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Welt reagiert auf Ukraine-Invasion
Biden wollte härter reagieren, die Europäer bremsten ihn

Menschen protestieren am Donnerstag in Berlin gegen die russische Invasion der Ukraine. Die EU-Staaten wollen jedoch noch nicht die schärfstmöglichen Sanktionen verhängen.
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Es war offensichtlich schwierig, eine einstimmige Antwort des Westens auf Russlands Invasion in der Ukraine zu finden. Mehrfach verzögerte sich am Donnerstag eine Rede von US-Präsident Joe Biden, der sich zuerst mit Vertretern der G-7, der EU und der Nato absprechen wollte. Und als er schliesslich vor die Kameras trat, liess er offen durchblicken, dass er nicht nur mit Wladimir Putin ringt, sondern dass ihn auch die Europäer gebremst hatten – und wie gross seine Besorgnis wegen der steigenden Energiepreise ist.

«Wenn wir Putin jetzt nicht mit bedeutsamen Sanktionen stoppen, wird er sich ermutigt fühlen», sagte Biden, der vorerst nicht mehr mit dem russischen Präsidenten reden will. Der sei jetzt ein Paria auf der Weltbühne. «Seine Ambitionen gehen weit über die Ukraine hinaus. Er will mit allen Mitteln das sowjetische Imperium wiederherstellen», sagte Biden und warnte unmissverständlich davor, Mitglieder des Verteidigungsbündnisses Nato anzugreifen: «Wir werden jeden Zentimeter Nato-Territorium mit der vollen Macht der Vereinigten Staaten verteidigen.»

Er spielte damit auf die abschreckende Wirkung amerikanischer Atomwaffen an, eine Antwort auf Putins offene Drohung mit seinem Atomwaffen-Arsenal. Die USA schicken nun weitere Soldaten nach Deutschland, um die Ostflanke der Nato weiter zu stärken. Biden wiederholte aber überdeutlich, dass keine amerikanischen Soldaten in der Ukraine kämpfen werden.

Bestrafen will Biden Putin mit einer Verschärfung der Sanktionen, zusammen mit der G-7 sowie den EU- und den Nato-Ländern. «Wir schränken die Möglichkeiten Russlands ein, Geschäfte in Dollar, Euro, Pfund und Yen abzuwickeln», sagte Biden. Konkret schneiden die USA sechs statt bisher zwei russische Banken komplett vom Dollarmarkt ab, darunter die zweitgrösste, die VTB Bank; für das grösste Institut, die Sberbank, erschwert Biden Dollargeschäfte.

Für 13 der wichtigsten russischen Unternehmen begrenzen die USA den Zugang zum US-Kapitalmarkt, 10 Personen aus Putins Umfeld und dem Bankensektor landen auf der Sanktionsliste. Die Liste werde in den nächsten Tagen laufend erweitert, sagte Biden. Als ganz neue Sanktionskategorie greifen die USA zu Exportverboten für Hochtechnologieprodukte wie Computer, Halbleiterchips, Software, Telekommunikationsausrüstung, Sensoren und Laser. Die Massnahme soll die Entwicklung der russischen Wirtschaft bremsen.

EU-Länder tun sich schwer mit Einigung

Weitgehend im Gleichschritt gehen Grossbritannien, Kanada, Australien und Japan vor. Am Abend stimmten auch die Staats- und Regierungschefs der EU-Länder einer deutlichen Verschärfung der Sanktionen zu, allerdings erst nach langen, schwierigen Diskussionen. Während viele Länder wie die Slowakei forderten, Russland schon jetzt vom Swift-System auszuschliessen, lehnten das andere ab.

Der deutsche Kanzler Olaf Scholz bezeichnete das als wichtig für die «Geschlossenheit und Entschlossenheit» der EU. Es gelte, einige Massnahmen in der Hinterhand zu behalten «für eine Situation, wo es notwendig ist, auch noch andere Dinge zu tun». Welche Situation er meint, sagte Scholz gemäss der Nachrichtenagentur SDA nicht.

Schliesslich schoben die westlichen Alliierten den Ausschluss Russlands vom Swift-Zahlungssystem auf. Die Bedeutung des Verzichts versuchte Biden herunterzuspielen: Es sei wichtiger, dass die Verbündeten jetzt gemeinsam vorgingen. Auch seien die jetzt verhängten Sanktionen deutlich schwerwiegender. Die Länder, welche gemeinsam Strafmassnahmen ergriffen, verträten mehr als die Hälfte des Weltwirtschaftsprodukts. «Putin ist der Aggressor. Putin hat diesen Krieg gewählt. Jetzt werden er und sein Land die Kosten dafür tragen», sagte Biden.

«Putin ist der Aggressor»: US-Präsident Joe Biden spricht am Donnerstag zur Nation.

Hatte er als Ziel der Sanktionsdrohungen lange angegeben, Russland von seinem Kriegskurs abzuhalten, sagte er nun, daran habe er nie geglaubt. Vielmehr gehe es nun darum, Putin für sein Verhalten zu bestrafen. Die Sanktionen würden Russland derart schwächen, dass Putin nur die schwierige Entscheidung zwischen einem Kurswechsel und einem Abstieg in die zweite Liga verbleibe. Eine Frage dazu, ob China nun die westlichen Sanktionen hintertreiben könnte, wollte er nicht beantworten.

«Die Freiheit erringt stets die Oberhand»

Sorgen bereitet Biden offenbar aber auch eine dritte Front – jene zu Hause, vor allem an den Zapfsäulen. Er versprach, alles zu unternehmen, um den Anstieg der Energiepreise zu bremsen: Unter anderem will er die nationalen Reserven erneut anzapfen. Biden warnte Firmen davor, die aktuelle Lage dazu zu missbrauchen, höhere Gewinne einzufahren. Er ist sich der Problematik offenbar bewusst, dass die Teuerung weltweit schnell spürbar sein wird, die Sanktionen gegen Russland hingegen erst mit der Zeit ihre volle Wirkung entfalten werden.

Doch hier handle es sich nicht nur um einen regionalen Konflikt im Osten Europas, sondern um einen Krieg, der das Fundament einer freiheitlichen Weltordnung infrage stelle. Dabei habe Putin auf lange Frist die schlechteren Karten, sagte Biden: «Im Wettbewerb zwischen Demokratie und Autokratie erringt die Freiheit stets die Oberhand.»