Trennung von Inka GringsUmstrittene Fussball-Nationaltrainerin muss gehen
Nach weniger als einem Jahr trennen sich der Schweizerische Fussballverband und die 45-Jährige – laut Medienmitteilung «einvernehmlich».
Inka Grings ist nicht mehr Trainerin des Schweizer Nationalteams der Frauen. Das vermeldet der Verband am Freitagnachmittag. Am Montag hätte Grings ihr Aufgebot für die kommenden Nations-League-Spiele gegen Schweden und in Italien bekannt geben sollen. Nun endet die Zusammenarbeit früher, einvernehmlich, so heisst es in einer Medienmitteilung.
Grings wird folgendermassen zitiert: «Um – aufgrund der aktuellen Ereignisse – Druck von Mannschaft und Verband zu nehmen, habe ich mich schweren Herzens zu diesem Schritt entschieden.» Es sei ihr eine Ehre gewesen, die Schweiz international vertreten zu dürfen.
Grings war seit dem 1. Januar Nationaltrainerin, sie folgte auf den Dänen Nils Nielsen. 14 Spiele lang betreute sie das Team, unter anderem während der WM im Sommer in Australien und Neuseeland – dabei gelang ihr nur ein Sieg, ein 2:0 gegen die Philippinen. Tiefpunkt war das 1:5 im Achtelfinal gegen die späteren Weltmeisterinnen aus Spanien.
Auch – oder gerade – zuletzt lief es nicht: In den jüngsten vier Nations-League-Spielen verlor die Schweiz viermal, schoss dabei nur ein Tor und kassierte stattdessen 14 Treffer. Eineinhalb Jahre vor der Heim-EM hat sie den Anschluss an die erweiterte Spitze verloren.
Die Resultate sind eine Sache. Eine andere Sache sind in Deutschland aufgetauchte Vorwürfe, die nichts mit dem Fussball zu tun haben und den Schweizer Verband überraschten. Das könnte den Zeitpunkt der Trennung erklären.
Denn es scheint, dass der Verband Grings ursprünglich noch eine Chance geben und zumindest das Kalenderjahr 2023 durchbringen wollte. Ein versöhnliches Ende könnte es sportlich gesehen nur noch dann geben, wenn die Schweiz gegen Schweden und Italien mindestens vier Punkte holt. So könnte sie den Abstieg aus der höchsten Liga der Nations League verhindern. Angesichts des Formstandes ist das allerdings unwahrscheinlich.
Der Zwist mit Teamleaderin Crnogorcevic
Gegen Grings sprach auch, dass es im Nationalteam schon länger brodelt. Die Trainerin soll sich mit einigen Spielerinnen gar nicht mehr verstanden haben, heisst es aus dem Umfeld der Equipe, allen voran mit Ana-Maria Crnogorcevic. Bereits an der WM soll es zu Meinungsverschiedenheiten zwischen den beiden gekommen sein –- fachlich sowie auch menschlich hatten sie Differenzen.
Nach der WM verzichtete Grings darauf, Crnogorcevic für den ersten Zusammenzug in der Nations League aufzubieten. Offizielle Begründung: Crnogorcevic müsse sich auf die Suche nach einem neuen Verein konzentrieren. Später ergänzte Grings, sie haben in jenem Zusammenzug vermehrt auf junge Spielerinnen setzen wollen. Crnogorcevic sagte in einem Interview, sie hätte keine Pause gebraucht und sich mehr Rückendeckung gewünscht.
Gegenüber dieser Redaktion bestätigten mehrere Quellen, dass die Version von Grings nicht stimmte und Crnogorcevic mit dem Nicht-Aufgebot für ihre Kritik an der Trainerin bestraft wurde. Die Berner Oberländerin gilt als meinungsstark, ihrer Ansicht nach wäre gerade beim krachenden WM-Out gegen Spanien eine bessere Performance dringelegen.
Beim zweiten Zusammenzug gehörte Crnogorcevic, die Anfang September vom FC Barcelona zu Atlético Madrid wechselte, wieder zum Aufgebot. Gemeinsam war Grings mit Marion Daube, der Direktorin für Frauenfussball im Verband, nach Madrid geflogen, um sich mit der Teamleaderin zu unterhalten. Als Grings zurückkam und ihr Aufgebot bekannt gab, sprach sie von einem guten Gespräch unter Erwachsenen. Crnogorcevic selbst wollte sich nicht zum Inhalt des Gesprächs äussern.
Im Rahmen der Nations League traf die Schweiz erneut auf Spanien – und lief in ihre schlimmste Niederlage. 1:7 verlor Grings’ Team im Letzigrund, zu reden gab eine Szene, in der Grings und ihre Führungsspielerinnen, neben Crnogorcevic sind dies vor allem Lia Wälti und Ramona Bachmann, energisch diskutieren.
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Im Video, das entstand, als Goalie Livia Peng gepflegt werden musste, ist zu sehen, wie Crnogorcevic die Diskussion ebenfalls sucht. Anders Viola Calligaris und Lia Wälti, die vielsagende Blicke austauschen. Wälti schliesslich entfernt sich darauf, sichtlich entnervt. Es war ein weiteres Zeichen dafür, dass es zwischen Trainerin und Spielerinnen nicht stimmt.
Nach der Partie nahm Grings die Spielerinnen in die Verantwortung, sagte, es hätten sich nicht alle an den Plan gehalten und dass es beim nächsten Zusammenzug, also jenem, der jetzt ansteht, neue Gesichter geben würde. Im Umfeld des Teams wird seither spekuliert, ob Crnogorcevic wieder nicht im Aufgebot stehen könnte.
Gut möglich, dass es dann zum Eklat gekommen wäre. Ein Nicht-Aufgebot wäre wohl das Ende von Crnogorcevics Nationalteam-Karriere mit Grings als Trainerin gewesen. Denn wie es aus dem Umfeld des Teams auch heisst, hat Grings bis auf die Aussprache in Madrid in den letzten Monaten kaum ein Wort mit der Stürmerin gewechselt – ausser eben jenen Worten, die während des Spiels von den TV-Kameras eingefangen wurden.
Und so hat der Verband diesem Zwist gerade noch den Wind aus den Segeln genommen.
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