Revolution im FrauenfussballDiese Trainerin verdient dreimal mehr als Murat Yakin
Emma Hayes übernimmt die US-Frauen und wird bestbezahlte Trainerin der Welt. Was das mit Equal Pay zu tun hat – und was die Engländerin so speziell macht.
Es ist ein Rekord. Einer, der möglich gemacht wird durch eine Zahl, die noch vor ein paar Jahren als unerreichbar galt. Sobald Emma Hayes nächsten Sommer das US-Frauennationalteam übernimmt, wird sie zur bestbezahlten Fussballtrainerin der Welt.
2 Millionen Dollar pro Jahr soll die englische Erfolgstrainerin der Frauen des FC Chelsea von da an erhalten, also rund 167’000 Dollar im Monat. Ihr Fixlohn wird beinahe dreimal so hoch sein wie jener von Murat Yakin, dem Schweizer Nationaltrainer. Jenen von Inka Grings, die letzte Woche als Trainerin der Schweizer Frauen abgesetzt wurde, hätte ihr Gehalt gar um das x-Fache überstiegen. Die Bestmarke zeigt, welchen Stellenwert sich der Frauenfussball – zumindest in gewissen Ländern – erarbeitet hat.
Dass das bahnbrechende Engagement in den USA zustande kommt, überrascht nicht. Das Land hat im Frauenfussball schon lange eine Vorreiterrolle inne. So schloss etwa die amerikanische Profiliga, die National Women’s Soccer League (NWSL), kürzlich einen neuen TV-Vertrag ab, der ihr ab 2024 während vier Jahren insgesamt 240 Millionen Dollar einbringen soll. Der aktuelle, auslaufende Dreijahresvertrag beschert der Liga lediglich rund 6 Millionen Dollar, also vierzigmal weniger. Auch das ist ein Quantensprung.
Hayes verdient gleich viel wie ihr männliches Pendant
Zudem hatte der US-Verband vor bald zwei Jahren eingewilligt, die Prämien des Männer- und Frauenteams anzugleichen – Stichwort: Equal Pay. Andere Nationen zogen nach, so ermöglichte im Sommer 2022 die Credit Suisse als Hauptsponsorin des Schweizerischen Fussballverbands (SFV), den Nationalspielerinnen die gleichen Prämien auszuzahlen wie den Männern. Zuvor hatten diese 4,5-mal mehr als die Frauen erhalten.
Equal Pay gilt vorab für die Prämien, schliesslich sind diese der Schlüssel, um Nationalspielerinnen zu entlöhnen. Das macht Hayes’ Lohn umso spezieller: So verdiente Vlatko Andonovski, der nach dem enttäuschenden Abschneiden an der WM vergangenen Sommer als Trainer der US-Frauen abgesetzt wurde, nur rund 450’000 Dollar im Jahr. Gregg Berhalter, der Coach der US-Männer, hingegen, wie die Zahlen des Verbandes 2022 zeigten, fast das Vierfache.
Berhalters Vertrag wurde kürzlich verlängert, er dürfte nun knapp 2 Millionen Dollar erhalten, also etwa so viel, wie sein Pendant Hayes das bald tun wird. Laut dem Onlineportal «The Athletic» ist aber nicht Equal Pay der Grund für die Lohnparität, vielmehr würden die Verantwortlichen des US-Verbandes davon ausgehen, dass der künftige Lohn der Engländerin ihrem Marktwert entspricht.
Achten auf Menstruationszyklus und die Familie
Allein diese Argumentation zeigt, welche Ausnahmefigur Hayes ist. Die 47-Jährige ist seit 2012 Trainerin von Chelsea, sie hat in dieser Zeit fünfmal den FA-Cup und sechs Meisterschaften gewonnen, zuletzt vier davon in Serie. 2021 wurde sie von der Fifa zur besten Trainerin des Jahres gekürt.
Aber sie prägt den Sport nicht nur mit ihren Erfolgen. Sie ist quasi das Sinnbild für die Förderung des Frauenfussballs. So hat Chelsea ab 2020 als weltweit erstes Profiteam überhaupt das Training nach dem Menstruationszyklus der Spielerinnen gerichtet. Die Absicht: die Verletzungsgefahr minimieren und die Leistungsfähigkeit steigern. Heute ist dieses Vorgehen weitverbreitet, unter anderem achtet auch das Schweizer Nationalteam darauf.
Zudem setzt sich Hayes für die Vereinbarkeit von Familie und Profifussball ein. Als ihre Spielerin bei Chelsea, Melanie Leupolz, bekannt gab, schwanger zu sein, sorgte die Trainerin dafür, dass Chelsea den Vertrag mit der deutschen Nationalspielerin verlängerte – zu besseren Konditionen. Und Hayes richtete Leupolz aus, sie könne nach der Geburt so lange in Deutschland bleiben, wie sie wolle.
Hayes ist selbst Mutter, sie hat einen fünfjährigen Sohn. Mehr Zeit mit diesem zu verbringen, führte sie als Grund auf, nächsten Sommer Chelsea nach 12 Jahren zu verlassen und in die USA überzusiedeln. Sie habe für lange Zeit dem Verein «ihr Leben gewidmet». Doch unter den resultierenden Belastungen leide immer mehr das Familienleben. Allein die täglichen Fahrtstrecken würden wegen des Londoner Verkehrs vier Stunden einnehmen, sagte sie letzte Woche bei ihrem ersten Auftritt nach der Bekanntgabe ihres bevorstehenden Wechsels.
Ihr Gehalt war da noch nicht bekannt. Wie sich nun zeigt, lohnt sich für sie der Schritt auch finanziell.
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