Hallen-EM in der LeichtathletikÜberragend: Ditaji Kambundji kratzt am Weltrekord und sprintet zu Gold
Die Bernerin triumphiert in Apeldoorn (NED) über 60 m Hürden und pulverisiert ihren eigenen Landesrekord. Dabei glaubt sie zunächst, als Zweite ins Ziel eingelaufen zu sein.

Schlicht und ergreifend grossartig. Anders lässt sich die Leistung von Ditaji Kambundji nicht beschreiben. Dass die Bernerin an der Hallen-EM über 60 m Hürden eine Medaille gewinnen kann, war klar. Schliesslich ist sie als zweitschnellste Europäerin in diesem Jahr nach Apeldoorn (NED) gereist. Und spätestens als sie am Freitagnachmittag im Halbfinal in 7,82 die Schnellste ist, darf sie mit Gold liebäugeln.
Doch was dann passiert, übertrifft alles. Ihren ersten Titel auf Elite-Stufe holt die 22-Jährige in 7,67 Sekunden. Es ist eine Zeit, die eingeordnet werden muss: Weil Kambundji nicht nur ihren eigenen Schweizer Rekord um 13 Hundertstel verbessert, sondern auch gleich den europäischen Bestwert der Schwedin Susanna Kallur knackt. Vor allem aber verpasst sie den Weltrekord von Devynne Charlton nur um den Hauch von zwei Hundertsteln.
«Ich wusste, dass ich schnelle Zeiten in Beinen habe. Aber du musst es zuerst machen. Ich bin unglaublich happy, erleichtert und stolz, dass ich das geschafft habe», hält Kambundji im Interview mit SRF fest. Wobei sie immer noch ungläubig wirkt, zumal sie zunächst davon ausging, als Zweite ins Ziel eingelaufen zu sein. Lokalmatadorin Nadine Visser läuft zwar in 7,72 einen niederländischen Landesrekord, sie muss aber der Bernerin auf dem Podest ebenso den Vortritt lassen wie die Polin Pia Skrzyszowska. «Ich wusste, dass ich für diesen Sieg wirklich eine krasse Zeit laufen muss», sagt Kambundji. Gesagt, getan.
Damit unterstreicht sie deutlich, in welch blendender Verfassung sie sich befindet. Noch im letzten Sommer und nach ihrem Silber-Lauf über 100 m Hürden an der EM in Rom kämpfte sie mit Problemen in der Oberschenkel-Muskulatur, die eine optimale Vorbereitung auf Olympia verhinderten. Im Vergleich zum letzten Jahr absolviert sie nun mehr Sprints im Training. Das ist ein «Learning» aus der letzten Saison, hält ihr Trainer Florian Clivaz fest. «2024 haben wir zu wenig gemacht, was dazu geführt hat, dass der Schritt im Wettkampf immer ‹robotischer› wurde, und das ist nicht so gesund.» Das Sprinttraining soll als Prävention für die Oberschenkelmuskulatur dienen.
Ehammer mit gutem Auftakt – aber nicht an der Spitze
Damit sorgt Kambundji für den krönenden Abschluss eines ereignisreichen zweiten Tages an der Hallen-EM für die Schweizer Delegation. Simon Ehammer etwa gelingt der Auftakt in den Siebenkampf mit 6,81 Sekunden über 60 m nur mässig. Aber dann sorgt er im Weitsprung in 8,20 m für einen Meisterschaftsrekord innerhalb eines Siebenkampfs. Erst zweimal ist der amtierende Indoor-Weltmeister in der Halle weiter gesprungen. «Ich war vor dem 60-Meter-Lauf ziemlich nervös, nach dem Sprung über 8,20 m ist eine Last von mir abgefallen», sagt Ehammer. Und den «Flow» nimmt der 25-Jährige gleich mit: In 15,15 m stösst er die Kugel so weit, wie seit 2021 nie mehr, es handelt sich um seinen zweitbesten Wert überhaupt. Zum Abschluss egalisiert er im Hochsprung im dritten Versuch in 1,98 seine Saisonbestleistung.
Damit geht Ehammer als Zweiter im Zwischenklassement in die Entscheidung vom Samstag. «Ich bin besser unterwegs, als ich es in Glasgow war», hält er mit Blick auf seine Leistung fest, die ihn vor Jahresfrist zu WM-Gold in der Halle führte. «Ich werde am Samstag entspannt in den Wettkampf gehen und alles herausholen.» Aber sein Ziel – den Titel mit einem neuen Europarekord zu gewinnen – bleibt ambitioniert. Der Rekordhalter Sander Skotheim (NOR), liegt aktuell 42 Punkte vor ihm. Der Norweger glänzt im Hochsprung mit einem neuen Hallen-EM-Rekord (2,19 m).
Kälin egalisiert Rekord, herber Dämpfer für Joseph

Hervorragende Aussichten auf Edelmetall hat zweifellos auch Annik Kälin. Die 24-Jährige setzt in Apeldoorn auf den Weitsprung und wird dann in zwei Wochen an der Hallen-WM in China im Fünfkampf antreten. Schon im zweiten Versuch egalisiert sie in der Qualifikation in 6,77 m ihren eigenen Landesrekord, den sie erst im Februar in Paris aufstellte. Das überrascht insofern, weil die Bündnerin nach dem Fehlversuch zum Auftakt einen Sicherheitssprung einlegte – und trotz einer Marge von 14 cm den Bestwert in der Qualifikation aufstellt.
Und dann ist da ja auch noch Angelica Moser. Die Stabhochspringerin nimmt den Final am Samstag mit einer Saisonbestleistung von 4,76 m in Angriff. Keine Gegnerin an der Hallen-EM ist in dieser Saison höher gesprungen.
Derweil muss Jason Joseph die Heimreise mit einer grossen Enttäuschung antreten. Als amtierender Hallen-Europameister ist der Baselbieter nach Apeldoorn gereist. Doch nach dem Halbfinal ist der Wettkampf für den Hürdensprinter bereits gelaufen. Ihm misslingt bereits der Start, worauf er überhaupt nicht mehr in die Gänge kommt. In 7,70 Sekunden bleibt der 26-Jährige um 25 Hundertstel über seiner Saisonbestzeit.
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