Ihr Browser ist veraltet. Bitte aktualisieren Sie Ihren Browser auf die neueste Version, oder wechseln Sie auf einen anderen Browser wie ChromeSafariFirefox oder Edge um Sicherheitslücken zu vermeiden und eine bestmögliche Performance zu gewährleisten.

Zum Hauptinhalt springen

Grosse Erwartungen in Detroit
Ford macht seinen legendären Pick-up zum E-Auto

Jetzt auch als E-Auto erhältlich: Fords Bestseller, der Pick-up F-150. 

Ford elektrifiziert seinen Bestseller: den mächtigen Pick-up F-150. In Dearborn bei Detroit rollen die ersten F-150 Lightning vom Band. Schon 2000 der lange erwarteten Elektro-Pick-ups seien hergestellt, verkündete Ford vergangene Woche mit stolzer Zuversicht. Nach letzten Softwarejustierungen soll die batteriebetriebene Variante von Amerikas beliebtestem Truck ab dieser Woche an die Kundschaft gehen.

Das neue Modell wird am gleichen Ort hergestellt, wo vor über hundert Jahren das Fliessbandzeitalter im Automobilbau begann. «Das Modell T brachte Autos zu allen Menschen», sagte Bill Ford, Vorsitzender des Unternehmens und Urenkel des Gründers Henry Ford. «Nun, dieses Fahrzeug wird elektrische Wagen zu allen bringen, vor allem elektrische Trucks.»

Ford mit Verlusten

Wie ein Blitz, so die Übersetzung von Lightning, soll der batteriegetriebene Pick-up dem Autokonzern zu neuer Energie verhelfen. Ford lebt von den Benziner-Pick-ups. Der F-150 ist seit über vierzig Jahren das populärste Automodell im Land; die profitablen Trucks der F-Linie verkauften sich letztes Jahr 726’000-mal.

Dennoch hat das Unternehmen Mühe, mit der Konkurrenz Schritt zu halten. Am Donnerstag vermeldete Ford einen Quartalsverlust von 3,1 Milliarden Dollar, während der Rivale GM einen Gewinn von 2,9 Milliarden schrieb. Der Elektro-Marktführer Tesla machte in den ersten drei Monaten sogar 3,3 Milliarden Dollar Profit.

Zum Teil gehen die schlechten Zahlen auf Buchverluste zurück. Fords Beteiligung am E-Truck-Hersteller Rivian Automotive rächte sich, weil dessen Aktienkurs seit Jahresbeginn um 70 Prozent einbrach. Rivian, dessen Flaggschiff ebenfalls ein Pick-up ist, war letzten Herbst fulminant gestartet, musste aber seine Produktionsziele herunterschrauben.

Autos für die Baumwollernte 

Autos mit Fahrerkabinen vor offenen Ladeflächen erfüllten einst die Bedürfnisse von Bauern. Mit dem ersten Pick-up, Fords Model T Runabout, fuhren Farmer in den US-Südstaaten ab 1924 Baumwollballen zur Entkörnungsmaschine oder karrten Einkäufe vom Markt nach Hause.

Obwohl die Landwirtschaft später immer weniger Arbeitskräfte benötigte, blieben die Autovorlieben vieler Menschen ländlich geprägt. Mit wachsenden Einkommen leisteten sich Pick-up-Fans immer grössere und zunehmend komfortable Fahrzeuge mit Ledersitzen und klimatisierten Kabinen, um ihr Boot zum Campingplatz am See zu schleppen.

Gewehrträger sind praktisch verschwunden, aber das Käuferprofil für Pick-up-Trucks bleibt männlich, der «Blue collar»-Arbeiterschaft verbunden und politisch rechts. Anhänger Donald Trumps fahren gern mit einer grossen US-Flagge über der Ladefläche zu den Anlässen ihres liebsten Präsidenten.

«Misslingt der Start, beschädigen wir die ganze Franchise.»

Bill Ford, Vorsitzender bei Ford

Die Weltsicht der Pick-up-Käuferschaft steht vorerst kaum im Einklang mit dem Elektrozeitalter. Um seiner Kundschaft die Batterie schmackhaft zu machen, hat Ford den benzingetriebenen F-150 äusserlich praktisch unverändert belassen und bloss innerlich elektrifiziert. Zum Preis ab 40’000 Dollar – 8000 Dollar weniger als der billigste Tesla 3 – erhalten Käufer des Lightning ein 2,9-Tonnen-Gefährt, das mit 563 PS in vier Sekunden auf hundert Stundenkilometer schnellt und 480 Kilometer weit fahren kann.

Mangel an Ladestationen

Wie viele Pick-up-Fans auf die E-Variante umsteigen werden, wird sich erst in den kommenden Monaten und Jahren zeigen. Das Interesse am elektrischen F-150 ist zwar riesig, und schon über 200’000 Kaufwillige haben eine Anzahlung geleistet.

Noch aber leidet die Elektromobilität in den USA an einem Mangel an Ladestationen vor allem ausserhalb der Städte. Weltweit haben sich nach Angaben der Internationalen Energieagentur die Neuregistrierungen elektrisch betriebener Fahrzeuge 2021 im Jahresvergleich auf 6,6 Millionen verdoppelt. Während in China 3,4 Millionen und in Europa 2,3 Millionen E-Autos losfuhren, waren es in den USA nur 700’000. 

Bei weitem den grössten Anteil an Amerikas Elektromobilen hielt letztes Jahr Tesla mit 302’000 verkauften Autos. Bei den Pick-ups will jedoch Ford die Nase vorn haben: Geplant ist ein jährliches Lightning-Produktionsvolumen von 150’000 Stück. Rivian hat bisher nicht einmal zweitausend seiner Trucks vom Typ R1T auf die Strasse gebracht, und Fords amerikanische Rivalen lancieren ihre E-Pick-ups erst ab nächstem Jahr: Tesla den Cybertruck, GM den Chevy EV Silverado, GMC den EV Hummer.

Allerdings droht auf diesem Weg eine Reihe von Fallstricken: Ford könnte seine Produktionsziele mit dem elektrischen F-150 verfehlen, falls sich die Chip-Engpässe verschärfen. Der Gewinn wäre gefährdet, wenn die Batteriepreise weiter steigen. Anders als Tesla mit seiner langen Erfahrung könnten zudem allen traditionellen Autoherstellern Softwareprobleme das Leben schwer machen.

Der Einsatz ist also hoch. «Wenn der Lightning gut startet, haben wir eine enorme Chance», sagt Bill Ford. «Misslingt der Start, beschädigen wir die ganze Franchise.»

Bill Ford, Präsident der Ford Motor Company, stellt den elektrischen F-150 persönlich vor. 

In einer früheren Version des Berichts war die Angabe des Gewichts des Wagens falsch. Der F-150 wiegt nicht 1,8 Tonnen, mit der grossen Batterie kommt der Wagen auf ein Gewicht von 2,9 Tonnen. Die Angabe im Text wurde dank eines Leserhinweises korrigiert.