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Tod von Franziskus
Der «Fussball-Papst» führte sogar Maradona zurück zum Glauben

Papst Franziskus begrüsst den argentinischen Fussballstar Diego Maradona bei einem Treffen der Scholas Occurentes im Vatikan am 4. September 2014.
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In Kürze:
  • Papst Franziskus pflegte eine besondere Beziehung zum argentinischen Fussballverein CA San Lorenzo.
  • Seine Mitgliedsnummer 88235 entspricht mysteriöserweise seinem Alter und dem Todeszeitpunkt am Ostermontag.
  • Immer wieder empfing der Papst Fussballspieler wie Diego Maradona oder Vereine wie den FC Bayern zu Audienzen.

Am Montag genoss Marcelo Moretti, Präsident des argentinischen Fussballclubs CA San Lorenzo de Almagro, einen Moment globalen Ruhms. Aus Anlass des Todes von Papst Franziskus, dem vielleicht nicht grössten, aber bekanntesten Anhänger seines Vereins, teilte er sich nicht nur in sozialen Netzwerken und argentinischen Medien mit. Er schrieb einen offenen Brief, der in der spanischen Zeitung «Marca» erschien – und gab ein rührseliges Interview im Radiosender der katholischen Bischofskonferenz Spaniens. Eine Anfrage dieser Redaktion blieb unbeantwortet, und die Vermutung liegt nahe, dass das damit zusammenhängt, dass er am Dienstag in anderer Sache die Titelseiten der argentinischen Zeitungen füllte.

Ein verdeckt aufgenommenes Video zeigt ihn, wie er von einer Frau ein Bündel Geldscheine annimmt, insgesamt 25’000 US-Dollar. Eine «Spende», die er umgehend dem Kassier des Vereins weitergegeben haben will, wie Moretti sagt; Schmiergeld der Frau, die sichergehen wollte, dass ihr Sohn in die Nachwuchsabteilung San Lorenzos aufgenommen wird, schreibt die Presse. Bei der namentlich bekannten Frau soll es sich um die «rechte Hand» eines Medienunternehmers handeln, der gerade wegen angeblichen Schmuggels nebst Geldwäsche in Uruguay unter Hausarrest steht. Um ein altes, in ganz Südamerika bekanntes Lied der chilenischen Volkssängerin Violeta Parra zu bemühen: «Was wohl der Heilige Vater, der in Rom lebt, dazu sagen würde?»

Kardinal Jorge Mario Bergoglio hält das Emblem des Fussballteams San Lorenzo in Buenos Aires. Er wurde am 13. März 2013 zum Papst gewählt.

Man wird es nie erfahren, amüsiert wäre er mutmasslich nicht. Ob in Enzykliken oder Audienzen mit Mannschaften wie dem FC Bayern, Celtic Glasgow oder Inter Mailand – wie kein anderer Papst vor ihm beschwor Franziskus die reinigende Kraft des Sports. «Ein Ball aus Stofffetzen kann Wunder bewirken», sagte er einmal.

Papst Franziskus hatte die Mitgliedsnummer 88235

In den Tagen, die seit seinem Tode vergangen sind, wurde daran erinnert; ebenso an die besondere Beziehung von Franziskus zum Fussball im Allgemeinen und zu CA San Lorenzo im Speziellen. San Lorenzo sei «ein Teil meiner kulturellen Identität», sagte Franziskus einmal. «Vater unser» titelte die argentinische Zeitung «Olé», als sie den toten «Fussball-Papst» beweinte. Dort, wo in Buenos Aires öffentlich um Franziskus getrauert wurde, waren immer auch Schals von San Lorenzo zu sehen.

Papst Franziskus hält einen Fussball mit einem Bild von Diego Maradona, der für ein Benefizspiel für Frieden übergeben wird, November 2022, Vatikan.

Der Verein wurde 1908 von einem Salesianer gegründet, die Argentinier nennen ihn den «Raben», wegen der Farbe der Soutane des Priesters. Franziskus war in dieser Ordensgemeinschaft Mitglied, angeblich wachte er persönlich darüber, dass die monatlichen Gebühren dort pünktlich eingingen.

Zu den Dingen, die Präsident Moretti am Montag noch gern bestätigte, gehört eine erstaunliche Begebenheit, die viele Argentinier für einen neuerlichen Beweis der Existenz Gottes halten – gewissermassen ex aequo mit der «Hand Gottes» von Diego Armando Maradona aus dem WM-Viertelfinal von 1986 gegen England. Jorge Mario Bergoglio, wie Franziskus mit bürgerlichem Namen hiess, hatte bei San Lorenzo die Mitgliedsnummer 88235. Und er starb gemäss offizieller Mitteilung des Vatikans am Ostermontag, im Alter von 88 Jahren, um 2.35 Uhr argentinischer Zeit.

Die Aufstellung der Meistermannschaft von San Lorenzo konnte Franziskus auswendig

Dies war nur die letzte einer Reihe von fantastischen Anekdoten um den Papst und CA San Lorenzo. Als Bub spielte er mit Begeisterung, aber mässigem Erfolg («ich war das, was man in meiner Heimat einen Holzfuss nennt»), und er ging in das 1981 abgerissene «Viejo Gasómetro», wie das Stadion von San Lorenzo hiess. Bergoglio verfiel insbesondere der Meistermannschaft von 1946; deren übliche Aufstellung rezitierte er auch auf seine alten Tage noch wie ein Credo. Und sowohl in seiner Eigenschaft als «Rabe» wie als Prediger von Barmherzigkeit und Vergeben wusste Franziskus zu verzeihen.

Fans of San Lorenzo de Almagro attend a mass in Buenos Aires in memory of the late Pope Francis, who was a fan and member of the club.

Das dürfte vor allem Argentiniens ehemaligen Nationalcoach Alfio «Coco» Basile aufatmen lassen. Zu seiner Zeit als Trainer von San Lorenzo liess er einmal «einen Pfaffen» aus der Kabine herausschmeissen, der vor Spielen gern die Mannschaft segnete. «Schafft mir diesen Seuchenvogel heraus!», habe er, Basile, gezischt. Erst als Bergoglio zum Papst gewählt worden sei, habe er von einem früheren Vereinsfunktionär erfahren, um wen es sich gehandelt habe: Bergoglio.

Maradona: «Er trifft mein Herz, wenn er vom Hunger in der Welt spricht»

Der Beziehung des Oberhaupts der katholischen Kirche zum Verein tat das keinen Abbruch. Er weihte die Kapelle im heutigen Stadion ein, er liess sich regelmässig von den Angehörigen der Schweizergarde im Vatikan mit den Resultaten von San Lorenzo versorgen, denn dem TV hatte er vor Jahrzehnten abgeschworen. Bergoglio firmte den aktuellen Weltmeister Ángel Correa, damals noch bei San Lorenzo, zurzeit bei Atlético Madrid aktiv. Und: Franziskus schaffte es sogar, Maradona zu bekehren.

Der verstorbene «D10s» der Argentinier, der «Fussballgott Maradona», hatte sich nach einem Besuch im Vatikan mit Johannes Paul II. angelegt und diesem nahegelegt, die goldverzierten Dächer des Vatikans zu verkaufen, wenn er schon etwas für die Armen tun wolle. Nach einem Treffen mit Franziskus sagte Maradona: «Der Papst hat mich dazu inspiriert, nach vielen Jahren zur Religion zurückzukehren. Er trifft mein Herz, wenn er vom Hunger in der Welt spricht.»

Papst Franziskus lächelt, während Diego Maradona ihm am 1. September 2014 im Vatikan ein personalisiertes Trikot der argentinischen Nationalmannschaft überreicht.

Ein Argentinien-Trikot mit der Nummer 10 hängt in einem Schrein, in dem viele Memorabilien von Fussballgästen des Vatikans ausgestellt sind. In Argentinien schlug aber nichts höhere Wellen als der Versuch eines TV-Reporters, ihm kurz nach der Papstwahl 2013 «einen Segen für Argentinien» abzuringen. Dass Franziskus ihn erteilte, war kaum zu hören, wohl aber der Zusatz: «… und möge San Lorenzo gewinnen!»

Am Samstag wird Franziskus beigesetzt, San Lorenzo wird mit einem Sondertrikot auflaufen, theoretisch ohne Präsident Moretti. Er hatte sich noch damit geschmückt, dass der Papst ihm seine Zustimmung gegeben habe, das künftige Stadion nach ihm zu benennen: Estadio Papa Francisco. Moretti hatte angekündigt, am Samstag an der Trauerfeier in der Vatikanstadt teilzunehmen. Nun lässt er vorerst sein Amt ruhen. Ob er gedenkt, einen Beichtstuhl aufzusuchen, ist unbekannt.