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Erweiterung des Freihandels
China könnte bei Menschen­rechten teilweise einlenken

Eine Absichtserklärung, die viel wert sein kann: Guy Parmelin (l.) und sein chinesischer Amtskollege Wang Wentao am Montag in Peking.
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Der Schweizer Wirtschaftsminister Guy Parmelin hat am Montagabend in einem Konferenzraum eines Pekinger Hotels mit seinem chinesischen Pendant Wang Wentao ein Dokument unterschrieben: Auf den ersten Blick handelt es sich dabei um eine Aneinanderreihung bedeutungsleerer Phrasen.

Doch kann dieses «Memorandum of Understanding» für die Volkswirtschaften der beiden Länder Dutzende Milliarden Franken wert sein. Unterstrichen wurde das durch die Anwesenheit Dutzender Schweizer Vertreterinnen und Vertreter aus Politik und Wirtschaft. Zudem ist das Papier, obwohl davon nichts darauf geschrieben steht, möglicherweise ein grosser Schritt in Richtung verstärkter Einhaltung von Nachhaltigkeitsstandards in China.

Das Dokument soll der Startschuss für offizielle Verhandlungen über eine Weiterentwicklung des bestehenden Freihandelsabkommens sein. Noch fehlt dazu, dass nach den Kantonen und der zuständigen Ständerats- auch die Nationalratskommission zustimmt. Das aber ist keine wirkliche Hürde.

Am Montag war es auf den Tag genau zehn Jahre her, dass das jetzige Freihandelsabkommen in Kraft getreten ist. Das Jubiläum ist der Hauptgrund für die fünftägige Reise von Bundesrat Parmelin und der Delegation durch China.

Hinter den Kulissen sind die Leitplanken gesetzt

Der Grossteil der Schweizer Exporte nach China im Wert von jährlich 15 Milliarden Franken unterliegt dank des heutigen Abkommens Zollerleichterungen. 5 Prozent der Exporte sind aber davon ausgenommen, und knapp die Hälfte ist nicht vollständig zollbefreit.

Hinter den Kulissen haben sich die Parteien bereits darauf geeinigt, in welchen Bereichen sie nun die Details verhandeln wollen. Unter anderem soll eine Erweiterung des Abkommens die Zollschranken für Produkte der Pharma-, der Uhren- oder der Maschinenindustrie weiter senken. 

Auf solche Erleichterungen darf China umgekehrt nicht hoffen: Die Schweiz hat bereit für das jetzige Abkommen alle Zölle auf chinesische Industrieprodukte abgeschafft, kann hier also nichts anbieten. Hingegen dürfte sie China entgegenkommen, wenn es zum Beispiel um Fragen der Sicherheit im elektronischen Handel oder Konformitätsprüfungen für Exportprodukte geht.

«Beide Seiten haben Interesse an einer Weiterentwicklung des bestehenden Abkommens», sagte Parmelin am Dienstag an einer Medienkonferenz vor chinesischen und Schweizer Journalisten. «Sonst gäbe es nichts zu verhandeln.»

Weiter erhofft sich China Erleichterungen bei der vorübergehenden Mobilität von Dienstleistungserbringern in der Schweiz. Weil sich das Schweizer Verhandlungsteam jedoch an Verfassungsartikel betreffend der Einwanderung halten muss, ist sein Spielraum hier sehr beschränkt. Ähnlich sieht es beim verstärkten Export von Agrargütern aus, den China sich wünscht: Hier gewichtet die Schweiz den Schutz ihrer Bauernschaft hoch.

Die Schweizer Unterhändler werden bei einem weiteren Verhandlungspunkt ebenfalls innenpolitische Zwänge geltend machen können. Ohne Zugeständnisse Chinas in Nachhaltigkeitsfragen dürfte eine Erweiterung des Abkommens eine mögliche Volksabstimmung in der Schweiz nicht überstehen.

Die Schweizer und die chinesische Seite trafen sich am Rande einer Wirtschaftskonferenz in Peking.

Die chinesische Seite ist darum bereit, so ist aus Verhandlungskreisen zu erfahren, über Kapitel zum Klima- und Arbeitnehmerschutz zu verhandeln. Bei letzteren geht es um die Anwendung von Standards der Internationalen Arbeitsorganisation ILO, zu der sich China verpflichtet hat. Denkbar sind auch Klauseln, die darüber hinaus gehen.

Hingegen haben sich die Parteien noch nicht auf einen Mechanismus zur Streitschlichtung geeinigt. Von diesem hängt ab, was passiert, wenn eine der Parteien das Abkommen in diesen Bereichen verletzt sieht. 

Bereits heute existiert zwischen der Schweiz und China ein wenig weitreichender Vertrag zum Arbeitnehmerschutz. Zudem führen die Länder einen Menschenrechtsdialog, in dem die Schweiz ihre Bedenken anspricht. Viel Konkretes erreicht sie dabei jedoch nicht. Die Devise lautet stattdessen, darüber zu sprechen sei besser, als die Probleme totzuschweigen.

Insbesondere Chinas Umgang mit der muslimischen Minderheit der Uiguren hatte in den letzten Jahren international für viel Kritik gesorgt. Ein Vorwurf lautete, dass sie Zwangsarbeit verrichten müssen. Die Schweizer Hoffnung durch die Erweiterung des Freihandelsabkommens ist, zumindest auf diese Aspekte einen gewissen Zugriff zu erhalten.

Um dagegen auf andere Menschenrechte wie die Meinungsäusserungsfreiheit zu pochen, sei ein Freihandelsabkommen der falsche Ort, heisst es aus Verhandlungskreisen. In diesem könne man bloss Dinge festschreiben, die eine direkte Verbindung zu wirtschaftlichen Fragen hätten.

Anmerkung: Die Redaktion hat nachträglich zur Publikation Präzisierungen an diesem Text angebracht.