Black Sea Dahu250’000 Franken für Löhne – Schweizer Band legt ihr Budget offen
Die Zürcher Gruppe hat 92 Konzerte gespielt in diesem Jahr – so viele wie nur wenige Schweizer Musiker. Reicht das zum Überleben? Bandleaderin und Manager rechnen vor.
Die Tour
Black Sea Dahu sind «so ziemlich die ganze Zeit auf Tour», so steht es auf der Website der Band. Die Band um Janine Cathrein gehört zu den Schwerarbeitenden in der hiesigen Poplandschaft: 92 Konzerte haben Black Sea Dahu dieses Jahr gespielt, die meisten davon im Ausland, zuletzt vier ausverkaufte Shows in Bern und Zürich. Das macht bei 365 Tagen fast jeden vierten Tag einen Auftritt.
Die Fangemeinschaft der Band wächst kontinuierlich, dank gezielter Aufbaustrategie. Das Team um Black Sea Dahu nutzt Daten aus Social Media und Streaming, um zu lokalisieren, wo sie Fans haben, die an Konzerten interessiert sind. Sie treten auf, wo es eine Nachfrage gibt. In jeder neuen Ortschaft spielt die Band zunächst in kleineren Lokalen – damit diese gut ausgelastet und die Veranstaltenden zufrieden sind. Nur dann wird man wieder gebucht. «Wer touren geht, muss Tickets verkaufen. Wenn keine Leute kommen, buchen einen die Clubs nicht mehr», sagt Manager Andreas Ryser.
Viele Konzerte sind ausverkauft, die Lokale werden immer grösser. In Berlin traten Black Sea Dahu im Herbst vor über 1000 Leuten auf. Damit müsste sich gut Geld verdienen lassen. Die Rechnung ist aber nicht so einfach.
Die Ausgaben
«Touren ist absurd teuer geworden», sagt Manager Ryser, der die Band seit ihren Anfängen begleitet. Gerade mit dem zunehmenden Erfolg steigen auch die Ausgaben.
Black Sea Dahu treten in ganz Europa auf und legen dabei grosse Distanzen zurück. Dafür benötigt die Band einen Bus, in dem Instrumente und Personal Platz haben und in dem auch übernachtet werden kann. Die Kosten für ein bescheidenes Mietexemplar dieser Nightliner belaufen sich auf 56’000 Franken für sechs Wochen. Werden die Wege zwischen zwei Konzerten immer weiter, braucht es zudem oft einen zweiten Fahrer, um rechtzeitig am Zielort anzukommen, weil die Fahrzeit eines Chauffeurs aus Sicherheitsgründen begrenzt ist.
Mit fünf Musikerinnen und Musikern haben Black Sea Dahu eine Bandgrösse, die immer seltener wird. Viele Acts treten live in reduzierten Formationen auf, weil das günstiger ist; jedes Bandmitglied muss bezahlt werden. Zur Band hinzu kommen: ein Tourmanager, Licht- und Tontechniker, ein Stagehand, der auf der Bühne mithilft und eine Person für Video und Fotografie.
Black Sea Dahus Tourcrew besteht aus zehn Personen, die alle den gleichen Lohn erhalten, 260 Franken pro Auftritt. Die jährliche Lohnsumme fürs Touren beträgt 250’000 Franken, inklusive Sozialleistungen, rechnet Ryser vor. Auf eine Person runtergebrochen bedeutet das übers Jahr verteilt einen Monatslohn von etwas mehr als 2000 Franken. Nicht einberechnet sind dabei die Erträge aus den Urheberrechten.
Die Band muss pro Konzert eine Gage von über 5300 Franken haben, um die Kosten für Löhne, Material, Transport und Agenturen, die Konzerte und Promotermine organisieren, überhaupt zu decken.
Der Umsatz
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Aufs Jahr gerechnet generieren Black Sea Dahu einen Umsatz von 700’000 Franken. 600’000 Franken kommen vom Touren, also von den Konzerten, verkauften Fanartikeln und Fördergeldern. Doch: «Um allen Beteiligten den monatlichen Zürcher Mindestlohn von über 4000 Franken zahlen zu können, müssten wir rund 1,5 Millionen Franken umsetzen», sagt Andreas Ryser.
Neben dem Livegeschäft verdienen Black Sea Dahu auch mit Streaming und Downloads ihrer Musik beachtliche Summen. Die Band hat viele Songs mit Millionen Streams und ein Publikum von über 400’000 Personen, die die Musik aktuell auf Spotify hören. Insgesamt bringen die digitalen Kanäle aufs Jahr rund 60’000 Franken ein.
5 bis 10 Prozent der Einnahmen fliessen direkt wieder ins aufwendige Social-Media-Marketing, damit auf Youtube, Instagram und Facebook gezielt mit Informationen zu Konzerten und neuer Musik ausgespielt wird. «Wir müssen das richtige visuelle Material den richtigen Leuten zeigen», sagt Ryser. Diese Arbeit macht der Manager selbst.
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In der Pandemie hat die Band auch einen Fanclub lanciert, bei dem die Fans monatliche Beiträge überweisen, 90 Prozent gehen direkt an die Musikerinnen und Musiker. Das hat sich bewährt, durchschnittlich zahlen die Fans 3.70 Franken pro Monat ein, rund 20’000 Franken kamen so dieses Jahr zusammen. Damit könne man die Miete für den Bandraum und das Lager zahlen.
Sängerin und Songschreiberin Janine Cathrein sagt: «Viele denken, Erfolg bringe das grosse Geld. Im Durchschnitt kommen wir bei null raus. Immer wieder legen wir drauf.»
Die Zukunft
Ab Februar sind Black Sea Dahu wieder unterwegs, mit Auftritten in Spanien und Portugal. Für 2024 stehen neue Regionen auf dem Plan, Holland, Belgien, Skandinavien. Der Aufbau in Gegenden, wo die Band nicht so bekannt ist, kostet allerdings. Ein Beispiel: In Kopenhagen haben Black Sea Dahu dieses Jahr in einem ausverkauften Konzert vor 200 Leuten gespielt. Mit Anreise und Personal legen sie für einen solchen Auftritt bis zu 4000 Franken drauf. «Aber wir können wieder auftreten», sagt Manager Ryser.
Sein Anspruch müsse es sein, dass die Band so lange touren könne, bis alle das Rentenalter erreicht hätten. Was es für einen solch nachhaltigen Erfolg bräuchte? Rund 35 Konzerte mit einer Auslastung von jeweils 800 Leuten, dazu die Festivals im Sommer, in einem Zyklus von zwei Jahren, sagt Ryser. «Dann könnten sie gut davon leben. Das können sie im Moment noch nicht wirklich, aber sie machen es trotzdem.» Auch in Übersee hat die Band Fans, Konzerte würden sich dort noch lange nicht rechnen – neben der Anreise kosten gerade in den USA auch die Arbeitsvisa für einen Tourtross mehrere Tausend Franken.
Wenn die Strategie weiter aufgeht, spielen Black Sea Dahu irgendwann nicht mehr in kleinen Clubs, in Orten wie Annemasse, Fulda oder Eupen. Sondern nur noch in den grösseren Städten mit überregionaler Ausstrahlung, wo die Fans auch von weiter weg anreisen. Mit weniger Konzerten mehr Menschen zu erreichen heisst letztlich: weniger Ausgaben.
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