Krieg in GazaÄgypten lanciert Drei-Stufen-Friedensplan – Israels Antwort bleibt aus
Auf den Versuch aus Kairo, einen diplomatischen Prozess im Nahostkonflikt in Gang zu bringen, gibt es kein positives Echo. Vertreter beider Seiten rufen dazu auf, die Kämpfe zu intensivieren.
Allen Friedensappellen zum Trotz wird im Nahen Osten mit unverminderter Härte Krieg geführt. Premierminister Benjamin Netanyahu kündigte bei einem Truppenbesuch in Gaza an, Israel werde «den Kampf in den kommenden Tagen verstärken». Die Bodenoffensive verlagert sich dabei zunehmend in den Süden des palästinensischen Küstenstreifens und fordert weiterhin hohe Opferzahlen. Ägypten schaltet sich unterdessen verstärkt in die Bemühungen um eine Beendigung des Blutvergiessens ein. Lanciert wurde dazu aus Kairo eine «Vision» zur Konfliktlösung, die jedoch zunächst nirgends ein positives Echo fand.
Bekannt gemacht wurde der Vorstoss aus Kairo durch Berichte mehrerer arabischer Medien. Vorgeschlagen wird demnach ein 3-Stufen-Plan: In der ersten Stufe soll eine mindestens zwei Wochen währende Feuerpause die Freilassung von 40 weiteren der insgesamt noch 129 israelischen Geiseln ermöglichen. Wie beim ersten Deal Ende November könnten dafür im Verhältnis 1 zu 3 insgesamt 120 palästinensische Häftlinge entlassen werden. Auf beiden Seiten würde man sich dabei auf Frauen, Kinder und Alte beziehungsweise Kranke konzentrieren.
In einer zweiten Phase will Ägypten Weichen für eine Nachkriegsordnung stellen – durch einen Ausgleich der verfeindeten palästinensischen Gruppierungen Fatah und Hamas. Sie sollen dann gemeinsam eine Technokratenregierung bilden. Die dritte Stufe sieht einen dauerhaften Waffenstillstand und ein Abkommen zum Austausch aller Geiseln gegen Gefangene vor. Israel müsste dazu seine Truppen komplett aus dem Gazastreifen abziehen.
Hochrangige Gespräche in Kairo
Angesichts der verhärteten Fronten ist dieser Vorstoss wohl nicht viel mehr als ein Versuchsballon, um überhaupt wieder einen diplomatischen Prozess in Gang zu bringen. In der vorigen Woche war der im Exil in Katar lebende Hamas-Chef Ismail Haniya mit einer Delegation in Kairo. In dieser Woche sind hohe Vertreter des mit der Hamas gemeinsam kämpfenden Islamischen Dschihad dort. Beide Gruppen betonen jedoch, dass sie erst wieder mit Israel verhandeln wollen, wenn zuvor die Waffen schweigen. Die Nachrichtenagentur Reuters berichtet unter Berufung auf ägyptische Sicherheitskreise, dass beide Organisationen auch eine Machtübergabe in Gaza ablehnen.
Parallel zu den Verhandlungen in Kairo hat sich erstmals seit Kriegsbeginn Yahya Sinwar öffentlich zu Wort gemeldet, der Hamas-Chef im Gazastreifen, den Israels Truppen in einem Tunnelversteck vermuten (lesen Sie hier einen Hintergrundartikel über das Tunnelsystem). Ein nun veröffentlichtes Schreiben Sinwars an das Hamas-Politbüro nährt Spekulationen über zunehmende Differenzen innerhalb der Terrororganisation. Sinwar pocht dabei kompromisslos auf eine Fortsetzung der Kämpfe und prahlt damit, den israelischen Truppen bereits schwere Verluste zugefügt zu haben.
Netanyahus Gastbeitrag im «Wall Street Journal»
Israels Regierungschef Netanyahu nannte in einem Autorenbeitrag für das «Wall Street Journal» «drei Grundvoraussetzungen» für einen Frieden: «Die Hamas muss zerstört, Gaza demilitarisiert und die palästinensische Gesellschaft entradikalisiert werden.» Unmut in Israel erregte, dass Netanyahu in diesem Beitrag kein Wort über die Befreiung der Geiseln verlor.
Härte demonstriert Israel auch an anderer Front: In einem Vorort der syrischen Hauptstadt Damaskus wurde ein General der iranischen Revolutionsgarden mutmasslich bei einem israelischen Luftangriff getötet. Rasi Mussawi soll für die militärische Kooperation zwischen dem Iran und Syrien sowie Waffenlieferungen an die libanesische Hizbollah-Miliz verantwortlich gewesen sein. Israel kommentierte den Vorfall wie üblich nicht, hat aber in den vergangenen Jahren bereits Hunderte Luftschläge in Syrien ausgeführt.
Mussawis Tod löste eine Welle von Drohungen aus. Israel werde «einen Preis für dieses Verbrechen zahlen», erklärte der iranische Präsident Ebrahim Raisi. Die Hizbollah sprach von einer «dreisten Aggression», mit der Israel eine Grenze überschritten habe. Unbeeindruckt davon zeigte sich Israels Verteidigungsminister Yoav Gallant. Israel werde derzeit an gleich sieben Fronten attackiert: aus Gaza, dem Westjordanland, dem Libanon, Syrien, dem Jemen, dem Irak und dem Iran. «Jeder, der uns angreift, ist ein potenzielles Ziel.»
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