Folklore-GrossanlassFarbig und Amherd in Pink – das war das Eidgenössische Trachtenfest 2024
Zürich war während dreier Tage Gastgeberin des Eidgenössischen Trachtenfestes. Lesen Sie die Höhepunkte im Ticker.
Das Wichtigste in Kürze:
Am Sonntag erzählten Bundesrätin Viola Amherd und Stadtpräsidentin Corine Mauch anlässlich des Festaktes über ihr Verhältnis zu Trachten.
Am Sonntagnachmittag zogen 55 Folkoregruppen durch die Zürcher Innenstadt.
Während dreier Tage belebten Trachtenleute auf verschiedenen Bühnen und Pl
Bis zum nächsten Trachtenfest
Drei Tage war Zürich im Trachtenfieber. Die Stadt war erfüllt von bunten Gewändern, bodenständigen Klängen und einer fröhlichen Stimmung. In seiner Rede am Festakt sagte Max Binder: «Dieses Fest hat Zürich gut getan, dieses Fest hat der Schweiz gut getan, dieses Fest hat allen Trachtenleuten gut getan.»
Vielen Dank, dass Sie den Anlass bei uns mit verfolgt haben. Auf Wiedersehen und bis zum nächsten Mal.
Der grosse Umzug
Über zwei Stunden zogen am Sonntagnachmittag 55 Trachten- und Folkoregruppen durch die Zürcher Innenstadt.
Sie starteten an der oberen Bahnhofstrasse vor den Ehrengästen OK-Präsident Max Binder, Bundesrätin Viola Amherd und Stadtpräsidentin Corine Mauch.
Zahlreiche Gruppen tanzten, solche aus der Romandie und dem Tessin sangen Lieder. Dazwischen liessen Treichlergruppen ihre Glocken klingen, Mitglieder des Drehorgelclubs entlockten ihren mechanischen Instrumenten zarte Melodien, und Fahnenschwinger wirbelten ihre Flaggen durch die Luft. Die Berner Trachtengruppe wurden von einigen Reitern begleitet, die Berhardinerfreunde Ostschweiz zeigten ihre Vierbeiner.
Am Umzug dabei war auch die Schweizerische Textilfachschule. Schülerinnen und Schüler zeigten dabei ihre folkloristisch inspirierten Arbeiten.
Zahlreiche Zuschauerinnen und Zuschauer säumten die Route. «Saluti del Ticino», rief eine Trachtenfrau aus dem Südkanton in die Menge, «»Schön sit dir cho«, bedankte sich eine Berner Trachtenfrau.
Anders als am Sechseläuten waren die Frauen in der Überzahl. Sie erhielten keine Blumen, dafür umso mehr Applaus und «Bravo»-Rufe, etwa für den Aargauischen Trachtenverband. Dann und wann verteilten die Gruppen auch Kostbarkeiten – Rüebli, Café Lutz oder einen Becher Merlot.
Vorbei an der Urania ging der Umzug weiter über die Rudolf-Brun-Brücke, das Limmatquai hinauf und über die Quaibrücke zum Bürkliplatz.
Dazwischen marschierten auch zahlreiche Gruppen aus anderen Kulturen mit. Mit dabei war etwa eine Siebenbürgische Tanzgruppe aus München oder eine Thai Kulturgruppe aus der Schweiz. Besonders viel Applaus erhielt die Ukrainische Volkstanzgruppe Golubka aus Zürich.
Den Abschluss des Umzugs bildete eine Zünftergruppe, die einen Böögg hinter sich herzog.
Umzug läuft
Derzeit läuft der grosse Umzug auf der Sechseläutenroute. Mit dabei sind 55 Trachtenformationen.
Tiana Moser in Tracht
Am Festakt dabei ist auch die Zürcher GLP-Ständerätin Tiana Moser. Sie trägt eine Zürcher Werktagstracht.
Auch hier sei die Frage erlaubt, ob die Tracht ihre eigene sei. «Nein, leider nicht», sagt Moser.
Herkules-Aufgabe Organisation
Max Binder, OK-Präsident und ehemaliger Zürcher SVP-Nationalrat, spricht in seiner Rede die Schwierigkeiten der Organisation des Festes in der grössten Stadt des Landes an.
20 Verwaltungsabteilungen hätte das OK kontaktieren müssen, für jede Ampel, jeden Fussgängerstreifen, der irgendwie vom Fest tangiert werde, sei eine andere Stelle zuständig gewesen. «Andere Städte wie Schwyz sind froh, dass etwas passiert. Zürich hat Mühe, dass so viel passiert», sagt Binder.
Und übrigens: Max Binder war nicht der Erste, den die Eidgenössische Trachtenvereinigung für das Amt des OK-Präsidenten angefragt hatte. Vor fünf Jahren kam die Anfrage an Ernst Stocker. Er sei dann ja sicher nicht mehr in der Politik und hätte Zeit für ein solches Mandat, hiess es.
Im Wissen, dass dies allenfalls nicht der Fall sein könnte, gab Ernst Stocker die Anfrage an Binder weiter.
Das mit dem Rhythmus
Eigentlich findet das Trachtenfest ja alle 12 Jahre statt. Sie stutzen, denn das letzte Fest in Schwyz wurde 2010 gefeiert?
Exakt. Gibt 14 Jahre.
Das Fest war ohnehin schon für 2023 terminiert, ein Jahr später, als es die Tradition vorgibt. Denn: 2022 hätte das Züri Fäscht stattfinden sollen. Wegen der Corona-Pandemie wurden dann beide Feste um ein Jahr verschoben.
Viola Amherd und ihre Tracht
Auch Bundespräsidentin Viola Amherd weiss bei ihrem Auftritt auf der Festbühne, dass sie ihre Kleidung – einen pinken Hosenanzug – zum Thema machen muss. Sie gesteht ein: «Ich kann in meinem Businesslook nicht mit all den Trachtenleuten mithalten.»
Sie kann sich auch einen Spruch über Alain Bersets Besuch an der vergangenen Streetparade nicht verkneifen. Der habe sich einfach eine Federboa umhängen müssen und sei dann perfekt gekleidet gewesen.
Nach ihrem Auftritt lässt sich Viola Amherd im Festzelt von den zahlreichen Besucherinnen und Besuchern feiern und fotografieren. Dazu gehören auch zwei Walliserinnen in der Briger Sonntagstracht.
Eine Frage aber beantwortet Viola Amherd erst nach ihrem Auftritt auf der Bühne während des Mittagessens – die nach der eigenen Tracht.
Haben Sie auch eine Tracht, Frau Amherd?
«Ja, eine solche Briger Sonntagstracht», gesteht sie. Dann lacht sie und sagt: «Aber sie passt mir nicht mehr recht.» Corine Mauch vis-à-vis horcht auf, denn sie weiss ja, wie man solche Probleme an der Nähmaschine löst.
Corine Mauch in Tracht
Nach dem Festaggsgottesdienst auf der Kirche Fraumünster folgt am Sonntagmittag auf dem Bürkliplatz der offizielle Festakt des Eidgenössischen Trachtenfestes. Das dominierende Thema auch hier: die Kleidung. Dabei lassen wir den Rednerinnen auf der Bühne den Vorzug.
Nach OK-Präsident Max Binder tritt die Zürcher Stadtpräsidentin Corine Mauch auf die Bühne – in einer Berner Sonntagstracht.
Auch Mauch hat die kostbaren Kleidungsstücke geerbt. Als erste Frau in ihrer Familie hat ihre Ururgrossmutter, 1839 geboren, die Tracht getragen.
Für den Anlass hat Mauch Bluse und Schürze gebügelt und auch noch zur Nähmaschine gegriffen. Die Frage, ob sie etwas ein- oder ausnehmen lassen musste, hat sich Max Binder verkniffen – «die Frage war dann doch zu indiskret», gab er Minuten zuvor auf der Bühne zu.
Zum letzten Mal getragen hat Mauch die Tracht übrigens an ihrer Diplomfeier an der ETH Zürich. Sie machte da ihren Abschluss als Agrarökonomin.
Das Sonntagsprogramm
Die Höhepunkte am Sonntag:
10 Uhr: Festtagsgottesdienst in der Kirche Fraumünster mit TV-Übertragung
11.30 Uhr: Festakt auf dem Bürkliplatz mit Bundesrätin Viola Amherd
14 bis 16 Uhr: Umzug von 55 Trachtengruppen auf der Sechseläutenroute
Empfehlung:
Die Trachtenausstellung auf dem Lindenhof ist eine Empfehlung wert. In einem Zeltbau sind diverse Schweizer Trachten ausgestellt. Ergänzt werden sie von Entwürfen der Schülerinnen und Schüler aus der Textilfachschule. Sie hatten die Aufgabe, folkloristisch inspirierte Kleidungsstücke zu schneidern.
ACHTUNG:
Die Innenstadt ist am Sonntag wegen des Trachtenfestes grossräumig abgesperrt.
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In den Ausgang am Trachtenfest?
Wer nach dem Fussballmatch noch etwas folkloristische Abwechslung braucht, der findet sie an verschiedenen Orten in der Stadt.
Während sich die Trachtengruppen an der Volkstanzgala im Kongresshaus vergnügen, gibt es am Bürkliplatz Volksmusik für alle. Um 20 Uhr spielen Oesch’s die Dritten auf. Dafür ist jedoch ein Ticket erforderlich.
In der Kirche St. Peter findet ebenfalls um 20 Uhr eine viersprachige Chorgala statt.
Wer danach noch nicht genug hat, kann in der Bahnhofshalle bis 4 Uhr früh zu den Klängen von Bodeständix schwofen.
Potzmusig live vom Münsterhof
Derzeit wird die SRF-Volksmusik-Sendung Potzmusig live auf dem Münsterplatz aufgezeichnet. Die Proben verliefen nicht ganz nach Plan. Wegen technischer Probleme musste die Anfangsszene mehrmals wiederholt werden.
Zumindest das Wetter ist Nikolas Senn und seiner Crew hold: Bis auf einige Tropfen Sahara-Staub-Regen wurden sie bisher verschont.
Zur Sicherheit sind auch alle Zufahrten zum Platz mit Strassensperren verbarrikadiert.
Tattoo und Tracht
Aktuelle gesellschaftliche Phänomene machen auch vor den Trachtenleuten nicht Halt. Heisst: Da und dort ragt ein Tattoo unter der Bluse hervor.
Die junge Frau in der Küssnachter Sonntagstracht auf dem Lindenhof liess sich bei ihrer Sujetwahl dann aber doch von der Folklore inspirieren. Um ihren rechten Arm rankt sich ein Scherenschnitt, den sie selber entworfen hat.
«Ich wollte eben ein Tattoo, das nicht jede hat», sagt die junge Frau. Und eines, das eben auch zur Tracht passt.
Guggerziitli vor der Kanzel
Regen Anklang fand auch das Offene Singen in der St. Peters Kirche. Aus dem Liederbuch des diesjährigen Eidgenössischen Trachtenfestes wurde unter Anleitung und mit musikalischer Begleitung verschiedene Lieder gesungen.
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Wer sich animiert fühlt, der kann die Lieder gerne für sich nachsingen.
Kindertanz auf dem Valser Quarzit
Am Nachmittag trumpfte der Nachwuchs auf dem Sechseläutenplatz auf. Verschiedene Gruppen zeigten Kindertänze wie «Dr Seppel» und «Der Täubler». Dabei wurden sie von zwei Kappellen begleitet.
Trachtengruppen aus anderen Ländern
Nicht nur Trachtengruppen aus der Schweiz zeigen dieses Wochenende ihre Darbietungen auf den zahlreichen freien Bühnen in der Innenstadt. Mit dabei sind auch Gruppen aus diversen Ländern. So zum Beispiel die albanische Volkstanzgruppe, in der auch der 14-jährige Lion Bajrami mittanzt.
Auch Bajrami schwitzt in seiner Tracht, in der er mit der Tanzschule «Shota» einen traditionellen Tanz zeigen wird. Denn: Seine Hosen sind aus Wolle.
Haubenkunst
Quizfrage:
Wissen Sie, woraus die meisten Trachtenhauben gefertigt sind? Pardon: Geklöppelt sind?
Klöppeln ist jenes Handwerk, bei dem die entsprechenden Fäden an Spulen befestigt sind und man diese nach einem vorgefertigten Muster verdreht, verkreuzt, verknüpft und verschlingt.
Antwort: aus Rosshaar.
Ins Flickstübli fürs Strumpfband
Der Andrang im Flickstübli auf dem Lindenhof hält sich in Grenzen. Eine Frau kann erst nach dem Mittagessen ihren Rocksaum flicken lassen, denn die Gruppe hat im Festzelt eine Essenszeit zugewiesen bekommen.
Derweil kreuzt ein Mann in der Zuger Burschentracht bereits zum zweiten Mal im kleinen Zelt auf dem Lindenhof auf. Er hat sich bereits eine halbe Stunde zuvor neue Gummibänder für seine Kniestrümpfe besorgt. Doch auf dem Weg zum Rathaus schlotterten die Strümpfe bereits wieder. «Sie müssen noch enger sein», sagt er zur Näherin im Flickstübli. Also kürzt sie das Gummiband erneut und näht es zusammen.
Bei der Anprobe über dem Knie mischt sich eine andere Trachtenfrau ein. «Wie lang sind deine Hosen», fragt sie den Mann, «kannst du das Band nicht unter dem Knie tragen? Da würd es halten.»
Abkühlen
Andere Gruppen nutzen die freie Zeit für eine flüssige Abkühlung.
Tanzen fürs Gemüt
Viele Trachtengruppen pflegen das Singen oder Tanzen. Sie zeigen ihr Können auf verschiedenen Bühnen. Wen man auch fragt, alle sagen: Tanzen verbinde und sei gut fürs Gemüt.
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Den zahlreichen Zuschauern gefällts. Sie filmen, klatschen im Takt mit und applaudieren.
Der Gwunder nach dem Drunter
Die warmen Temperaturen treiben der einen oder anderen Trachtenfrau den Schweiss aus den Poren. Sie seien schon recht am Schwitzen, gestehen zwei Frauen in der Sensler Sonntagstracht. «Schliesslich tragen wir auch darunter noch einige Schichten!», sagt die eine.
Wir erlauben uns die indiskrete Frage. Und sie zeigt uns die langen Unterhosen aus luftigem Baumwollstoff, wie bis über die Knie zu den Strümpfen reichen.
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