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Fragen an Hans Ulrich Obrist
Was hält eine Ausstellung zusammen?

Foto: Stefan Bohrer, 17.5.24, Riehen: Sommerausstellung 2024 in der Fondation Beyeler in Riehen/BS. Eine Installation von Fujiko Nakaya hüllt das Museum in Nebel ein. Die Ausstellung ist organisiert von der Fondation Beyeler und der LUMA Foundation. 

Fondation Beyeler, Riehen/Basel, 2024
Fujiko Nakaya, Untitled, 2024, Potable water, 600 Meefog nozzles, High pressure pump motor system, Courtesy of the artist, © Fujiko Nakaya
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Wenn man eine Ausstellung macht, stellt sich immer die Frage, was das bindende Element sein kann, das viele Einzelwerke zu einem grossen Ganzen zusammenfügt. Zuletzt kam diese Frage bei der Planung der aktuellen Ausstellung in der Fondation Beyeler auf, die ich zusammen mit dem Direktor Sam Keller und einem Kuratorenteam, das auch aus Künstlerinnen und Künstlern besteht, kuratiert habe.

Die Idee war, die Institution des Ausstellungshauses ganz neu zu denken, vom Ticketschalter über eine Bibliothek bis zur Präsentation der Sammlung. Tatsächlich ist in dieser Ausstellung vieles anders, es gibt ein Bett, in dem man schlafen und träumen kann, und über das gesamte Gelände verteilen sich allerlei Skulpturen und Installationen. Und dann gibt es noch das: den Nebel.

Gemacht hat den Nebel Fujiko Nakaya, eine der bedeutendsten Künstlerinnen Japans. Seit ihrer ersten Nebelinstallation auf der Weltausstellung von Osaka 1970 hat sie ihr Medium, den Wasserdampf, auf immer neue Weise eingesetzt, hat Häuser, Landschaften, Räume vernebelt. Wichtig war ihr dabei, dass sie den Nebel nicht mithilfe von Chemikalien, sondern ausschliesslich mit Wasser herstellt, ein technisch äusserst anspruchsvolles Verfahren. Doch die Physik des Wassers war ihr von Kindheit an vertraut. Ihr Vater, Ukichiro Nakaya, war der erste Wissenschaftler, dem es gelang, Schneeflocken künstlich herzustellen, und er forschte auch über die Entstehung von Wolken. Fujiko Nakaya selbst hatte Wolken gemalt, bevor sie schliesslich dazu überging, selbst welche herzustellen.

Trotz ihrer einundneunzig Jahre ist Nakaya selbst nach Basel gekommen, um die Nebeldüsen zu installieren und zu justieren – und hat ein Wunder bewirkt. Der Nebel macht das Ausstellungsgelände zu einer holistischen Erfahrung, der Dampf umfängt Gebäude, Kunstwerke und den ganzen Park. Was vorher statisch war, gerät durch den wabernden Flor in Bewegung und macht – so wie die Kunstdefinition von Paul Klee es beschreibt – das Unsichtbare sichtbar.

Ihre Kunst, der Nebel, ist nicht nur ästhetisch ein Erlebnis, sondern setzt auch eine ganze Kette von Assoziationen in Gang: Er kennt keine Grenzen, überwindet Mauern, dringt durch Zäune, ist beruhigend und friedlich, aber unzähmbar und frei. Sonne im Sommer ist ja gut und schön. Noch viel schöner aber ist Nebel.

Die Ausstellung «Cloud Chronicles» läuft noch bis 11. August. Sie wurde kuratiert von Sam Keller, Mouna Mekouar, Isabela Mora, Hans Ulrich Obrist, Precious Okoyomon, Philippe Parreno und Tino Sehgal. fondationbeyeler.ch