Ladenschliessungen führen zu ZahlungsverzugGeschäftsmieten: Es droht ein juristisches Hickhack
Haben Laden- oder Restaurantbetreiber wegen der Zwangsschliessungen Anrecht auf eine Senkung oder einen Erlass der Miete? Der Hauseigentümerverband legt dazu ein Gutachten vor. Doch der Mieterverband kommt zu anderen Schlüssen.

Ob in Zürich, Bern oder Basel: Das Leben in den Einkaufsstrassen steht still. Die Läden sind geschlossen, und die Einnahmen bleiben aus. Bereits vergangene Woche wurde darüber diskutiert, ob Unternehmen, die Corona-bedingt schliessen mussten, während dieser Zeit Anrecht auf eine Mietzinsreduktion haben oder sogar überhaupt keine Miete zahlen müssen.
Die zentrale Frage ist dabei, ob aus der behördlich verordneten Schliessung ein Mangel an der Geschäftsliegenschaft abgeleitet werden kann. Hier gehen die Meinungen auseinander. Der Hauseigentümerverband Schweiz veröffentlichte jetzt ein Gutachten, in dem der Mietrechtsexperte Peter Higi zu einer klaren Antwort kommt: Könne ein Coiffeur wegen behördlicher Anordnungen keine Kunden mehr empfangen, liege das nicht am Mietlokal, sondern an der vom Mieter ausgeübten Geschäftstätigkeit, die zurzeit nicht erlaubt sei. «Es fehlt insoweit leicht erkennbar an einer Grundlage für die Herabsetzung des Mietzinses wegen Mangelhaftigkeit der Sache», schreibt Higi.
Zahlungsfrist verlängert
Dem widerspricht der Mieterinnen- und Mieterverband, der einen Mangel der Mietliegenschaft sieht, wenn der Nutzungszweck oder die Nutzungsbedingungen nicht gegeben sind. Und eine solch aussergewöhnliche Situation gehöre nicht zu den Risiken, die der Mieter tragen müsse, schreibt Jurist Fabian Gloor. «Entsprechend ist eine Herabsetzung oder ein Erlass des Mietzinses ab Eintreten der Verordnung, also ab dem 17. März 2020 bis mindestens zum 18. April 2020, geschuldet.»
Um Unternehmen, die durch die angeordneten Massnahmen nun ihre Mieten nicht oder nur schwer zahlen können, aus der prekären Lage zu helfen, hatte der Bundesrat am Freitag die Zahlungsfrist für Wohn- und Geschäftsmieten von 30 auf 90 Tage verlängert. Die Regel gilt vorerst bis zum 31. Mai. Danach wird die Mietzahlung auch rückwirkend wieder fällig.
Ungeachtet der Rechtslage seien die Vertragsparteien weiterhin dazu aufgerufen, in jenen Fällen Lösungen auszuhandeln, in denen krisenbedingt eine finanzielle Notsituation eintrete, schreibt der Hauseigentümerverband. So handhaben es bereits grosse Immobilienbesitzer wie PSP Swiss Property, die Credit Suisse oder der Lebensversicherer Swiss Life. Dieser hatte bereits vergangene Woche erklärt, Mietstundungen zu gewähren.
Unternehmen in Deutschland handeln eigenmächtig
In Deutschland kündigte der Schuhhändler Deichmann eigenmächtig an, Mietzahlungen vorübergehend ab April auszusetzen. Auch die schwedische Modekette H&M und der Sportartikelhändler Adidas wollen für geschlossene Läden erst mal keine Miete zahlen – und wurden dafür von der Politik kritisiert.
Ob Mietzahlungen in der Schweiz nun auch ungeachtet der Rechtslage einfach ausgesetzt werden, dazu wollte H&M keine Stellung nehmen. «Wir stehen in engem und direktem Kontakt mit allen unseren Partnern und Vermietern», sagt eine Sprecherin.
So auch der Schuhhändler Dosenbach. Durch die flächendeckenden Filialschliessungen sei es nicht mehr möglich, den Betriebszweck der Läden zu erfüllen, sagt ein Sprecher. Man nutze die vom Bundesrat verlängerte Frist, um mit den Vermietern nach Lösungen zu suchen.
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