentalen Bereich: Ob Erfolg oder Misserfolg – unmittelbar nach der Hallen-EM müssen sie sich direkt auf das nächste Ziel fokussieren und die Spannung hochhalten. Das ist nicht einfach.

Warum bietet die Hallen-Saison den Schweizer Leichtathletinnen eine grosse Chance?

Es gibt viele Gründe, um auf die Teilnahme an der Hallen-WM zu verzichten oder die Indoor-Saison komplett auszulassen: Der gedrängte Zeitplan, die beschwerliche Reise nach China und das Olympiajahr, das noch nachhallt. Hinzu kommt der in Konkurrenz zur Diamond League stehende «Grand Slam Track». Vier Meetings mit je 48 Athletinnen und Athleten, die sich über diverse Distanzen messen – von 100 bis 5000 Meter, plus Kurz- und Langhürden.

Für die Premiere vom 4. bis 6. April in Kingston (JAM) wurden namhafte Athletinnen verpflichtet, mit Masai Russell, Cyréna Samba-Mayela und Jasmine Camacho-Quinn etwa das Olympia-Podest über 100 Meter Hürden. Ob diese Athletinnen zwei Wochen zuvor nach China reisen, ist fraglich. Dadurch steigen die Chancen für Ditaji Kambundji auf einen WM-Exploit.

Und nicht nur im Hürdensprint dürften die Möglichkeiten auf einen Medaillengewinn grösser sein, denn auch in anderen Disziplinen glänzen in Nanjing Spitzen-Leichtathleten durch Abwesenheit.

Wer sind die Schweizer Trümpfe?

Simon Ehammer vom TV Teufen überspringt eine Hürde bei den Schweizer Hallen-Meisterschaften 2025 in St. Gallen.

Hinter den Schweizer Leichtathletinnen liegt ein brillantes Jahr 2024. Es begann mit dem Hallen-Weltmeister-Titel von Simon Ehammer, führte über neun Medaillen an der EM in Rom und endete mit vier 4. Plätzen bei den Olympischen Spielen – wenn man Dominic Lobalu dazurechnet, der in Paris für das Refugee-Team antrat.

Und die besten Athletinnen und Athleten befinden sich wieder in starker Form: Mujinga Kambundji reist als amtierende Hallen-Europameisterin nach Apeldoorn, nur die Amerikanerin Jacious Sears ist die 60 Meter in diesem Jahr noch schneller gelaufen als die Bernerin. Schwester Ditaji, die 2023 in Istanbul Bronze über 60 Meter Hürden gewann, geht als zweitschnellste Europäerin in diesem Jahr in den Wettkampf.

Hallen-Weltmeister Ehammer macht keinen Hehl daraus, dass er im Siebenkampf auch auf europäischer Ebene triumphieren und den eben aufgestellten Europarekord von Sander Skotheim brechen will. Zwei Wochen später wird er dafür auf den Weitsprung setzen. Gerade umgekehrt macht es Annik Kälin, die unlängst in Paris mit 6,77 Metern ihren eigenen Landesrekord im Weitsprung verbesserte. In Europa sind in diesem Jahr erst die Olympia-Zweite Malaika Mihambo (7,07 m), Larissa Iapichino (6,86 m) und Mikaelle Assani (6,79 m) weiter geflogen als die Bündnerin.

Und weil Stabhochspringerin Moser ihre Fussprobleme in den Griff bekommen hat, stehen ihre Chancen gut, nach dem EM-Titel in Rom auch in der Halle ein Wörtchen um die Medaillen mitzureden. Selbiges gilt für den Titelverteidiger über 60 Meter Hürden, Jason Joseph, und für Audrey Werro (800 m), die als jeweilige Nummer 2 der europäischen Saisonbestenliste nach Apeldoorn reisen.