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Fotos von entkleideten Palästinensern
Jetzt wird der Krieg mit Bildern fortgesetzt

Unter den Gefangenen seien auch «Ärzte, Akademiker, Journalisten und ältere Männer», behauptet die in Genf ansässige Menschenrechtsorganisation Euro-Mediterranean Human Rights Monitor.
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Dieser Krieg im Nahen Osten ist einer, der auch über Bilder geführt wird. An diesem Wochenende kursierten in den sozialen Medien immer mehr Aufnahmen von Palästinensern im Gazastreifen, die von der israelischen Armee festgenommen wurden. Auf Fotos und in Videos sind Männer in Unterhosen zu sehen; auf manchen Aufnahmen sind ihre Augen verbunden, auf anderen auch ihre Hände auf dem Rücken gefesselt.

Die meisten Darstellungen zeigen Strassenszenen mit Dutzenden Palästinensern, die in Reihen stehen oder knien. Auf einem Bild sind halb nackte Männer auf einem israelischen Militärfahrzeug zu sehen.

Mit verbundenen Augen

Ein Bild zeigt rund 50 bis auf die Unterhosen entkleidete Männer mit verbundenen Augen und nach hinten gefesselten Händen, die in mehreren Reihen hintereinander im Wüstensand knien, bewacht von neun israelischen Soldaten in Uniform. Die in Genf ansässige Menschenrechtsorganisation Euro-Mediterranean Human Rights Monitor verbreitete dieses Bild zuerst und berichtete, dass unter den Festgehaltenen Dutzende Zivilisten seien. Betroffen sein sollen auch «Ärzte, Akademiker, Journalisten und ältere Männer».

Experten von CNN und BCC haben die Aufnahmen aus Gaza verifiziert.

Die Nachrichtensender CNN und BBC verifizierten mehrere dieser Bilder. Sie sind im Norden des Gazastreifens entstanden. Wer sie gemacht und ins Netz gestellt hat, ist allerdings weiter unklar. Laut CNN-Recherchen sollen zumindest einige der Festgenommenen keine Verbindung zu militanten Gruppen im Gazastreifen aufweisen.

In einem CNN-Interview sagte Hani Almadhoun, der in den USA als Direktor für philanthropische Projekte für das UNO-Palästinenserhilfswerk UNRWA arbeitet, er habe Dutzende Menschen auf den Aufnahmen erkannt, unter anderem seinen eigenen Bruder. «Das sind weder Kämpfer noch ergeben sie sich. Das sind nur Zivilisten, die an diesem Ort mit ihren Familien zu überleben versuchen.»

Zivilisten unter den Gefangenen?

Sein Bruder sei trotz der Evakuierungsaufforderungen der israelischen Armee im Norden des Gazastreifens geblieben, weil er nicht gewusst habe, wohin er im Süden flüchten solle. Die Nachrichtenwebsite «Al-Araby al-Jadeed», die in London ihren Hauptsitz hat, teilte mit, dass auf einer Aufnahme ihr Korrespondent und mehrere seiner Familienmitglieder zu sehen seien. Inzwischen greift die israelische Armee auch Ziele im Süden des Gazastreifens an.

Auf diesem Bild sind halb nackte Männer auf einem israelischen Militärfahrzeug zu sehen.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz zeigte sich besorgt und appellierte, die Männer menschlich und mit Würde zu behandeln. Die radikal-islamische Hamas sprach von «abscheulichen Verbrechen an unschuldigen Zivilisten». Dabei waren es Terroristen der Hamas, die am 7. Oktober mehr als tausend Zivilisten ermordet hatten. Die Hamas hatte selbst Bilder dieser Massaker und von Entführungen ins Netz gestellt.

Ein israelischer Militärsprecher äusserte sich zu den Bildern mit den halb nackten Palästinensern und begründete, die Männer müssten sich ausziehen, damit die Soldaten sehen können, ob sie Waffen oder Sprengstoff an ihrem Körper haben. Danach würden sie verhört, ob sie Verbindungen zur Hamas haben. In den vergangenen Tagen seien Hamas-Kämpfer festgenommen worden, die nachrichtendienstlich relevante Erkenntnisse geliefert hätten.

Offenbar mindestens 7000 Hamas-Kämpfer getötet

Nach Angaben des israelischen Regierungssprechers Eylon Levy handelt es sich um «Männer im wehrfähigen Alter», die in Gebieten aufgegriffen wurden, die bereits vor Wochen von Zivilisten geräumt werden sollten. Es seien Gebiete, in denen die israelische Armee sich im «Nahkampf» mit der Hamas befinde.

Am Samstag kursierte in den sozialen Medien ein weiteres Video, das eine Gruppe ebenfalls nur mit Unterhosen bekleideter Männer zeigt, die sich dicht aneinanderdrängen, einige halten ihre Identitätskarten in die Höhe. Ein Mann löst sich aus der Gruppe, hält ein Gewehr über den Kopf und legt es ein Stück weiter weg auf dem Boden ab. «Langsam, langsam», schreit ein Mann – offensichtlich ein israelischer Soldat – auf Arabisch.

Auch diese Aufnahme wurde ohne Quellenangabe auf X gepostet. Fast zeitgleich äusserte der Generalstabschef der israelischen Armee, Herzi Halevi, die Einschätzung, dass sich immer mehr Hamas-Kämpfer ergeben würden und die Armee «den Kollaps» der Terrororganisation in der Küstenenklave sehe. «Ein Zeichen, dass wir noch härter vorgehen müssen.» Israels nationaler Sicherheitsberater Zachi Hanegbi sagte in einem TV-Interview, es seien im Gaza-Krieg bislang mindestens 7000 Hamas-Kämpfer getötet wurden. Die Zahl lässt sich nicht unabhängig verifizieren.

Sie mussten rosa Kleidung anziehen

Auch die israelische Armee setzt auf die Wirkkraft von Bildern und auf deren Verbreitung im Netz. Seit Beginn der Bodenoffensive im Gazastreifen werden immer wieder Bilder von Tunnel und Verstecken der Hamas gezeigt. An diesem Wochenende veröffentlichten die israelischen Streitkräfte über ihre offiziellen Kanäle ein Video, das nach ihren Angaben in einer Schule im Gazastreifen entstanden ist. Dort sollen Gewehre gefunden worden sein – mehrere sogar versteckt in einem Teddybären. Zu hören ist die Stimme eines Soldaten, der die Durchsuchung kommentiert.

In israelischen Medien gibt es auch Berichte über Schilderungen von weiblichen Entführten, sie hätten auf Geheiss der Hamas vor ihrer Freilassung rosa Kleidung anziehen müssen – wohl in der Absicht, dass sie besonders «feminin» wirkten, so ihre Mutmassung. Wie ein Vertreter des israelischen Gesundheitsministeriums bei einer Anhörung in der Knesset berichtete, sollen die Geiseln vor der Freilassung Medikamente erhalten haben, um sie «glücklich wirken zu lassen». Die Szenen, die die Übergabe der 113 freigelassenen Geiseln zeigen, gingen in den vergangenen Wochen um die Welt.

«Jeder Tag dort ist wie die Hölle»

Am Wochenende meldeten sich einige von ihnen in Videos zu Wort, die bei einer Solidaritätskundgebung für die im Gazastreifen verbliebenen 138 Geiseln am Samstagabend in Tel Aviv gezeigt wurde. Darin beschrieben mehrere Israelinnen die Umstände ihrer Gefangenschaft. «Jeder Tag dort ist wie die Hölle», erzählte die 21-jährige Mia Regev in einem Video. Sie habe ständig «schreckliche Angst» gehabt und nachts kaum geschlafen. Auch die Angehörigen der Geiseln setzen auf Bilder: In Tel Aviv sind die Porträts der Entführten überall in der Stadt zu sehen – auf Laternenmasten, Bushaltestellen und Parkbänken.