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«Super Geschäft» für Start-up
Fresspäckli gegen den Homeoffice-Frust

Ein Fresspäckli für Angestellte im Homeoffice.

Hier machen Profis, was andere am Vorabend vor Weihnachten tun: Geschenke verpacken. In einer Lagerhalle in Zürich-West etikettiert Firmengründer Thomas Bösch Pakete. Eine Versicherung hat bei seiner Firma Earlybird 400 Apéro-Päckli bestellt – Currynüsse, Bier und Prosecco –, die in Kartonkisten versorgt, adressiert und dann per Post ins Homeoffice der Angestellten geliefert werden.

In den letzten Monaten hatte Bösch mehr als genug zu tun. Denn verschiedenste Firmen versuchten, ihre Mitarbeitenden bei der ermüdenden Remote-Arbeit bei Laune zu halten. Die Krankenkasse KPT etwa verschickte im Frühling 2021 all ihren 600 Angestellten einen «Buurechorb» mit lokalen Berner Köstlichkeiten nach Hause. «Solche kleine Gesten sind wichtig und sicherlich ein schönes, wertschätzendes Zeichen für die Mitarbeitenden», sagt KPT-Sprecher Beni Meier.

Im Militär oder im Pfadilager nennt man solche Lieferungen Fresspäckli. Im Denglisch der Pandemiewirtschaft haben sie einen neuen Namen erhalten: Care-Pakete.

Boom vor Weihnachten

Sie haben etablierten Firmen in den letzten Monaten geholfen, ungenutzte Kapazitäten auszufüllen. So hat die SV Group, die grösste Kantinenbetreiberin im Land und seit Beginn der Pandemie unterbeschäftigt, in der Vorweihnachtszeit 3000 Geschenkboxen verschickt. 

Kleinfirmen wie das Start-up Earlybird hat das Geschäftsmodell mit Care-Paketen sogar durch die Pandemie gerettet: Bösch hatte die Firma mit zwei Partnern 2017 gegründet, also deutlich vor der Pandemie. In ihren ersten Jahren belieferten sie Firmen mit Esswaren, wenn diese an Meetings Frühstück oder Mittagessen anbieten wollten. Auch wer seinen Angestellten einen Früchtekorb zum gesunden Naschen im Büro bieten wollte, konnte sich von Earlybird beliefern lassen.

Das Geschäft lief gut. Als die Pandemie einschlug, stand es aber von einem Tag auf den anderen still. Die Gründer meldeten Kurzarbeit an – und erfanden als Ausweg aus der Misere mit den Care-Paketen eine neue Dienstleistung. Die Kunden sind Firmen aus der ganzen Schweiz, manchmal aber auch Privatpersonen, die Freunden etwas Gutes tun wollen.

«Schon die Anlieferung der riesigen Boxen war ein Happening und wurde von den Angestellten intern und auf Instagram intensiv geteilt.»

Nina Bieli, Jung von Matt

Auf der Website bietet Earlybird verschiedene Kombinationen an: Eine Portion Erdnüsse und ein Flaschenbier (Sprint von Turbinenbräu) gibt es für 15 Franken (exklusive Versand). Das Geschenkset Grand Celebration mit Champagne Billecart-Salmon, zwei Gläsern, Biomandeln mit Meersalz, Truffes und Wunderkerzen kostet 250 Franken.

Zudem stellt Earlybird Pakete auf Kundenwunsch zusammen. Für die Kommunikationsagentur Jung von Matt Limmat mit zurzeit 150 Mitarbeitenden verschickte die Firma 2020 als Ersatz für das ausgefallene Weihnachtsfest einen individuell gestalteten Adventskalender. «Er sollte alle Mitarbeitenden jeden Tag mit einem kulinarischen Geschenk überraschen», sagt Nina Bieli von Jung von Matt. «Schon die Anlieferung der riesigen Boxen war ein Happening und wurde von den Angestellten intern und auf Instagram intensiv geteilt.»

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Earlybirds ursprüngliches Geschäft war es, Firmen mit Essen zu beliefern – deswegen investierten die Gründer auch viel Geld in eine Grossküche. 
Optimistisch trotz Homeoffice-Ende: Thomas Bösch beim Einpacken. 
Earlybirds ursprüngliches Geschäft war es, Firmen mit Essen zu beliefern – deswegen investierten die Gründer auch viel Geld in eine Grossküche. 

Ähnlich euphorisch klingt Bösch, wenn er sagt: «Die Homeoffice-Zeit war ein super Geschäft für uns.» 10’000 Care-Pakete hat Earlybird vergangenes Jahr verschickt. 

2022 werden es nicht so viele sein. Die Zeiten, in denen Unternehmen ihren Angestellten Fresspäckli gegen den Homeoffice-Koller schicken, sind bald vorbei. Der Bundesrat hat am Mittwoch die Aufhebung der Homeofficepflicht beschlossen. 

Gleichzeitig aber wird Homeoffice ein fester Bestandteil des Arbeitsalltags vieler bleiben. Es scheint darum ausgeschlossen, dass es im Büro wieder so betriebsam zu- und hergehen wird wie vor der Pandemie. Bösch rechnet damit, dass das Bestellvolumen für Verpflegung im Büro das Vorpandemie-Niveau nicht erreichen wird.

Trotzdem gibt er sich optimistisch: «Weder unser Geschäft von vor der Pandemie noch die Care-Pakete werden in den nächsten Monaten für sich wohl Spitzenwerte erreichen. Aber da wir beides weiterführen werden, werden wir bestimmt unsere Nische finden und ausgelastet sein.»