Kolumne «Heute vor» Gepanschte Milch und andere Schwindel
Vor 110 Jahren sorgte mit Wasser verdünnte Milch am rechten Zürichseeufer für Schlagzeilen, während ein betrügerischer Uhrenhändler in Rüschlikon sein Unwesen trieb.
Ob irreführende Werbung, verwirrende Vertragsbedingungen oder versteckte Kosten – dass Konsumenten manchmal an der Nase herumgeführt werden, ist nichts Neues. Was sich geändert hat, sind die Methoden. Während heutzutage die Echtheit mancher Online-Kundenbewertungen angezweifelt werden kann, musste vor 110 Jahren genauer hingeschaut werden, was man sich morgens beim Morgenessen in die Müslischale goss.
Denn ein Blick in das Archiv dieser Zeitung offenbart, dass im Juni 1913 gleich mehrere Schwindler um den Zürichsee unterwegs waren: Wie die rechtsufrige «Zürichsee-Zeitung» damals berichtete, war der «Kampf um unverfälschte Milch» in vollem Gange. Eine Landwirtin hatte der Milch in ihrer Sennerei in Oetwil bis zu 14 Prozent Wasser beigesetzt. Das Bezirksgericht Meilen verhängte der Frau eine Busse von 100 Franken – ein Strafmass, das wohl nur wenig abschreckte.
Beim Milchkauf übers Ohr gehauen zu werden, war damals anscheinend weitverbreitet. In einem Fall sei sogar mit fast einem Drittel Wasser gepanschte Milch nachgewiesen worden, berichtet der Autor. Ein anderer Bauer aus Obermeilen hatte über Monate hinweg regelmässig abgerahmte Milch in seine Vollmilch gemischt und «die veränderte Milch als vollwertig verkauft». Bei ihm fiel die Busse in Höhe von 200 Franken aus.
Aber auch am linken Ufer mussten Konsumenten auf der Hut sein. In Richterswil habe ein Gauner versucht, «neue Taschenuhren von ganz geringem Wert an den Mann zu bringen», wie der «Allgemeine Anzeiger vom Zürichsee» schrieb. Der Halunke habe vorgegeben, «wegen Geldverlegenheit» gezwungen zu seien, seine Taschenuhr veräussern zu müssen, die angeblich einen Wert von 50 Franken hatte.
Tatsächlich blieb die Masche nicht ohne Erfolg, und dem Betrüger gelang es, «einige Uhren zum Preise von etwa 14 Franken» abzusetzen. Dass sie betrogen wurden, bemerkten die unglücklichen Käuferinnen und Käufer wohl erst später, als sie ihr vermeintliches Schnäppchen in Betrieb nehmen wollten. Funktioniert habe nämlich keine der Uhren.
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