Prominente PartnerschaftFürstliche Millionen für Schweizer Klimaschutz-Pionier
Renat Heuberger realisiert seit 20 Jahren Projekte im Umweltbereich. Eine finanzielle Unterstützung aus Liechtenstein gibt seiner Firma nun zusätzlichen Schub.
Wer im Klimaschutz tätig ist, braucht Geduld und eine hohe Frustrationstoleranz. Doch es gibt positive Nachrichten aus dem Nachhaltigkeitssektor. Das Klimaschutzunternehmen South Pole mit Hauptsitz in Zürich kann eine prominente Partnerschaft vermelden: Die liechtensteinische Anlagegesellschaft Lightrock erwirbt für rund 25 Millionen Franken 10 Prozent des Schweizer Umweltpioniers und ermöglicht diesem damit den nächsten Entwicklungsschritt.
Hinter Lightrock steht die LGT-Bank und damit das Fürstenhaus von Liechtenstein, das sich offenbar den Klimaschutz auf die Fahne geschrieben hat.
Für Renat Heuberger, Gründer und Chef von South Pole, ist das Engagement des prominenten Partners symptomatisch für ein Umdenken in der Wirtschaft. Als der Umweltwissenschaftler vor knapp 20 Jahren mit ein paar ETH-Studienkollegen die Stiftung Myclimate gründete und so die freiwillige CO2-Kompensation für Reisende lancierte, erschien es als utopisch, im Nachhaltigkeitsbereich ein finanziell schlagkräftiges Unternehmen aufzubauen.
«Wer Geld verdienen wollte, ging zu den grossen Firmen, ein paar Idealisten kämpften in der Start-up-Nische für mehr Umweltschutz.»
«Wer Geld verdienen wollte, ging zu den grossen Firmen, ein paar Idealisten kämpften in der Start-up-Nische für mehr Umweltschutz», erinnert sich Heuberger. Seinem Unternehmen South Pole erging es zunächst nicht viel anders. Er gründete es 2006 und verzeichnete erste Erfolge, dann kam die Finanzkrise und der Klimaschutz rutschte weit nach hinten auf den Prioritätenlisten der Manager.
Heute kann Heuberger sagen, South Pole sei «klarer Weltmarktführer» in der Entwicklung von Klimaschutzprojekten und der Beratung von Firmen in Sachen Nachhaltigkeit. Das Unternehmen beschäftigt 500 Angestellte in 19 Ländern und unterstützt fast 1000 Projekte in über 50 Ländern, die Treibhausgase einzusparen helfen.
Das Spektrum reicht von Wald- und Mangrovenschutz über klimafreundliche Landwirtschaft, Abfallmanagement und Recycling, Biogas und Biomassenutzung, Elektromobilität, Energieeffizienzprojekte und Investitionen in erneuerbare Energien. Ein Teil der Projekte wird über die Kompensation von CO2-Verursachern finanziert.
«Mit diesen Geldern helfen wir beispielsweise Kakaobauern in Ghana, von der umweltbelastenden Monokultur wegzukommen und zusätzlich Bäume wie Bananen anzubauen, die Schatten spenden und CO2 binden», sagt Heuberger. Für solche Vorhaben finde sich – speziell in Entwicklungsländern – sonst kaum eine Finanzierungsmöglichkeit.
Unternehmen in Nachhaltigkeit beraten
Ein zweites wichtiges Standbein von South Pole ist die Beratung von Unternehmen in Nachhaltigkeitsfragen. Rund 3000 Firmen hören laut Heuberger auf die Expertise von South Pole, darunter mehr als die Hälfte der 500 grössten Unternehmen der Welt.
In der Schweiz arbeitet South Pole zum Beispiel eng mit Coop, Nestlé und dem Onlinehändler Digitec Galaxus zusammen. Wer bei Galaxus ein Produkt anwählt, kann die Umweltkosten, die er damit verursacht, mit einem Klick kompensieren. Den CO2-Fussabdruck der Waren hat South Pole berechnet.
Ein Unternehmen, das heute keine klare Klimastrategie habe, riskiere unangenehme Fragen von Angestellten, Kunden und Öffentlichkeit, sagt Heuberger. Wer sich hingegen aktiv mit dem Thema auseinandersetze, verbessere oft auch die Geschäftsmodelle.
«Immer mehr Manager haben begriffen, wie wichtig der Beitrag ihres Unternehmens zum Klimaschutz ist.»
So hat South Pole den Getränkekonzern Heineken in Vietnam beim Umstieg auf Grünstrom begleitet. Dank der Zusammenarbeit konnte in diesem wichtigen Markt ein neues Windkraftwerk gebaut werden. Heineken profitiert als Mitinitiant von Stromversorgungssicherheit zu attraktiven Preisen. «Immer mehr Manager haben begriffen, wie wichtig der Beitrag ihres Unternehmens zum Klimaschutz ist», sagt Heuberger.
Natürlich geht es dabei auch um die Reputation und ums Geschäft. Beim deutschen Elektrokonzern Bosch habe der Konzernchef kürzlich der Konzernleitung eröffnet, er habe das Ziel, mit dem gesamten Unternehmen bis 2030 klimaneutral zu werden, erzählt Heuberger. Die Konzernleitung habe nicht die Hände verworfen, sondern geantwortet, das müsse schon bis 2025 möglich sein.
Coop mit internem CO2-Preis
Das Lebensmittelunternehmen Danone hat sich jüngst als B-Corp zertifizieren lassen, eine Verpflichtung, die sozialen und ökologischen Impact ebenso hoch gewichten wie den Shareholder-Value. Bei Coop sei intern ein CO2-Preis festgelegt worden, und dieser müsse zwingend in jede Profitabilitätsrechnung einbezogen werden, erzählt Heuberger.
Bei Ausbruch der Corona-Krise hatte Renat Heuberger befürchtet, die Klimaschutz-Aktivitäten würden ähnlich wie nach der Finanzkrise aufs Eis gelegt oder drastisch heruntergefahren. Doch der Druck auf Wirtschaft und Politik sei glücklicherweise hoch geblieben, unter anderem dank der Fridays-for-Future-Bewegung und dem europäischen Green Deal.
In der Schweiz versuchten selbst die bürgerlichen Parteien, die lange über die Ökoaktivisten gelacht hätten, das Thema zu besetzen. Klimaschutz werde nicht mehr als Wirtschaftsbremse, sondern vermehrt als Innovationstreiber gesehen. Heuberger, der auch bei Innosuisse im Innovationsrat sitzt, sagt, er erhalte dort jeden Monat rund 20 Projektanträge von jungen Wissenschaftlern mit beeindruckenden unternehmerischen Ideen.
Deutlich mehr Firmenkunden als Ziel
Was aber hat das liechtensteinische Fürstenhaus zum Einstieg bei South Pole bewogen? Die Fürstenfamilie habe sich bisher eher im sozialen Bereich engagiert, sagt Heuberger. Prinz Max von und zu Liechtenstein habe ihm in mehreren Gesprächen erläutert, wie wichtig es sei, auch im Umweltbereich durch ein signifikantes Investment einen Beitrag zu leisten.
Die Millionen aus der Lightrock-Beteiligung will Heuberger dazu nutzen, weitere lokale Organisationen aufzubauen, mehr Kompensationsprojekte zu realisieren und die Zahl der Firmenkunden von 3000 auf gegen 10’000 zu erhöhen.
Das Corona-Krisenjahr 2020 war das beste Geschäftsjahr von South Pole. Dank dem zusätzlichen Geldschub soll 2021 nochmals ein grosser Schritt vorwärtsgemacht werden. Derzeit sind über 300 Projekte in der Pipeline. Für Renat Heuberger scheint sich die Geduld und die hohe Frustrationstoleranz, die er zu Beginn brauchte, nun auszubezahlen.
Mathias Morgenthaler war Wirtschaftsredaktor bei Tamedia und ist heute als Autor, Coach und Referent tätig. Er ist Autor der Bestseller «Aussteigen – Umsteigen» und «Out of the Box» und Betreiber des Portals www.beruf-berufung.ch
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