Vincenz-ProzessFünf Stunden Plädoyer für einen Freispruch
Statt die Spesen stellt Vincenz’ Verteidiger die mutmasslichen Beteiligungsgeschäfte seines Klienten in den Mittelpunkt seines Plädoyers. Aus gutem Grund.

Anwalt Lorenz Erni ist medialen Rummel gewohnt. Schliesslich verteidigte er bereits illustre Persönlichkeiten wie den Regisseur Roman Polanski. Am Freitag widersprach Erni mit der Ruhe und der Präzision eines Uhrwerks der Anklage gegen seinen Mandanten Pierin Vincenz Punkt für Punkt.
Angekündigt waren vier Stunden Plädoyer. Es wurden über fünf. Zu Beginn wollte Erni zunächst das Bild seines Mandanten korrigieren: «Er hat sehr viel bewegt. Raiffeisen wäre nicht Raiffeisen ohne ihn», eröffnete Erni seine Verteidigungsrede mit einem Zitat des früheren Raiffeisen-Finanzchefs Marcel Koller über Vincenz’ gute Arbeit als Raiffeisen-Chef.
«Erfolg hat Neider», führte er fort. Und ging damit auf den Anfangspunkt der Affäre zurück: Dank einer bis heute unaufgeklärten Verletzung des Bankgeheimnisses wurden «Inside Paradeplatz» Geldflüsse zwischen Beat Stocker und Pierin Vincenz durchgestochen, was den Fall ins Rollen brachte.
Spesen nur als Nebenaspekt
Während sich die Staatsanwaltschaft zunächst mit den Spesenausgaben in Bars und Clubs von Vincenz beschäftigte, liess Erni diesen Punkt zunächst beiseite. Aus gutem Grund: Denn hier dürfte die Verteidigung den schwersten Stand haben. Erni räumte nur einige «Fehlbuchungen» ein, beharrte aber auf der Version, dass die Club-Ausgaben geschäftlich bedingt waren.
Gleichzeitig ist strafrechtlich der Spesenpunkt eher Beilage: Das Hauptmenü sind die Vorwürfe, dass Vincenz mit den Schattenbeteiligungen seine Arbeitgeber hintergangen habe. Hier geht es um Betrug und um eine mögliche Freiheitsstrafe.
Erni nahm die Beweisführung der Staatsanwaltschaft ausführlich auseinander, die nur ein «Sammelsurium» statt Beweise vorgelegt habe: GCL, Investnet, Eurokaution – nirgends gebe es einen Beleg dafür, dass hier Vincenz wirklich beteiligt gewesen sei. Sein Fazit: «Herr Vincenz ist von allen Anklagepunkten freizusprechen.»
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