Drohende EnergiekriseEU will nicht Strom für die Schweiz subventionieren
Einige EU-Staaten hätten gern einen Preisdeckel für Gaskraftwerke. Brüssel warnt davor, dass dann subventionierter Strom in Drittstaaten wie die Schweiz abfliessen könnte.
In Spanien und Portugal funktioniert diese Massnahme gegen hohe Strompreise ganz gut: Die beiden Länder subventionieren das Gas für ihre Gaskraftwerke und drücken damit den Strompreis. Es ist die Rede vom «iberischen Modell». Andere EU-Staaten mit Frankreich an der Spitze haben am Dienstag beim Treffen der Energieminister erneut darauf gedrängt, dieses Modell für die ganze EU zu übernehmen. In einem sogenannten Non-Paper warnt die EU-Kommission jedoch nachdrücklich vor unerwünschten Nebenwirkungen: So könnte der Preisdeckel speziell für Gaskraftwerke dazu führen, dass künstlich verbilligter Strom in Drittstaaten wie die Schweiz abfliesst.
Die Effizienz der Massnahme sei «in hohem Grad» davon abhängig, wie der Abfluss von subventioniertem Strom in Drittstaaten verhindert werden könne, heisst es in dem Papier. Dieser unerwünschte Effekt werde sich zwar bei einer Reihe von Handelspartnern der EU einstellen. Am stärksten profitieren würden aber Grossbritannien und die Schweiz. Die Massnahme sei deshalb finanziell beschränkt wirkungsvoll, so die EU-Kommission. Die Mitgliedstaaten würden mit hohen Steuergeldern Strom subventionieren, der dann Haushalten und Firmen ausserhalb der EU zu billiger Elektrizität verhelfe.
Zwei Lösungsansätze
Die EU-Kommission deutet zwei Lösungsansätze an. Entweder müssten die Drittstaaten sich an dem Modell beteiligen. Da die Schweiz selber keine Gaskraftwerke betreibt, würde dies wohl auf eine Rückerstattung der EU-Subventionen hinauslaufen. Oder der künstlich verbilligte Strom würde nur innerhalb des EU-Binnenmarktes angeboten, während für den Export ein höherer Preis verrechnet werden müsste. Einige Abkommen mit Handelspartnern der EU untersagten aber höhere Exportpreise, heisst es in dem Non-Paper. Brüssel erwähnt dabei nicht die Schweiz, aber explizit das Handels- und Kooperationsabkommen mit Grossbritannien.
Es ist kein Geheimnis, dass die EU-Kommission grundsätzliche Vorbehalte gegen eine Ausweitung des iberischen Modells hat. Im Non-Paper wird denn auch vor allem aufgezählt, was gegen diesen Preisdeckel für Gaskraftwerke spricht. Die EU-Kommission hat die Ausnahme vom strengen Beihilferecht für Spanien und Portugal ursprünglich nur bewilligt, weil die Iberische Halbinsel wenig mit dem übrigen europäischen Stromnetz verknüpft ist. Die Gefahr, dass subventionierter Strom anderen EU-Staaten zugutekommen könnte, wurde damals noch als gering eingeschätzt. Hinzu kommt, dass Spanien und Portugal einen vergleichsweise hohen Anteil an erneuerbarer Energie haben.
Frankreich macht Druck
Die Betreiber von Solar- und Windkraftanlagen machen enorme Gewinne. Denn der Preis für Elektrizität wird in der EU durch die Produktionskosten des letzten Kraftwerks bestimmt, das aufgeschaltet werden muss, um zusätzlichen Bedarf zu decken. Vor allem Frankreich macht Druck für das iberische Modell. Kein Wunder, schliesslich würde das Land überproportional profitieren. In Frankreich wird nur ein geringer Anteil des Stroms in Gaskraftwerken produziert. In Deutschland, den nordischen EU-Staaten oder im Baltikum wären die Kosten hingegen hoch, da viel Strom aus Gaskraftwerken kommt und der Subventionsbedarf entsprechend hoch wäre.
In Spanien und Portugal hat dank des künstlich niedrigen Preises anders als in anderen EU-Staaten der Gasverbrauch zuletzt zugenommen. Dieser falsche Anreiz ist ein weiteres Argument, dass die EU-Kommission gegen das iberische Modell ins Feld führt. Gut möglich, dass sich für die EU das Dilemma vom subventionierten Strom für die Schweiz am Ende gar nicht stellt.
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