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Fragen an Hans Ulrich Obrist
Kann eine Zeitschrift Kunstwerk sein?

Walter Pfeiffer, Fotograf und Grafiker portraitiert am 7. Mai 2021 in Zuerich. (KEYSTONE/Gaetan Bally)
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Kunst in Zeitschriften hat eine lange Tradition, und für viele Künstlerinnen und Künstler waren Printmagazine die Rampe ihrer Karriere. Zum Beispiel für Barbara Kruger, um die es an dieser Stelle vor einigen Wochen ging und die als Bildredaktorin zur Kunst fand. Viele berühmte Künstlerinnen und Künstler wie Gerhard Richter, Hans-Peter Feldmann oder Hito Steyerl haben ganze Seiten in der deutschsprachigen Presse bespielt und manche sogar ihre eigene Zeitschrift gegründet, etwa Maurizio Cattelan oder, als besonders bekanntes Beispiel, Andy Warhol. Ein Medium der Kunst war und ist aber auch dieses Magazin, das dadurch selbst zum Kunstwerk wurde. Seit seinen Anfängen hat die Kunst hier ihren Platz. Nicht nur durch diese Kolumne, auch durch Aufträge an Illustratoren und Fotografinnen, von denen viele zu den ganz Grossen ihres Fachs gehören.

Einer von ihnen ist der Schweizer Künstler Walter Pfeiffer, den ich kürzlich in seinem Zürcher Atelier besucht habe. Pfeiffer, Jahrgang 1946, machte eine Ausbildung zum Schaufensterdekorateur und besuchte die Gründungsklasse des legendären F+F-Kurses («Farbe+Form») der Schule für Gestaltung Zürich, bevor er sich selbst das Fotografieren beibrachte. Die Aufnahmen, meist mit der Polaroidkamera, waren zunächst vor allem als Vorarbeiten für seine Zeichnungen gedacht, doch dann verselbstständigte sich seine Fotografie, und Pfeiffer wurde zu einem der international gefragtesten Modefotografen. Mit seinen Porträts junger Menschen, meist Männer, fand er eine ganz neue Bildsprache, die einen grossen Einfluss auf die nächsten Generationen von Fotokünstlern hatte, etwa Wolfgang Tillmans oder Juergen Teller. Erst als Illustrator, dann als Modefotograf, wurde Pfeiffer lange Zeit und zu Unrecht in Schubladen der Gebrauchskunst gesteckt. Als ob ein Fotograf, der für die «Vogue» arbeitet, nicht auch Künstler ist.

Oder für «Das Magazin». Seit seinen Anfängen als Illustrator hat Pfeiffer für diese Zeitschrift Cover und Bildstrecken gestaltet und Porträts aufgenommen. 2010 hatte er sogar eine eigene Kolumne, «Pfeiffers Welt», in der er jede Woche über eine seiner Fotografien schrieb. Was diese miteinander verbindet, ist Pfeiffers Suche nach der Schönheit junger Menschen. Diese Suche, sagt Pfeiffer, sei im Social-Media-Zeitalter viel schwieriger geworden. Denn während sich heute jeder junge Mensch selbst fotografiere, hätten das vor dreissig Jahren er und einige andere allein machen müssen – zum Glück für die Kunst und «Das Magazin».

Zuletzt erschienen: Chez Walti. Edition Patrick Frey, 2023.

Hans Ulrich Obrist ist künstlerischer Direktor der Serpentine Galleries in London.

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