Schutz des RegenwaldesGrossanleger machen Druck auf Regierungen für mehr Klimaschutz
Fonds, Pensionskassen und Versicherer achten nicht nur auf Rendite und Risiko, sondern auch auf Punkte wie Klimaschutz. Ein Investoren-Bündnis macht nun Druck auf Brasilien und Indonesien, den Regenwald besser zu schützen.

Der Ton ist höflich, lässt aber an Deutlichkeit nichts vermissen: «Es ist wahrscheinlich, dass brasilianische Staatsanleihen als hochriskant angesehen werden, sollten die Rodungen (im Amazonas, d. Red.) weitergehen.» Diese Warnung schrieben im vergangenen Jahr 34 internationale Grossinvestoren wie Nordea, BlueRay und der britische Lebensversicherer Aviva in einem Brief an den brasilianischen Botschafter in Norwegen.
Dass Grossinvestoren börsenkotierte Konzerne ins Visier nehmen, damit diese ihre Politik etwa im Blick auf ihren CO₂-Ausstoss verändern, diesen Trend gibt es schon länger. Spektakulärstes Beispiel hierfür ist der Erfolg des Fonds Engine 1. Der Investor konnte Ende Mai eine Mehrheit der Aktionäre an der Generalversammlung des Ölriesen Exxon Mobile hinter sich vereinen, um zwei neue Verwaltungsräte zu wählen. Damit soll Druck auf das Management ausgeübt werden, dass der Ölriese sich von fossilen Energieträgern löst.
7000 Milliarden Dollar in der Waagschale
Auch wenn viele Nichtregierungsorganisationen skeptisch bleiben: Grosse Anleger achten nicht länger nur auf Rendite und Risiko, sondern berücksichtigen bei ihren Investments auch Kriterien wie Umwelt, soziale Fairness und gute Führung, englisch abgekürzt ESG (Environement, Social, Governance).
Und nun nehmen einige Investoren dabei auch Regierungen ins Visier. Im Bündnis Policy Dialogue on Deforestation (IPDD) zum Beispiel haben sich 45 Grossanleger verbündet, die insgesamt 7000 Milliarden Dollar Kundengelder verwalten und Brasilien drängen, die Rodung des Amazonas-Regenwalds zu stoppen. Auch auf die indonesische Regierung soll Druck aufgebaut werden, um den Regenwald dort besser zu schützen.
«Als Anleihe-Investor ist es schwieriger, Zugang zu den Entscheidungsträgern zu bekommen.»
Wunder sind von solchen Initiativen indes nicht zu erwarten: «Als Anleihe-Investor ist es schwieriger, Zugang zu den Entscheidungsträgern zu bekommen», sagt Thomas Dillon, ESG-Analyst bei Aviva Investors, welche den Brief an die brasilianische Regierung mitunterzeichnet hat. «Denn es gibt keine Generalversammlungen, Anleihen haben schliesslich kein Stimmrecht.»
Immerhin: Nachdem die brasilianische Regierung den Brief bekommen hatte, verkündete sie ein 120-tägiges Moratorium für Waldrodungen. Eine echte Wende ist aber noch nicht zu erkennen.

Weniger attraktiv für Investoren?
Die wichtigste Einflussmöglichkeit haben die Investoren dank ihrer Anlage-Milliarden. So weisst Dillon von Aviva-Investors darauf hin, dass Brasiliens Anleihen «weniger attraktiv für Investments» werden, sollte Brasilien seine fatale Klimapolitik nicht revidieren. Denn die Folgen des Raubbaus an der Natur werden für Brasilien langfristig teuer werden, das Land könnte in Folge dessen Probleme bekommen, seine Schulden zu bedienen.
Sollte diese Sorge in der Investmentgemeinde um sich greifen, könnte dies dazu führen, dass sie Brasiliens Staatstitel meidet und dann die Zinsen steigen. Sprich, Brasilien müsste dann mehr für seine Schulden zahlen. Doch gerade bei hochliquiden Märkten wie jenen für Staatsanleihen müssten sich schon sehr viele Investoren einem Käuferstreik anschliessen, um die Zinsen zu bewegen.
Die Frage der Menschenrechte
Investieren nach ESG-Kriterien umfasst auch den Punkt «Governance». Daher berücksichtigen Investoren zunehmend auch Menschenrechtsaspekte. Das zeigt das Beispiel Weissrussland: Nachdem das Regime dort eine Ryanair-Maschine mittels einer fingierten Bombendrohung landen liess, um den Blogger Roman Protasewitsch und seine Freundin festnehmen zu lassen, verkaufte der dänische Pensionsfonds «AkademikerPension» seine Bestände an weissrussischen Staatsanleihen. Auch die deutsche Union Investment trennte sich von den Papieren.
Doch gerade die Menschenrechtsfrage ist für Grossinvestoren schwierig: Wo soll da die Grenze gezogen werden? Denn wenn die Anleger nur noch Anleihen von lupenreinen Demokratien kaufen, dann dürften sie auch keine Anleihen mehr von renditeträchtigen Emittenten wie Saudiarabien, Russland oder China kaufen. Gerade bei Emittenten aus Schwellenländern gibt es fast immer kritische Punkte, sagte Richard House, Chief Investment Officer für Schuldtitel von Schwellenländern bei Allianz Global Investors, jüngst zur «Financial Times».
An dieser Stelle tritt er dann doch auf, der Zielkonflikt zwischen Rendite und dem Wunsch, nachhaltig zu investieren.
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