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Aufstieg zum WM-Gastgeber
Nicht bloss im Fussball: Wie Saudiarabien im Weltsport zum grossen Player wurde

JEDDAH, SAUDI ARABIA - MARCH 09: Race winner Max Verstappen of the Netherlands and Oracle Red Bull Racing celebrates in parc ferme during the F1 Grand Prix of Saudi Arabia at Jeddah Corniche Circuit on March 09, 2024 in Jeddah, Saudi Arabia. (Photo by Bryn Lennon - Formula 1/Formula 1 via Getty Images)
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In Kürze:
  • Die WM 2034 ist bei weitem nicht der einzige Grossanlass, der in Saudiarabien stattfindet.
  • Der Aufstieg des Wüstenstaats im Weltsport hat System.
  • In einem 80-seitigen Programm mit dem Titel «Vision 2030» geht es längst nicht nur um Öl.

Unter anderem die Menschenrechtslage im Land würde ihn von einem Wechsel nach Saudiarabien abhalten, sagte Toni Kroos einmal. Wenn das Geld wichtiger als alles andere ist, «beginnt es schwierig zu werden für den Fussball, den wir alle kennen und lieben», so der Deutsche, der 2014 Weltmeister wurde und mit Real Madrid sechsmal die Champions League gewann. 

Statt in Saudiarabien also noch mal richtig abzukassieren, beendete Kroos im Sommer seine Karriere. Andere wie Cristiano Ronaldo oder Neymar folgten dagegen dem Lockruf des Geldes. Und nicht nur sie: Das wegen seiner Menschenrechtspolitik viel kritisierte Königreich ist durch immense Investitionen, weltweites Sponsoring und ein sportpolitisches Gross-Netzwerk längst ein Big Player im Sport. 

Die offizielle Vergabe der Fussball-WM 2034 an Saudiarabien beim Fifa-Kongress an diesem Mittwoch ist der vorläufige Höhepunkt dieses Aufstiegs – aber bei weitem nicht der Endpunkt. Saudiarabien träumt von Olympia, der rote Teppich wurde bereits ausgerollt.

Sportswashing oder echtes Interesse?

Das Internationale Olympische Komitee sicherte dem Golfstaat die Austragung der olympischen E-Sport-Spiele ab 2025 zu. Geradezu bizarr mutet es an, dass in dem Land mit dem subtropischen Klima auch die Asien-Winterspiele 2029 stattfinden werden. In einer Region, in der es nur sehr selten schneit.

Doch viel Geld macht auch hier viel möglich. Oder wie Kronprinz Mohammed bin Salman es ausdrückt: Man wolle den «Bergtourismus für die Welt neu definieren». Genau das ist – gemäss offizieller Sprachregelung – der Hauptgrund für die massiven Investitionen. 

Saudiarabien will seine Wirtschaft weniger abhängig vom Ölgeschäft machen. Im 80-seitigen Reformprogramm «Vision 2030», das 2016 der Öffentlichkeit vorgestellt wurde, spielen die Wirtschaftszweige Tourismus und Unterhaltung eine grosse Rolle. 

Hintergrund der Reform waren stark gefallene Ölpreise und sinkende Einnahmen aus dem Ölgeschäft. Saudiarabien ist einer der weltgrössten Produzenten und verfügte zuletzt über etwa 17 Prozent der weltweiten Reserven.

Im Rahmen der «Vision 2030» sollen andere Wirtschaftsbereiche wachsen, die im Königreich zuvor nur marginal oder so gut wie gar nicht existierten: Tourismus, Unterhaltung, Bildung, saubere Energie und Technologie. Neben Geldgebern aus dem Ausland ist das Programm dabei auf massive staatliche Investitionen angewiesen, die aber nach wie vor vom Ölgeschäft abhängen. Deshalb und wegen der aktuell niedrigen Ölpreise gibt es Zweifel, ob das Land die Reform überhaupt finanzieren kann.

Erfolg bei den Frauenrechten

Schlagzeilen macht dabei unter anderem die geplante Zukunftsstadt Neom, die am Roten Meer entstehen soll. Wenn private Investitionen aus dem Ausland weiterhin ausbleiben, müssten dieses und andere Projekte wohl hinausgezögert oder zurückgeschraubt werden. Aus der Regierung gibt es auf entsprechende Medienberichte bisher widersprüchliche Signale.

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Als einer der grössten Erfolge im Rahmen des Programms gilt die – zumindest teilweise – Stärkung der Frauenrechte. Die Erwerbstätigkeit von Frauen ist deutlich gestiegen, sie brauchen auch seltener die Erlaubnis eines männlichen Vormunds, etwa bei der Führung eigener Unternehmen. 2017 wurde im Rahmen der gesellschaftlichen Öffnung auch ein Frauen-Fahrverbot gekippt.

Doch dem Königreich wird vorgeworfen, mit dem Engagement von Verstössen gegen Menschenrechte ablenken zu wollen. So oder so: Der Sport ist bei der Strategie ein wichtiges Mittel. 

Topstars und Topevents in Saudiarabien

Nach einer Studie der Initiative «Play the Game» des Dänischen Instituts für Sportstudien hat Saudiarabien im Weltsport mehr als 900 Sponsorenverträge abgeschlossen. Etwa ein Drittel der Deals seien aus dem saudischen Investmentfonds PIF bezahlt worden. Dieser wurde eigens zur Umsetzung der «Vision 2030» gegründet und umfasst schätzungsweise 650 Milliarden Euro. Und das zahlt sich aus. 

JEDDAH, SAUDI ARABIA - DECEMBER 6: Cristiano Ronaldo of Al Nassr and Karim Benzema of Al Ittihad talk prior the Saudi Pro League match between Al-Ittihad v Al-Nassr at King Abdullah Sports City on December 6, 2024 in Jeddah, Saudi Arabia. (Photo by Yasser Bakhsh/Getty Images)

Fussballstars setzen die heimische Liga ins Scheinwerferlicht. Spaniens und Italiens Topligen tragen ihre Supercups in Saudiarabien aus. Und der englische Premier-League-Club Newcastle United gehört über den PIF faktisch dem saudischen Staat. In Jidda drehen seit 2021 die Formel-1-Boliden ihre Runden. In Riad finden die wichtigsten Boxkämpfe statt. Die LIV Golf Invitational Series macht der etablierten amerikanische PGA-Tour mit teilweise hohen dreistelligen Millionenbeträgen Topstars streitig.

Schlägt Geld die Moral?

Im Tennis sorgte zuletzt das sportlich bedeutungslose Show-Turnier Six Kings Slam in Riad wegen der Antrittsprämie von je 1,5 Millionen US-Dollar für Aufsehen. In Saudiarabien fanden in diesem Jahr auch erstmals die WTA-Finals der acht besten Tennisspielerinnen statt. Für die Ikonen Chris Evert und Martina Navratilova war das «unvereinbar mit dem Spirit und dem Auftrag des Frauentennis und der WTA».

Menschenrechtsorganisationen kritisieren die Menschenrechtslage in Saudiarabien immer wieder scharf. Im jüngsten Bericht von Human Rights Watch mit dem Namen «Stirb zuerst, und ich bezahle Dich später» werden etwa Zwangsarbeit, Lohndiebstahl, Arbeit bei extremer Hitze und fehlender Rechtsschutz bei Arbeitsmigranten angeprangert.

WM als Katalysator für Veränderungen?

All das werde höchstwahrscheinlich dazu führen, dass auch die Fussball-WM 2034 «mit weitreichenden Rechtsverletzungen behaftet sein wird». Der Weltverband Fifa entgegnete in seinem Evaluationsbericht, dass die WM-Endrunde in zehn Jahren «als Katalysator für einige der laufenden und künftigen Reformen» dienen könne und dass sich Saudiarabien zur Einhaltung verschiedenster Standards in Menschenrechtsfragen verpflichtet habe.

Dass es um die Meinungsfreiheit in Saudiarabien aber noch nicht gut bestellt ist, erfuhr Toni Kroos am eigenen Leib. Beim in Riad ausgetragenen Supercopa-Halbfinal 2024 gegen Stadtrivale Atlético wurde der damalige Real-Profi wegen seiner kritischen Äusserungen bei praktisch jedem Ballkontakt ausgepfiffen.

DPA