Schweizer Banken machen mitGrossbanken versprechen in Glasgow 130 Billionen gegen den Klimawandel
450 internationale Finanzinstitutionen wollen mit riesigen Summen den Klimawandel bekämpfen. Umweltschützende bezweifeln, dass es ihnen damit ernst ist.
Auf dem Weltklimagipfel der Vereinten Nationen im schottischen Glasgow haben sich am Mittwoch Grossbanken und andere nationale und internationale Finanzinstitutionen bereit erklärt, 130 Billionen Dollar ihres verwalteten Vermögens für den Kampf gegen den Klimawandel einzusetzen.
Rund 450 Banken, Investmentkonzerne und Rentenfonds aus 45 Staaten, wollen nach eigenem Bekunden mithelfen, eine Klimakatastrophe abzuwenden.
Die betreffenden Geldgeber sollen etwa Firmen, die weiterhin mit Kohle, Öl oder Gas Geschäfte machen, die Unterstützung entziehen und dafür «grüne Technologie» und Energiegewinnung finanzieren. Die an der Initiative beteiligten Institutionen haben sich ausserdem dazu verpflichtet, für mehr Transparenz zu sorgen und Investitionen von ökologischer Bedeutung offenzulegen.
Staatliche Mittel reichen nicht
Die neue Initiative wird von den britischen Gastgebern der COP-26-Konferenz als besonderer Erfolg gewertet. Er sei «ungemein stolz darauf, dass sich unter der Führung des Vereinigten Königreichs die Zahl der Finanzfirmen, die sich auf Net-Zero-Pläne verpflichtet haben, verdreifacht hat», sagte dazu am Mittwoch der britische Finanzminister Rishi Sunak. «Gemeinsam können wir das Geld bereitstellen, das die Welt braucht, um einen katastrophalen Klimawandel zu stoppen.»
Generell herrscht in Glasgow Übereinstimmung darin, dass enorme Finanzmittel aus dem privaten Sektor für den Übergang zu einer «Net-Zero-Weltwirtschaft» benötigt werden, wie sie die meisten Nationen nun anstreben. Staatliche Mittel allein – um deren Höhe noch immer gerungen wird – reichen dafür nicht aus.
Überwiegend skeptisch reagierten aber Experten und Anti-Klimawandel-Aktivistinnen auf die Transformationsversprechen der neuen Glasgow Financial Alliance for Net Zero (GFANZ), der Banken wie HSBC, Santander und die Bank of America angehören. Aus der Schweiz nehmen 15 Finanzinstitute teil. Darunter die UBS, die Credit Suisse, die Genfer Privatbank Pictet oder Swisscanto, ein Unternehmen der Zürcher Kantonalbank.
Typisch war ein Kommentar des Chefökonomen des Verbandes Green Alliance, Sam Alvis, der darauf hinwies, dass noch immer jeden Tag gewaltige Summen der Ausbeutung und Verwertung fossiler Brennstoffe zuflössen, «und dass freiwillige Massnahmen in diesem Zusammenhang nicht genug gebracht haben».
Um ihr Ziel von höchstens 1,5 Grad Celsius Temperaturanstieg zu erreichen, müssten «Regierungen Grosskonzerne nicht nur dazu verpflichten, Übergangspläne vorzulegen, sondern ihnen auch strikte gesetzliche Kriterien verordnen, was die Glaubwürdigkeit und das Tempo des Übergangs betrifft», fügte Alvis hinzu.
«Weder ist alles für den Kampf gegen Klimawandel vorgesehen, noch kann man wirklich von grüner Finanz reden, solange die Financiers unvermindertes Interesse an der Expansion fossiler Brennstoffe zeigen.»
Als «eine Meile breit, aber nur einen Zoll tief» bezeichnete Becky Jarvis von der Kampagne Bank On Our Future die neuen Ankündigungen. Gerade mal ein Drittel ihres Gesamtkapitals, also lange nicht genug, hätten die GFANZ-Teilnehmer fürs Net-Zero-Ziel in Aussicht gestellt.
«Weder ist alles für den Kampf gegen Klimawandel vorgesehen, noch kann man wirklich von grüner Finanz reden, solange die Financiers unvermindertes Interesse an der Expansion fossiler Brennstoffe zeigen», meinte Jarvis. Die feierlichen Klimaversprechen der Finanzwelt und all die konkreten Beschlüsse auf Direktionsebene klafften «weit auseinander», klagte Tom Picken vom Rainforest Action Network. In Glasgow erlebe man viel «grüne Augenwischerei».
Schon die grossen Versprechen, die sie auf dem Pariser Klimagipfel vor sechs Jahren abgegeben hätten, seien von vielen Banken keineswegs eingehalten worden, erklärte gestern auf ihrer Frontseite ausgerechnet die Zeitung der Hochfinanz in London, die «Financial Times».
Vielfach seien diese Ansprüche «verwässert» worden, urteilte das Blatt. Zwar habe man, im Vorfeld des Glasgower Gipfels, Bankkredite intensiver als früher unter die Lupe genommen. Aber die Verbindung zwischen Finanzwelt und Firmen, die mit fossilen Brennstoffen handelten, sei noch immer ungebrochen.
Zweifel am Eigenlob Londons
Im Kreuzfeuer der Kritik fand sich aber auch Schatzkanzler Sunak, der sich damit brüstete, dass der britische Finanzplatz – die City of London – «das erste Net-Zero-Finanzzentrum der Welt» werden würde.
Eine solche Ehre, entgegneten Sprecher der Organisation Greenpeace, würde einem Finanzzentrum gebühren, das Finanzinstitutionen und Firmen mit klaren und nachprüfbaren Bestimmungen und entsprechenden Rechtsmitteln auf einen 1,5-Grad-Celsius-Kurs festlegen würde.
Stattdessen gewährten die in Glasgow vereinbarten Regeln Banken und Investoren «jede Menge Spielraum», um sich aus ihren Selbstverpflichtungen herauszuwinden und «business as usual» zu betreiben, also vorerst zu keinem Kurswechsel gezwungen zu sein.
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