Squashspektakel in ZürichEin gläsernes UFO landet im Hauptbahnhof
Im Kampf um Aufmerksamkeit ist das lauteste Squashturnier der Profitour in den Zürcher Hauptbahnhof gezogen. Für den Grasshopper-Cup erfüllt sich ein Traum.

- Im Zürcher Hauptbahnhof bietet ein Glaswürfel spektakuläre Einblicke ins Squashturnier Grasshopper-Cup.
- Nicolas Müller unterliegt dem vierfachen Weltmeister Ali Farag im packenden Duell.
- Dimitri Steinmann bereitet sich als Zeitsoldat gezielt auf Olympia 2028 vor.
- Pat Cash unterstützte den Schweizer Squashspieler Steinmann kürzlich als Coach in Wimbledon.
Es knallt und quietscht in diesen Tagen im Zürcher Hauptbahnhof. Der Grasshopper-Cup, das bedeutendste Squashturnier auf dem europäischen Festland, ist endlich auf der ganz grossen Bühne angekommen.
«Es war immer mein Traum, dass wir unseren Sport hier präsentieren können», sagt Turnierdirektor Steve Buchli, während sich im hell beleuchteten Glaswürfel der 14-malige Schweizer Meister Nicolas Müller vom SC Sihltal und der vierfache Weltmeister Ali Farag aus Ägypten duellieren. Müller, der Farag an seinem Heimturnier schon einmal bezwingen konnte, zieht dieses Mal den Kürzeren. Doch er gestaltet die Partie eng genug, um das Publikum zu elektrisieren und den Ruf des Zürcher Squashgipfels als lautestes Turnier auf der Profitour zu untermauern.
Der älteste Vertreter der goldenen Schweizer Squashgeneration, die dreimal in Folge Bronze an Mannschafts-Europa- und -Weltmeisterschaften gewann, hat trotz unbarmherzig wiederkehrender Blessuren den Traum von Olympia 2028 in Los Angeles noch nicht aufgegeben. «2028 bin ich 39, aber wer weiss?», sagt Müller, einer der virtuosesten Ballkünstler der Szene. «Nici ist ein Zauberer. Wenn einer ein solches Wunder schaffen kann, dann er», glaubt Dimitri Steinmann, die neue Schweizer Nummer 1.

Für den GC-Spieler ist das Timing der Spiele in Amerika günstiger. Er wird 2028 mit 31 Jahren im idealen Alter sein und kann sich als Zeitsoldat optimal auf Los Angeles vorbereiten.
Squats mit 200 Kilo
Steinmann, der einst Squats mit 200 Kilo auf den Schultern machte, um seine Oberschenkel zu stählen, nun aber mehr auf Agilität setzt und sieben Kilo abgenommen hat, zählt physisch zu den Allerstärksten. Taktisch, mental und technisch arbeitet er unter anderem mit Simon Rösner, Jonathan Power und Gregory Gaultier, drei ehemaligen Champions. Ohne diesen enormen Aufwand geht es nicht.
Squash stellt in jeder Hinsicht brutale Anforderungen. Manche Partien kratzen an der 100-Minuten-Marke, und anders als beim Tennis gibt es nur minimale Verschnaufpausen, nachdem die Bälle mit bis zu 270 km/h gegen die Wand geklatscht sind und der Puls bis über 200 Schläge pro Minute hochgeschnellt ist. Eine Stunde Wettkampfsquash verbrennt locker 1000 Kalorien.
Olympia ist für Dimitri Steinmann auch aus familiären Gründen speziell. Sein Vater Peter war einst als moderner Fünfkämpfer bei den Spielen dabei, seine Mutter Claudia als Synchronschwimmerin. Der selbstbewusste Dübendorfer macht kein Geheimnis aus seinen Ambitionen und sagt: «Ich will eine Olympiamedaille gewinnen, am liebsten Gold.» Das kurzfristige Ziel ist der Sprung unter die Top 16 der Welt und damit der Status eines Gesetzten an den grossen Turnieren.
In Zürich ist ihm zumindest der Viertelfinaleinzug zuzutrauen. Dafür muss er am Donnerstagabend Mohamed El Sherbini schlagen, einen der vielen starken Ägypter. Im Februar hätte Steinmann fast Paul Coll bezwungen, der drei Monate auf Platz 1 der Weltrangliste stand und 2019 Vizeweltmeister wurde. «Die vergebenenen drei Matchbälle ärgern mich noch immer. Aber die Partie hat mir auch gezeigt, was möglich ist», sagt er.
Wimbledon-Sieger Pat Cash als Coach
Als Steinmann kürzlich beim Optasia Open in Wimbledon antrat, hatte er prominente Unterstützung in seiner Ecke. Pat Cash, der 1987 das prestigeträchtige Tennisturnier in Südwesten Londons gewann und ein grosser Squashfan ist, coachte ihn. «Das Tempo und die Konzentrationsfähigkeit der Athleten auf der Squashtour ist wahnsinnig beeindruckend. Was sie zeigen, ist ganz grosser Sport», sagt Cash. Und hat das Coaching geholfen? «Absolut», sagt Steinmann. «Ich hätte nicht gedacht, dass ein Tennisspieler unseren Sport so gut versteht. Und natürlich war es aufregend, Pat Cash kennen zu lernen. Er ist ein Freund unseres Hosts in London.»
Olympia soll Squash auf internationaler Ebene ein für alle Mal von seinem Dasein als Randsportart befreien. In der Schweiz fällt diese Aufgabe dem Grasshopper-Cup zu. Um das spektakuläre Spiel bekannter zu machen, können Passantinnen und Passanten im Zürcher Hauptbahnhof die Spiele von den Seitentribünen aus gratis verfolgen.
Neben dem Spektakel auf dem Platz hält Squash im Kampf um mehr Reichweite noch einen weiteren Trumpf in der Hand: Man kann praktisch überall einen Court aufstellen. In Ägypten wird regelmässig vor den Pyramiden gespielt, in Neuseeland fand kürzlich ein Turnier in einem Opernhaus statt. Das generiert starke Bilder. Wie jene aus der Zürcher Bahnhofshalle, wo der Court wie ein eben gelandetes UFO wirkt.
Red.
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