Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Neues Album von Future Islands
Balladen so deftig wie Hackbraten

Die Band aus Baltimore erlangte 2014 durch einen legendären Auftritt in der «Late Show with David Letterman» Bekanntheit – nicht zuletzt auch wegen der Tanzeinlagen von Frontmann Samuel T. Herring (vorne).

Können Sie sich das vorstellen, eine Ballade so deftig wie ein Hackbraten? Also quasi bissfester Herzschmerz. Zum Nachtisch dann ein Bittersüssgebäck, getränkt in zähflüssiger Melancholie. Dazu ein Gläschen Euphorie, die im Rachen brennt.

Genau so schmeckt das siebte Album der Synthpop-Band Future Islands, das am 26. Januar 2024 erschien. In den 44 Minuten Musik ist alles enthalten, was die Band aus Baltimore ausmacht: funkelnde Klänge, treibende Rhythmen, entrückte Melodien und natürlich die stellenweise fast animalisch anmutende, unverwechselbare Stimme von Frontmann Samuel T. Herring.

Wie Liebeskummer – aber nur das Schöne daran

Auch inhaltlich liefern die «Heart Ache Kings» – wie das Magazin «Rolling Stone» die Band einst nannte – das, was sie am besten können: Mithilfe eines Zaubertrunks aus Worten und Klängen verwandeln sie eines der schlimmsten Gefühle überhaupt in etwas, das beim Lauschen ihrer Musik plötzlich erstrebenswert erscheint. Das Album mit dem bezeichnenden Titel «People Who Aren’t There Anymore» macht Sehnsucht nach Liebeskummer. Hurt me, baby, one more time.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Tatsächlich drehen und winden sich die zwölf Songs um die Trennung Herrings von seiner Freundin, der schwedischen Schauspielerin Julia Ragnarsson, wie der Sänger gegenüber NME erzählte. Getrennt durch den Atlantik und die Corona-Pandemie, sei die Beziehung – deren Anfang er im letzten Album «As Long as You Are» (2020) besang – auseinandergegangen.

So singt Herring im Song «The Sickness» beispielsweise: «The sickness came in like a freight train, and swept us up into small towns […] I had to watch it fall apart, from here, you had to watch it disappear.» Galoppierende Paukenschläge leiten die Ballade ein, schillernde Synthieklänge kontrastieren mit Herrings von Schmerz geprägter Stimme, und schliesslich endet der Track in kratzenden, orientierungslosen Gitarrentönen.

Die Cover-Kunst von «People Who Aren’t There Anymore» stammt von der Künstlerin Brittany Sedillo aka Beedallo aus New Mexico.

Ein weiterer Schatz des Albums ist der Schlusstrack «The Garden Wheel», in dem sich Herrings Stimme in Songzeilen wie «And that life isn’t mine» oder «Now it’s rising in me – like a fiend» in eigenartigen Melodien wie Kaugummi zieht. Auch das düstere Lied «Give Me The Ghost Back», in dem Herrings Gesang von albtraumartigen Sirenen untermalt wird, ist ein echtes Highlight.

Doch die Essenz von Future Islands zeigt sich in keinem der neuen Songs besser als in der deftigsten aller Balladen, «Corner of My Eye». Fast kokettierend singt Herring da die Worte: «I found peace, but can’t go back, isn’t it so sad?» Ja, schon sad, aber irgendwie eben auch nicht. Irgendwie eben auch wunderschön, so traurig zu sein. Alles besser als Bedeutungslosigkeit. Die letzte Zeile des Songs bringt das Lebensgefühl, das die Band verkörpert, schliesslich auf den Punkt: «It’s perfect, so it’s done.»

Ein Biest auf der Bühne

Future Islands erlangten 2014 mit ihrem vierten Album «Singles» Bekanntheit. Verantwortlich für den plötzlichen Erfolg war vor allem ein Auftritt in der «Late Show with David Letterman», bei dem die Band die Single «Season (Waiting on You)» performte. Das Video dazu ging auf Youtube viral – was nicht nur an der Wucht des Songs lag, sondern auch an Herrings verwegenen Dancemoves und den Metal-Growls, die aus seiner Kehle ertönten. Die Single wurde schliesslich von etablierten Musikplattformen wie Pitchfork und NME zum Song des Jahres gewählt.

Hier wird Inhalt angezeigt, der zusätzliche Cookies setzt.

An dieser Stelle finden Sie einen ergänzenden externen Inhalt. Falls Sie damit einverstanden sind, dass Cookies von externen Anbietern gesetzt und dadurch personenbezogene Daten an externe Anbieter übermittelt werden, können Sie alle Cookies zulassen und externe Inhalte direkt anzeigen.

Dass Herring performen kann, ist nicht verwunderlich. Der Sänger und zwei weitere Bandmitglieder – Keyboarder Gerrit Welmers und Bassist William Cashion – kennen sich noch aus der College-Band Art Lord & The Self-Portraits, die hauptsächlich als Performancekunst gedacht war. Schlagzeuger Michael Lowry stiess später dazu.

Seit der Gründung 2006 haben die Amerikaner inzwischen fast 1500 Shows gespielt und sich als Liveband einen Namen gemacht. Wer noch kein Hardcore-Fan ist, wird es spätestens am Konzert. Der Vibe da: die Schöne und das Biest – Herring das berstende Biest, die Musik die Wunderschönheit.

Inzwischen scheint auch die Filmbranche Herrings Performancetalent entdeckt zu haben. 2023 hatte der Sänger – der als Hemlock Ernst auch Rap-Songs veröffentlicht – sein Schauspieldebüt in «The Changeling» von Apple TV.

Übrigens: Das Einzige, was auf dem neuen Album fehlt, sind die punkigen Klänge aus den frühen Jahren der Band. Aber Future Islands sollen ja auch nicht perfekt sein. Denn wie war das noch mal? Sobald es perfekt ist, ist Schluss. Und das wäre dann im Gegensatz zu ein bisschen Herzschmerz wirklich unerträglich.

Future Islands: People Who Aren’t There Anymore. 4AD. Auf Spotify.