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Vor Besuch des chinesischen Premiers
Gegen das China-Abkommen formiert sich bereits Widerstand

epa10519501 Chinese Premier Li Qiang waves as he leaves a news conference following the closing session of the National People's Congress (NPC), at the Great Hall of the People, in Beijing, China, 13 March 2023.  EPA/FLORENCE LO / POOL
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Am Montag erwartet Bern hochrangigen Besuch aus China: Ministerpräsident Li Qiang wird voraussichtlich Bundespräsidentin Viola Amherd und Wirtschaftsminister Guy Parmelin treffen. Hauptthema wird das Freihandelsabkommen sein, das erweitert werden soll. Darauf drängt die Wirtschaft. In der Politik gibt es Skepsis.

Lange folgte der westliche Umgang mit autoritären Regimes der Devise «Wandel durch Handel»: Man erwartete, dem Handel werde demokratischer Wandel folgen. Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine wird dieser Ansatz hinterfragt. Mitte-Präsident Gerhard Pfister bezeichnete ihn in einem Interview vom Frühjahr 2022 als «naiv». «Das sieht man nicht nur in Russland, sondern beispielsweise auch in China», sagte Pfister damals. Und weiter: «Das Freihandelsabkommen mit China würde ich heute sehr viel kritischer anschauen.»

Die Schweiz ist neben Island das einzige europäische Land, das ein Freihandelsabkommen mit China abgeschlossen hat. Dieses trat vor zehn Jahren in Kraft – und soll nun erweitert werden. Wirtschaftsminister Guy Parmelin rechnet dem Vernehmen nach damit, dass die Verhandlungen mit dem drittwichtigsten Handelspartner der Schweiz noch in diesem Jahr beginnen.

«Naiver Liberalismus»

Gerhard Pfister bleibt kritisch: «Die Rolle Chinas in der Welt hat sich stark verändert unter Staatspräsident Xi Jinping», sagt er. Die Öffnung für den Welthandel sei dem verstärkten Herrschaftsanspruch der Kommunistischen Partei gewichen. «Insofern sollte der Westen vom naiven Liberalismus Abstand nehmen.»

Sollte die Schweiz also nicht mit China über eine Erweiterung des Abkommens verhandeln?

Eine klare Antwort darauf gibt SP-Nationalrat Fabian Molina. Für ihn ist das Anliegen schlicht «aus der Zeit gefallen». Molina weist auf die Menschenrechtslage hin, auf den Umgang Chinas mit der uigurischen Minderheit. Unter diesen Voraussetzungen komme es nicht infrage, den Handel weiter zu erleichtern – jedenfalls nicht ohne Menschenrechtsklausel. Die Schweiz sabotiere damit auch die Bestrebungen der EU, China zur Einhaltung grundlegender Regeln zu verpflichten.

Im vergangenen Herbst ist bekannt geworden, dass der Bundesrat beschlossen hat, Sanktionen der EU gegen China nicht zu übernehmen – schon vor Monaten. Unter anderem geht es um die Unterdrückung der Uiguren. Als die UNO 2022 einen Bericht darüber veröffentlichte, war die Empörung gross. Die Grünen forderten damals, die Schweiz müsse das Freihandelsabkommen kündigen.

Referendum in Sicht

Nun ziehen linke Parteien und Organisationen ein Referendum gegen das erweiterte Abkommen in Betracht, wenn dieses am Ende keine Menschenrechtsklausel enthält. Eine solche ist offenbar nicht geplant. Vorgesehen ist aber, die geltenden Bestimmungen zu Nachhaltigkeit zu erweitern. «Dies schliesst Menschenrechtsaspekte ein, die mit der Wirtschaftsaktivität in Zusammenhang stehen», schreibt das Staatssekretariat für Wirtschaft (Seco).

Eine Weile waren die Gespräche wegen solcher Fragen blockiert gewesen. Nun hat sich China laut dem Seco aber bereit erklärt, «alle prioritären Themen der Schweiz zu behandeln». Den Kritikern genügen Nachhaltigkeitsregeln freilich nicht. Unternehmen sollten vielmehr sicherstellen müssen, dass sie keine Produkte aus Menschenrechts­verletzungen importierten, sagt Christoph Wiedmer von der Gesellschaft für bedrohte Völker. Es genüge auch nicht, auf den Menschrechtsdialog zu verweisen, den die Schweiz mit China führt. Dieser diene bloss als «Feigenblatt».

Nachhaltigkeitsregeln enthält auch das Freihandelsabkommen mit Indonesien. Trotzdem wurde dieses 2021 an der Urne nur knapp angenommen. Beim Abkommen mit China könnte es ebenfalls knapp werden. Über die erste Fassung von 2014 hatte das Stimmvolk nicht entscheiden können. Inzwischen werden solche Abkommen aber dem fakultativen Referendum unterstellt.

Zollbefreiung für weitere Produkte

Für eine Erweiterung des Abkommens plädiert die Wirtschaft – vor allem die chemische Industrie und die Maschinenindustrie. Auch deren Produkte sollen vollständig von Zöllen befreit werden. Eine Vereinheitlichung würde vieles erleichtern, sagt Rudolf Minsch, Chefökonom von Economiesuisse. So würden sich die Diskussionen erübrigen, in welche Kategorie ein Produkt falle.

Eine Menschenrechtsklausel hält Minsch nicht für realistisch. China reagiere eher empfindlich auf solche Vorschläge, sagt er. Der Weg über den Menschenrechtsdialog sei zielführender. Minsch weist auch darauf hin, dass sich Schweizer Firmen vor Ort an internationale Standards hielten und so eine Vorbildfunktion wahrnehmen würden.

Glaubt er noch an «Wandel durch Handel»? Dazu sagt Minsch: «Der Ansatz ist an sich nach wie vor richtig, aber Handel ist keine hinreichende Bedingung für demokratischen Wandel.»