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Meinung

Ungesunde Liebe
Toxische Beziehungen all over again

Frau in schwarzem Outfit formt mit ihren Händen ein Herz vor violettem Hintergrund. Sie hat dunkles Haar und einen fokussierten Ausdruck.
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Letzte Woche traf ich die frisch getrennte und sehr wütende Ex-Freundin meines Ex-Freunds. Wie man sich denken kann, war es ein Lästerfest mit Bier und viel Kopfschütteln. Kurz zusammengefasst: Er ist der Buub, der mich so oft betrogen und Grenzen überschritten hat, dass ich für knapp ein Jahr mein Mojo, meinen Glanz in den Augen und mein Selbstbewusstsein verloren habe.

Als diplomierte Instagram-Therapeutin würde ich unsere Beziehungsdynamik als Trauma-Bonding light beschreiben: ein konstantes Hin und Her zwischen Liebesentzug und Abweisung, Betrug und Manipulation, welches out of the blue umschlagen konnte in Love-Bombing und Sätze wie: «Wir sind meant to be, denn niemand versteht mich so gut wie du – ich brauche DICH, ich liebe dich, bla bla bla.» 

In meiner Lieblingsbar sitzend und Bier nippend, erfuhr ich also, dass die Ex meines Ex sehr ähnliche bis identische Erfahrungen machen «durfte». Wer hätte das gedacht – ausser mir, meinem gesamten Umfeld, seinem gesamten Umfeld und der Nachbarin der Cousine meines Hamsters. 

Wieso bringt eigentlich alles nichts?

Für Aussenstehende, die irgendwo im Freundschaftsradius rumstehen und solche grauseligen toxic Beziehungen mitkriegen, ist eigentlich immer sehr schnell sehr klar, was Sache ist. Wenn man da aber selber drinsteckt, hört man weder die WTFs seiner Freundinnen und Freunde, noch kann man so richtig die Bedeutung ihrer weit aufgerissenen Augen deuten (es bedeutet: Girl, RUN).

Menschen in ungesunden Beziehungen stecken mit dem Kopf in einem schalldichten Eichenfass, sehen und hören nur medium gut und rennen gezwungenermassen in jede erdenkliche Wand. Sehr gerne würde ich Thomas Meyers «Trennt euch!» in alle Eichenfässer dieser Welt schieben oder es laut vorlesen, vorsingen, vortanzen, was auch immer halt nötig ist, um das Fass zum Überlaufen oder noch lieber zum Bersten zu bringen. Und natürlich hätte ich nur zu gerne verhindert, dass diese wunderschöne und witzige Frau, die mir gegenübersitzt, diese ganze Scheisse auch durchmachen muss, aber nichts ist wertloser als die Warnung einer Ex-Freundin.

Wieso bringt eigentlich alles nichts? Weder vorgeschriene Buchpassagen noch Augenrollen gepaart mit Seufzen-Dolby-Surround von seinen Freundinnen und Freunden; ja noch nicht mal das Schnauben und der offene Mund der Paartherapeutin, die ihre Gesichtsentgleisung nicht mehr kontrollieren kann, haben einen Effekt. Wie geht es eigentlich denen? Are you okay? Will man als Paartherapeutin nicht konstant einem der beiden in den Hals schlagen? 

Immer dieses Drama

Braucht es denn immer Krawall, und muss man denn immer rock bottom hitten, um sich aus einer nicht funktionierenden Beziehung zu befreien? Kann man nicht einfach auf die Beyonce-Playlist klicken und das Eichenfass vom Kopf ziehen, ohne dass sich der Ruhepuls verändert? 

Noch nicht mal Chat-GPT kann mir so wirklich beantworten, weshalb es immer das grosse Drama braucht, um da rauszukommen. Aber was Güls-GPT mit hundertprozentiger Sicherheit sagen kann: dass man beim nächsten Mal mit einer massiv grossen Wahrscheinlichkeit die Hände lässt von Menschen, die Eichenfässer über andere stülpen. Man lernt, schneller zu erkennen, wann jemand mehr Drama als Disney ist und wann man lieber gehen statt bleiben sollte. Ich würde sogar behaupten, ich sehe es den Männern mittlerweile am Gang an, ob sie ein Eichenfass dabeihaben.

Und irgendwann sitzt man in der Bar, lacht mit der Ex seines Ex über alte Geschichten und merkt: Das Mojo ist zurück, der Glanz in den Augen auch – und das Selbstbewusstsein? Füllt das Hallenstadion.