Geld für Schweizer ForschungsprojekteWas hinter der Grosszügigkeit ausländischer Milliardäre steckt
Schweizer Institutionen erhalten Millionen von gemeinnützigen Stiftungen für Projekte oder neue Standorte. Die Gründe für die Wohltätigkeit sind oft privater Natur.

Auch Verstorbene können noch Gutes tun. So geschehen diese Woche. Im Raum Basel soll ein neues Forschungsinstitut entstehen. Finanziert wird es über die kommenden 15 Jahre mit einer Fördersumme von über einer Milliarde Dollar (umgerechnet 900 Millionen Franken). Der Geldsegen kommt von der Basler Fondation Botnar, benannt nach Marcela und Octav Botnar. Beide sind bereits verstorben: Sie 2014, ihr Mann Octav 1998.
900 Millionen Franken, das ist die bisher höchste Fördersumme im Schweizer Stiftungssektor für ein einzelnes Projekt. Das neu gegründete «Botnar Institute of Immune Engineering» will neue Diagnoseverfahren, Impfungen und Therapien entwickeln, die vor allem Kindern aus Ländern des globalen Südens zugutekommen sollen.
Reich wurde der Rumäne Octav Botnar mit Autos: 1970 gründete er in Grossbritannien die Datsun UK, die später zu Nissan wurde. Sein Milliarden-Vermögen brachte er aber in der Schweiz in Sicherheit.
Dass ausländisches Geld, wie das der Botnars, in Schweizer Forschungsprojekte fliesst, ist kein Einzelfall. Vergangenen Dezember machte Lidl-Gründer Dieter Schwarz Schlagzeilen, als bekannt wurde, dass mit Fördergeldern aus der Dieter-Schwarz-Stiftung die ETH Zürich unterstützt und ein neuer Standort im deutschen Heilbronn aufgebaut werden soll. Dafür erhielt die ETH eine grosse Summe von schätzungsweise 600 Millionen Franken, um in der Schweiz 6 und in Heilbronn 14 Professuren zu schaffen.

Für Ausländer sei die Schweiz für die Gründung einer Stiftung attraktiv, da sie ein liberales und konstantes Wirtschaftsumfeld und eine stabile Politik samt Rechtssicherheit biete, sagt Hans Michael Riemer, Stiftungsexperte und emeritierter Professor für Privatrecht an der Universität Zürich.
Ein prominentes Beispiel für eine Stiftung, die in der Schweiz von einem Ausländer gegründet wurde, ist die Fondation Hans Wilsdorf, des verschwiegenen Rolex-Konzerns. Rolex-Gründer Wilsdorf stammt aus dem bayrischen Kulmbach und zog später nach Genf, wo er die Marke im Handelsregister eintragen liess. Er starb 1960 kinderlos. Sein Vermögen ging in die Hans-Wilsdorf-Stiftung über, die von ihren rund 7,8 Milliarden Franken jährlich um die 300 Millionen für Wohltätigkeitszwecke zur Verfügung stellt.
Sind keine Nachkommen vorhanden, seien Stiftungen ein beliebtes Mittel, um das Vermögen nach dem Tod zu verwalten, sagt Riemer. So gab der in Schindellegi wohnhafte Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne von Kühne + Nagel kürzlich bekannt, sein Vermögen nach seinem Tod an die Kühne-Stiftung zu geben. Der gebürtige Hamburger ist mit einem geschätzten Vermögen von 36 Milliarden Franken laut «Forbes» der reichste Einwohner der Schweiz und kinderlos.
Für die Familie Botnar trifft dies ebenfalls zu. Im Alter von 20 Jahren kam Tochter Camelia bei einem Autounfall ums Leben. Nach ihrem Tod gründete Octav Botnar 1979 die Camelia-Botnar-Stiftung, die in Ollon VD eingetragen ist. Bevor Botnar in die Schweiz übersiedelte, war er ein politischer Aktivist in Rumänien und kam erst später durch den Autohandel in Grossbritannien zu Reichtum. Sein Umzug in die Schweiz machte ihn zum Steuerflüchtling: Zu Lebzeiten wurde in Grossbritannien ein Verfahren wegen Steuerhinterziehung gegen ihn geführt, das aufgrund seines Ablebens im Alter von 84 Jahren eingestellt wurde.
Nach seinem Tod gründete seine Frau Marcela 2003 die Botnar-Stiftung in Basel. Anfangs mit einem Stiftungsvermögen von 25 Millionen Franken. Nach ihrem Tod 2014 ging das gesamte Familienvermögen in die Stiftung über, die in ihrem aktuellen Jahresbericht von 2022 einen Gesamtbetrag von 3,5 Milliarden Franken ausweist.
Sich ein Denkmal setzen und Steuern sparen
Bei der Gründung einer gemeinnützigen Stiftung spielen laut Stiftungsexperte Riemer oft persönliche Gründe eine Rolle: «Man will sich ein Denkmal über den Tod hinaus setzen und selbst festlegen, welchem Zweck sein Geld zugutekommt.»
Dass Lidl- und Kaufland-Gründer Dieter Schwarz ausgerechnet im deutschen Heilbronn einen Ableger der ETH aufbauen will, ist kein Zufall: Es ist die Heimatstadt des Multimilliardärs. Der laut «Forbes» zweitreichste Deutsche (geschätztes Vermögen: 38,5 Milliarden Dollar) lebt dort zurückgezogen und unterstützt als Mäzen verschiedene Projekte. Mit dem Ziel, Heilbronn zu einem führenden Standort in Forschung- und Bildung zu machen.
Auch aus steuerlicher Sicht sei die Gründung einer Stiftung attraktiv, sagt Riemer: «Wer einen Teil seines Vermögens in einer Stiftung bindet, kann die Steuerlast für das verbliebene Geld verringern.»
Die Gründung einer Stiftung als Steueroptimierungsvehikel? So weit will Georg von Schnurbein nicht gehen. Denn dafür seien die Steuervorteile – zumindest in der Schweiz – zu gering, sagt der Professor für Stiftungsmanagement und Gründungsdirektor des Center for Philanthropy Studies der Universität Basel. Den Steuerabzug könne man nur einmalig im Jahr der Stiftungsgründung auf das Einkommen und nicht auf das Vermögen geltend machen.
In den meisten Kantonen liegt der Anteil des Steuerabzugs bei 20 Prozent des zu versteuernden Einkommens. Wer also 100’000 Franken in eine Stiftung geben möchte, muss davon nur 80’000 versteuern. Eine Ausnahme ist Basel-Land, hier liegt der Steuerabzug bei 100 Prozent des zu versteuernden Einkommens.
Und liegt das Geld erst in der gemeinnützigen Stiftung, ist es zwar steuerbefreit, aber auch zweckgebunden und kann nicht mehr herausgeholt werden. Schnurbein sieht es so: «Wenn jemand etwas Gutes tun will, tut er es eben, und der Steuerabzug spielt nur eine kleine Rolle.» Wer wirklich Steuern sparen wolle, greife zu anderen Mitteln als der Gründung einer Stiftung.
Stiftungswesen macht dem Staat keine Konkurrenz
Mit den 900 Millionen Franken unterstützt die Botnar-Stiftung eine Institution, die auch durch den Staat gefördert werden könnte. Die Entscheidung, wer Gelder erhält, unterliegt bei einer Stiftung allein ihrem Zweck. Im Vergleich zu staatlicher Förderung kann der Geldsegen hier willkürlich wirken. «Anders als bei staatlicher Förderung kann niemand einen Rekurs gegen gesprochene Gelder einlegen, denn Stiftungen unterliegen anderen Grundsätzen, und private Förderzusagen sind nicht rechenschaftspflichtig», sagt Schnurbein.

Das Stiftungswesen werde dem Staat bei seinen Förderaufgaben aber nicht gefährlich, sagt der Professor, denn im Vergleich zu staatlichen Geldern seien die Stiftungssummen in der Regel klein: Im Schnitt beträgt das Vermögen Schweizer Stiftungen 5 Millionen Franken, im Jahr schütten diese Projektbeiträge von durchschnittlich 5000 bis 10’000 Franken aus.
Für Basel ist es hingegen nicht der erste grosse Geldsegen durch die Botnar-Stiftung: Seit 2018 stellte sie der Uni Basel und der ETH Zürich bis heute über 160 Millionen Franken für ein neues Forschungszentrum für Kindergesundheit zur Verfügung.
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