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Grosse Sorgen in Crans-Montana
Verliert die Schweiz die Ski-WM? Sogar der Bundesrat schaltet sich ein

Janine Schmitt of Switzerland in action during a training session for the women's Downhill race at the Alpine Skiing FIS Ski World Cup, in Crans-Montana, Switzerland, Thursday, February 15, 2024. (KEYSTONE/Jean-Christophe Bott)
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In drei Jahren geht es los mit der Ski-WM in Crans-Montana, über 1000 Tage sind es bis dahin. Aber Hugo Steinegger, OK-Vize-Chef der Weltcuprennen und künftig Berater der WM-Veranstalter, sagt: «Jetzt muss überall gehandelt werden.»

Trotz einiger Neuerungen ist vieles in die Jahre gekommen auf dem Walliser Hochplateau, manches ist nicht geeignet für einen Grossanlass, und so treibt es dem einen oder anderen Sorgenfalten auf die Stirn.

Das Zielstadion wird nachhaltig renoviert, und wenngleich das Bauprojekt redimensioniert worden ist, sind temporäre Tribünen, Räumlichkeiten für Offizielle und eine riesige Garage für die Fernsehproduktion geplant. Auch ein verkehrsstrategisch bedeutender Kreisel unweit vom Zielbereich muss umgebaut werden. Noch immer aber ist kein einziger Pflock eingeschlagen, es hat zwei Einsprachen gegeben von Anwohnern. Steinegger fordert: «Die Behörden müssen vorwärtsmachen.»

Starker Tobak seitens der FIS

Steinegger, der an 27 Olympischen Spielen und an 18 Ski-Weltmeisterschaften in verschiedenen Funktionen arbeitete, mag recht haben, wenn er sagt: «Vielleicht ist der Ernst der Lage nicht allen bewusst.» Nur gibt es weitaus grössere Probleme: Auch zwei Jahre nach der Vergabe der Titelkämpfe ist es nicht zu einem Vertrag gekommen zwischen dem Weltskiverband FIS und Swiss-Ski, dem Mitorganisator.

Als «etwas unangenehm» bezeichnet Swiss-Ski-CEO Diego Züger die Lage, «wir sind uns in finanzieller Hinsicht und in den meisten weiteren Punkten an und für sich einig, jetzt brauchen wir dringend Klarheit».

Nun, das mit der Einigkeit ist so eine Sache. Am Freitagabend publiziert die FIS auf ihren Kanälen eine Mitteilung, deren Inhalt starker Tobak ist: Der Vorwurf lautet, Swiss-Ski halte die rechtlichen Anforderungen nicht ein. Im Bewerbungsdossier habe der Veranstalter finanzielle Garantien vom Bund, dem Kanton Wallis und der Gemeinde angegeben, ohne jene Bestätigungen hätte er den Zuschlag für die Titelkämpfe nicht erhalten.

Nun jedoch soll Swiss-Ski erklärt haben, dass jene erforderlichen Garantien ohne Referenden nicht möglich seien. Daher habe der Schweizer Skiverband die FIS gebeten, von der Gewährung befreit zu werden.

Davon will die FIS aber nichts wissen – im Gegenteil. In der Mitteilung steht: «Wenn Swiss-Ski seinen Verpflichtungen nicht nachkommen kann, bleibt der FIS keine andere Wahl, als die WM 2027 an einen anderen Kandidaten zu vergeben.» Es gehe hierbei um Fairness – zudem könne die FIS für entstehende Verluste haftbar gemacht werden.

«Vorwürfe entsprechen nicht der Wahrheit»

Swiss-Ski wiederum weist den Vorwurf der falschen Versprechungen «in aller Form zurück». Züger sagt: «Bezüglich der finanziellen Garantien haben wir uns immer daran gehalten, was abgemacht worden ist. Die Garantien vom Bund, des Kantons und der Gemeinde haben den demokratischen Prozess durchlaufen, da gibt es keine Referendungsmöglichkeit mehr. Das FIS-Statement enthält keine Grundlage.»

Bundesrat Guy Parmelin, der die Abfahrt vom Samstag verfolgt, bestätigt diese Version. Gegenüber der Nachrichtenagentur Keystone-SDA sagt er, es sei 2022 über die finanziellen Garantien abgestimmt worden. «Ich weiss also nicht, woher diese Polemik kommt.»

Auf den Einwand, die versprochenen Garantien seien womöglich zu tief, erwidert Züger, das versuche Swiss-Ski nun herauszufinden. Das Vorsprechen der FIS könne er definitiv nicht verstehen, zumal noch am Freitag im Wallis ein Gespräch mit FIS-Generalsekretär Michel Vion stattgefunden habe. «Wir dachten eigentlich, dass wir uns angenähert hätten.» Stellt sich die Frage, ob Vion der richtige Ansprechpartner ist, weil beim Weltskiverband an und für sich einzig Präsident Johan Eliasch die Richtung vorgibt.

Dass die Eskalation droht, liegt gewiss im Zwist zwischen Eliasch und Urs Lehmann, dem Vorsitzenden des Schweizer Skiverbandes – die beiden sind schon lange nicht gut aufeinander zu sprechen. Eliasch bezichtete Lehmann des unethischen Verhaltens, nachdem dieser die Bildung des Weltcup-Kalenders kritisiert hatte. Zudem stellt sich Swiss-Ski gegen Eliaschs Zentralvermarktungs-Pläne, was diesen wütend macht.

Je länger je mehr scheint es um Machtspiele zu gehen. «Bei uns ist der Sport im Vordergrund», sagt Züger, «nicht die Politik. Wie das bei der FIS ist, kann ich nicht beurteilen». Mit dem Entzug der WM rechnet er nicht, ohnehin dürfte es schwer werden, in so kurzer Zeit einen Ersatz-Veranstalter zu finden.

Auch das Fernsehen hat keinen Vertrag

Das Unbehagen jedenfalls ist gross. Wobei die jüngste Entwicklung rund um den Grossanlass auch ablenkt von kleineren Baustellen, von denen es einige gibt.

Auch ein Kontrakt des Schweizer Fernsehens als wahrscheinlicher Produzent des Weltsignals mit der FIS fehlt nach wie vor. Zudem könnten die Unterkünfte zum Problem werden: Derzeit ist Hochsaison in Crans-Montana, der Frauen-Weltcup ist zugegen – und schon jetzt ist es den Organisatoren schwergefallen, genügend Zimmer zu finden. 2027 werden weitaus mehr Sportlerinnen und Sportler sowie Zuschauer eine Unterkunft benötigen. Für die Sponsoren wichtige 5-Stern-Häuser gibt es nur drei, im Bewerbungsdossier sind neue Hotels angekündigt worden. Zumindest einige davon dürften gebaut werden.

«Mit den Zimmern wird es sehr knapp», sagt Steinegger. Züger jedoch beschwichtigt: «An jeder WM ist die Hotelsituation angespannt. Wir werden adäquate Lösungen finden und sicher nicht abfallen.»

CEO nach zwei Monaten weg

Bezüglich der anstehenden Bauten sagt Züger, es bleibe genügend Zeit, «aber keiner kann sich zurücklehnen». Das OK sei gut aufgestellt, was ihn zuversichtlich stimme. CEO ist Didier Défago, Abfahrts-Olympiasieger von 2010. Er folgte auf Caroline Kuyper, die vor Jahresfrist nach zwei Monaten im Amt kündigte, damit einher gingen Zeitverlust und ein Imageschaden. Défago war Kuyper im Bewerbungsprozess unterlegen gewesen, er betritt womöglich in etwas gar vielen Bereichen Neuland.

epa11154683 A photographer and cameraman are pictured on a platform during a training session for the women's Downhill race at the FIS Alpine Skiing World Cup in Crans Montana, Switzerland, 15 February 2024.  EPA/JEAN-CHRISTOPHE BOTT

Gewisse Unklarheiten werden vergleichsweise leicht zu klären sein, die Transportsituation etwa – die Standseilbahn von Sierre nach Montana wird nicht ausreichen, viele Busse müssen eingesetzt werden. Auch die 1000 Freiwilligen, die es brauchen wird, dürften sich finden lassen, auch wenn es bislang erst 300 sind.

Überdies kann nicht alles auf die WM ausgerichtet werden. Mit dem Weltcup geht es weiter, im März 2025 bestreiten die Männer eine Abfahrt und einen Riesenslalom. Nicht zuletzt wegen Marco Odermatt könnten 40’000 Zuschauer zugegen sein. Es wäre ein sanfter Vorgeschmack dessen, was auf die Organisatoren zwei Jahre später zukommen könnte.