LiveTicker zur Stichwahl in der TürkeiErdogan gewinnt mit rund 52 Prozent der Stimmen | Anhänger feiern in Istanbul und Ankara
Die Türkei hat über ihren Präsidenten für die nächsten fünf Jahre abgestimmt. Wir berichten laufend.
Das Wichtigste in Kürze:
Der Wahlrat bestätigt noch vor dem Auszählungsende den Sieg von Recep Tayyip Erdogan. Herausforderer Kemal Kilicdaroglu könne nicht mehr aufholen, so der Chef der obersten Wahlbehörde.
Nach Auszählung von 99,43 Prozent aller Stimmen führte Erdogan laut der Wahlbehörde mit 52,14 Prozent, und Kilicdaroglu kam auf 47,86 Prozent.
Herausforderer Kilicdaroglu hatte zuvor bereits indirekt seine Niederlage eingeräumt. Er sagte, er bedauere die Probleme, die das Land nun erwarteten.
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Im Ausland wählende Türken haben bereits gestimmt
Bis Dienstag durften bereits die Millionen im Ausland lebenden Türken wählen, darunter 1,5 Millionen Wahlberechtigte in Deutschland. Sie zeigten sich bislang mehrheitlich als treue AKP-Wähler, bei der vergangenen Wahl war die Unterstützung für Erdogan in Deutschland grösser als in der Türkei selbst. Doch Experten zufolge könnte sich unter den türkischen Auslandswählern das Blatt zugunsten der Opposition gewendet haben – nicht zuletzt durch die stark gestiegene Zahl Oppositioneller, die nach Deutschland geflohen sind. (AFP)
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Wahlurnen unter strenger Beobachtung
Die Lage im Land ist vor der richtungsweisenden Wahl extrem angespannt. Die Opposition fürchtet Wahlbetrug. Die türkische Wahlkommission versichert hingegen, für eine faire Wahl zu sorgen – auch im Erdbebengebiet, wo im Februar mehr als 50'000 Menschen ums Leben gekommen waren. Es gibt Befürchtungen, dass in den Trümmern gefundenen Dokumente von Toten zur Stimmabgabe genutzt werden könnten.
Die Opposition schickt 300'000 Beobachter in die Wahllokale – doppelt so viele wie bei der Präsidentschaftswahl 2018. Auch die Nichtregierungsorganisation Oy ve Ötesi stellt 100'000 Wahlbeobachter, ausserdem werden rund 400 Experten der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) den Urnengang verfolgen. (AFP)
Ausgangslage
Am Sonntag wählt die Türkei einen neuen Präsidenten und ein neues Parlament. Dabei könnte es zu einem Wendepunkt der jüngeren türkischen Geschichte kommen: Der seit 20 Jahren – zunächst als Ministerpräsident, seit 2014 als Präsident – regierende Recep Tayyip Erdogan könnte abgewählt werden. Sein Herausforderer, der Sozialdemokrat Kemal Kilicdaroglu, hat fast die komplette Opposition hinter sich vereint und liegt in den Umfragen zwei bis zehn Prozentpunkte vorn.
Rund 64,3 Millionen Türkinnen und Türken – darunter sechs Millionen Erstwähler – sind zur Stimmabgabe aufgerufen. Neuer Präsident wird, wer im ersten Wahlgang mehr als 50 Prozent der Stimmen erringt. Schafft dies keiner der Kandidaten, treten die zwei Bestplatzierten zwei Wochen später in einer Stichwahl gegeneinander an.
Neben Erdogan und Kilicdaroglu gibt es nun nur noch einen weiteren Präsidentschaftskandidaten, den Nationalisten Sinan Ogan, der keine Siegeschance hat und nach Ansicht von Beobachtern vor allem Erdogan Stimmen wegnehmen dürfte.
Im Fall eines Siegs von Erdogan wird erwartet, dass dieser seine Macht zementiert und seinen autoritären Kurs weiter verschärft. Erdogan hatte 2017 nach einem Referendum das Präsidialsystem eingeführt, das ihm weitreichende neue Befugnisse gab. Seitdem ist er Präsident, Premier und Vorsitzender seiner islamisch-konservativen Partei AKP in einem und regiert das Land mit zunehmend harter Hand.
Kilicdaroglu, Chef der sozialdemokratischen CHP, hat hingegen umfassende Reformen für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit angekündigt. Die Opposition möchte das Präsidialsystem abschaffen und die Gewaltenteilung wieder einführen, politische Gefangene freilassen und Meinungsfreiheit garantieren.
Bei einem Wahlsieg der Opposition werde es «Frühling in der Türkei», verspricht Kilicdaroglu. Dem Oppositionsbündnis gehören sechs Parteien mit sehr unterschiedlicher Ausrichtung an – darunter auch Nationalisten und gemässigte Islamisten. Das Bündnis wird zudem von der kurdischen HDP-Partei unterstützt, die der Allianz aber nicht beigetreten ist. (AFP)
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