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Zertifikatspflicht im Restaurant
Beizer machen lieber dicht, als Nachweise zu kontrollieren

Damit sie alle ihre Gäste weiterhin gleichermassen empfangen können, schliessen einige Restaurantbesitzer freiwillig ihre Innenräume, denn nur dort gilt die Zertifikatspflicht.
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Unter Gastronomen ist die Einführung der Zertifikatspflicht umstritten. Einige Betriebe wie das Restaurant Schliessi in Basel wollen weiter auch Gäste ohne Zertifikat bedienen. Eine zweite Gruppe hat eine andere Lösung gefunden und will nur noch dort servieren, wo es für alle erlaubt ist: auf der Terrasse. Die Innenräume schliessen sie freiwillig, um nicht den Gästen ohne Zertifikat den Zutritt zum Lokal verweigern zu müssen.

Denn der Nachweis eines Zertifikats beschränkt sich lediglich auf Innenräume. Draussen können auch Nichtgeimpfte, Nichtgenesene und Nichtgetestete weiterhin ihren Kaffee und ihr Gipfeli geniessen.

«Ich will niemanden diskriminieren.»

Manuela Albrecht, Inhaberin des Restaurants Tössegg in Teufen-Freienstein

Unter ihnen ist Manuela Albrecht. Sie ist Inhaberin des Restaurants Tössegg in Teufen-Freienstein. Auf der Website des Restaurants informiert sie Gäste darüber, dass der Innenbereich seit dem 13. September geschlossen ist. «Ich will niemanden diskriminieren. Es gibt ja auch viele Menschen, die sich aus gesundheitlichen Gründen nicht impfen lassen können», so die Gastronomin zur Tamedia-Redaktion.

Carbusgruppen und Wandergesellschaften haben bereits Reservationen in ihrem Restaurant storniert, weil nicht alle Teilnehmer ein Zertifikat haben. «Dann ist man den ganzen Tag in der Wandergruppe zusammen oder fährt zusammen im Bus, darf aber nicht gemeinsam drinnen im Restaurant essen», so Albrecht, bei der Wander- und Carbusgruppen zu den Hauptkunden gehören.

Im Restaurant braucht es ein Zertifikat, im Bundeshaus nicht

Problematisch findet sie, dass mit der neuen Regelung Mindestabstände in den Restaurantinnenräumen nicht mehr eingehalten werden müssen und auch die Maskenpflicht nicht mehr befolgt werden muss: «Das Virus kann ja auch von den Geimpften weiterverbreitet werden.» Als sehr fragwürdig empfindet sie es auch, dass in Innenräumen nun eine Zertifikatspflicht herrscht, diese aber für Politiker im Bundeshaus nicht gelten. Das Zertifikat an sich stuft sie jedoch als sinnvoll ein: «Ich bin nicht gegen das Zertifikat, bei Auslandreisen oder Grossveranstaltungen ist es erklärbar.»

Auch Daniel Dupont, Inhaber und Geschäftsführer vom Restaurant Seehuis in Giswil, hat seit Montag die Innenräume seines Lokals geschlossen. «Egal ob (un-) geimpft, (nicht) getestet, genesen, gesund, weiblich, männlich, divers, schwarz oder weiss, auf unserer Terrasse sind alle willkommen», heisst es auf der Website. Dupont hatte die Information auch auf Facebook und Instagram gepostet, wo sie viral ging. «Die Rückmeldungen waren fast nur positiv», so Dupont.

Daniel Dupont ist Inhaber vom Restaurant Seehuis auf dem Campingplatz in Giswil. Er hat die Innenräume seines Lokals bis auf weiteres geschlossen. 

«Es kommt zur Ausgrenzung»

Mit dem Entscheid, die Innenräume ganz zu schliessen, wolle man nicht «querschlagen», erklärt er. «Wir haben einfach nach einer Lösung gesucht, die für uns stimmt und bei der niemand ausgegrenzt wird.» Es liege auch nicht in seinem Ermessen, als Gastronom zu entscheiden, ob ein Gast bei ihm essen darf oder nicht. «Wir wollen nicht Polizist spielen und unsere Gäste kontrollieren müssen.»

Selbst würde er nicht in der Haut der Entscheidungsträger stecken wollen, aber seiner Meinung nach ging der Entscheid zu weit: «Es kommt zur Ausgrenzung. Und dem Gast im Innenraum kann auch ein falsches Gefühl von Sicherheit vermittelt werden. So ist bekannt, dass auch Geimpfte andere anstecken oder selbst infiziert werden können.»

Ein wichtiger Faktor bei der neu in Kraft gesetzten Massnahme spielt das Wetter. Während es zurzeit noch sonnig und mild ist und man lieber draussen den After-Work-Apéro zu sich nimmt, dürfte sich dies bald ändern.

Mit Lammfell durch den langen Winter auf der Terrasse

Ist es erst mal kalt und nass, werden Terrassen ganz geschlossen oder kaum mehr besucht. Personen ohne Zertifikat werden dann kaum in der Kälte zu Abend essen, sondern wieder wie im harten Winter-Lockdown zu Hause kochen oder allenfalls Take-away-Angebote nutzen. Damit drohen erneut Umsatzeinbussen für die Gastro-Szene. Wie stark die ausfallen oder ob sie wieder wettgemacht werden, indem mehr Gäste kommen, weil sie sich «sicherer» fühlen oder auch wieder die volle Kapazität an Tischen besetzt werden kann, wird sich in den kommenden Wochen und Monaten zeigen.

«Jedes Restaurant wird Umsatzeinbussen verzeichnen, egal welchem System es folgt», sagt Restaurantbetreiber Dupont. Aktuell seien sie noch in der Lage, die Einbussen ein wenig abfedern zu können. Seinen Entscheid würde er selbst nicht als mutig bezeichnen. Im Hinblick auf die kalte Jahreszeit sagt er: «Wir haben Feuerschalen und Felle, womit sich unsere Gäste warm halten können.»