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Sebastian Vettels tiefer Fall
Für den Vierfach-Weltmeister gibt es nur noch Mitleid

Grosse Sorgenfalten: Der Auftakt in Bahrain misslingt Sebastian Vettel komplett. 
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Sie verhöhnen und kritisieren ihn. Oder noch schlimmer: Sie haben Mitleid mit ihm. Mit Sebastian Vettel, vierfacher Weltmeister in der Formel 1. Lange ist es her, dass der Deutsche bei Red Bull in der Blüte seines Schaffens stand. Das Bild, das der 33-Jährige vor drei Wochen beim Saisonstart in Bahrain abgab, war nur noch das: kümmerlich.

18. im Qualifying war Vettel geworden, später zurückversetzt ans Feldende, weil er unter gelber Flagge zu schnell gewesen war. Im Rennen folgte eine belanglose Fahrt im hinteren Mittelfeld, bis er in den Alpine von Esteban Ocon krachte und den Franzosen in der ersten Ohnmacht auch noch dafür verantwortlich machte. Es war ein peinlicher Moment in der langen Karriere von Sebastian Vettel, die all ihren Glanz zu verlieren droht – das glauben jedenfalls ehemalige Piloten und heutige Fernsehexperten.

«Er versucht, Dinge zu beweisen, die nicht möglich sind, weil das Auto oder die eigene Form nicht gut genug ist.»

Gerhard Berger, Ex-Formel-1-Fahrer

David Coulthard: «Er hat einfach das gewisse Extra verloren, und ich weiss nicht, wie er das wiederfinden will.» Ralf Schumacher: «Das Leben ist kein Ponyhof. Ich will gar nicht wissen, ob er sich wohlfühlt oder ob sich das Auto anders lenkt.» Und: «Es tut mir leid für Sebastian.» Damon Hill: «Es ist grausam, was derzeit mit ihm passiert. Mir kommt es vor, als würde er psychisch auf Zehenspitzen balancieren. Man hat immer den Eindruck, dass er leicht zögerlich vorgeht.» Gerhard Berger: «Er ist am Ende seiner Karriere angelangt.» Und: «Er versucht, Dinge zu beweisen, die nicht möglich sind, weil das Auto oder die eigene Form nicht gut genug ist.»

Es hätte doch alles besser werden sollen

Vettel arbeitet weiter an der Demontage seines trotz zahlreicher und wiederkehrender Fahrfehler noch immer ordentlichen Rufs. Dabei hätte doch alles besser werden sollen. Nachdem sie ihn bei Ferrari nach sechs Jahren und einer desaströsen Saison mit WM-Rang 13 weggejagt hatten, weil er längst nicht mehr die Führungsrolle übernehmen konnte und vom jungen Charles Leclerc überflügelt worden war, kam er bei Aston Martin unter. Die Rückkehr des klingenden Namens in den Motorsport hätte glanzvoll werden sollen – und Vettel der Botschafter mit Starappeal.

Racing Point hatte das Team im Vorjahr noch geheissen und ein vorzügliches Rennjahr gezeigt. Vierter war es geworden in der WM. Als es dann Aston Martin hiess und Vettel als neuer Fahrer neben Teambesitzer-Sohn Lance Stroll vorgestellt wurde, waren die Töne noch gross. Der Deutsche bringe «eine Gewinnermentalität mit, die zu unseren künftigen Ansprüchen passt», posaunte Teamchef Otmar Szafnauer. «An einem Samstag- oder Sonntagnachmittag ist Sebastian einer der Besten der Welt, ich könnte mir keinen passenderen Fahrer vorstellen, um uns in diese neue Ära zu führen.» Der Hochgelobte selber sprach davon, «dass wir gemeinsam etwas Besonderes aufbauen können». Und sagte: «Meine einzige Motivation ist es, an der Spitze des Feldes zu fahren.»

Es brauchte genau ein Rennen, um all die schönen Worte lächerlich wirken zu lassen. Natürlich ist noch gar nichts entschieden, ist Imola an diesem Wochenende nur Station 2 von 23. Nur dürfte dem Team zu denken geben, wie sich Fahrzeug und Fahrer am ersten Wochenende präsentierten.

2020 noch fuhr Racing Point gut damit, den Vorjahres-Mercedes kopiert zu haben – was zu grosser Polemik geführt hatte. Nun wird das eher zur Hypothek, weil es eine Reglementsänderung für den Unterboden gab, die vor allem der Bauweise des Mercedes nicht bekommt. Ein Dreieck musste vor dem Hinterrad in den Unterboden geschnitten werden, dadurch reduziert sich der Anpressdruck und wird das sonst so stabile Heck des Mercedes oder eben Aston Martins nervös. Es ist, womit Vettel auch in der Vergangenheit nie zurechtkam. Nichts hasst er mehr, als wenn das Heck ausbricht.

«Ich fühle mich nicht zu Hause im Auto. Viele Dinge kämpfen gegen mich, sodass ich mich nicht aufs Fahren konzentrieren kann.»

Sebastian Vettel

Nach der missglückten Premiere sagte er: «Ich fühle mich nicht zu Hause im Auto. Viele Dinge kämpfen gegen mich, sodass ich mich nicht aufs Fahren konzentrieren kann.» Szafnauer versuchte, seinen Fahrer aufzumuntern. «Wir sollten auch mal das Positive sehen», sagte der Rumäne. «Vettel ging als Letzter ins Rennen und fuhr eine Weile in den Top 10. Seine Rundenzeiten waren nicht weit weg von jenen Lance Strolls.»

Nun hat dieser Lance Stroll in der Szene allerdings einen zweifelhaften Ruf. Er ist in den Köpfen vieler noch immer der Crashpilot von einst. Natürlich hat sich der 22-jährige Kanadier in seinen vier Jahren in der Formel 1 entwickelt, ist er konstanter und schneller geworden, kennt er Auto und Team besser als Vettel. Nur dürfte er nie und nimmer ein Gradmesser sein für einen vierfachen Weltmeister mit den Ansprüchen eines Sebastian Vettel. Stroll war am ganzen Rennwochenende schneller als sein neuer Teamkollege und holte als Zehnter einen Punkt. Es war für Vettel die nächste Demütigung.

Den beiden wird nun noch ein neuer Pilot zur Seite gestellt: Nico Hülkenberg, 179-facher Formel-1-Pilot, bei Force India – dem Vorgänger von Racing Point – für vier Jahre engagiert. Und im letzten Jahr dreimal im Einsatz für die an Corona erkrankten Stroll und Sergio Pérez. Beim einen Rennen konnte der Deutsche wegen eines technischen Defekts nicht starten, die beiden anderen beendete er auf den Plätzen 7 und 8. Er soll die Entwicklung des Autos vorantreiben – auch im Hinblick auf 2022, wenn die grosse Regeländerung kommt. Doch es klingt auch nach Druck auf oder vielleicht gar nach Misstrauen gegenüber Vettel, wenn Teamchef Szafnauer sagt: «Es ist fabelhaft, dass Nico wieder für uns arbeitet. Das sind komplizierte Zeiten, und es ist beruhigend zu wissen, dass wir auf ihn bauen können.» Hülkenberg sagt: «Natürlich hoffe ich, dass Sebastian und Lance die ganze Saison durchfahren können. Aber das Team weiss, dass es sich auf mich verlassen kann, dass ich einspringe und hervorragende Arbeit leiste.» Es ist noch so etwas, was Sebastian Vettel nicht ausstehen kann: wenn er unter Druck steht.

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