Abstimmung CO₂-GesetzErdöllobby biegt die Wissenschaft zurecht
Der Verband Avenergy Suisse will die Wirkung des Klimagases CO₂ kleiner machen, als sie ist. Und setzt dabei auch Fehlinformationen ein.
Nun ist auch die Erdöllobby in den Abstimmungskampf um das CO₂-Gesetz eingestiegen. Der Verband Avenergy Suisse, der die Interessen der Importeure flüssiger Brenn- und Treibstoffe vertritt, hat sein aktuelles Magazin «Avenue» dem Treibhausgas CO₂ gewidmet.
Das ist verdankenswert. Die Einführung von Geschäftsführer Roland Bilang liest sich jedoch wie eine Ode an ein Klimagas, dem man den Schrecken nehmen will: «Kohlendioxid ist weit mehr als nur ein Treibhausgas, es ist der Ursprung allen organischen Lebens auf dem Planeten.» Fürwahr.
Zu weit geht es aber dann, wenn CO₂ zum Superdünger wird, welcher der Welt zu unheimlich viel neuem Grün verhilft. Da heisst es: Die Grünfläche habe zwischen 1982 und 2009 um 25 bis 50 Prozent zugenommen. Die Autoren verweisen dabei auf eine Studie aus dem Jahr 2016, die in der angesehenen Zeitschrift «Nature Climate Change» unter dem Titel «Greening of the Earth and Its Drivers» erschienen ist. Damit wird suggeriert, dass das durch den Menschen produzierte CO₂ ökologisch einen grossen positiven Effekt hat und das Klimaproblem durch diesen Zuwachs entschärft wird.
Verhältnismässig kleiner Effekt
Bei einem Blick in die Studie kommt man aber unmissverständlich auf ein anderes Resultat: Die chinesischen Wissenschaftler haben herausgefunden, dass es auf 25 bis 50 Prozent der weltweiten Grünflächen grüner geworden ist, sprich Pflanzen stärker und üppiger gewachsen sind durch eine stärkere Aufnahme von CO₂. Es geht also nicht um eine Flächenvergrösserung.
Das Phänomen ist bekannt, der Effekt durch das Pflanzenwachstum ist aber verhältnismässig klein und kann zum Beispiel in der Arktis auch negative Folgen haben. Es bestreitet auch niemand, dass mit Aufforstungen CO₂ aus der Atmosphäre entfernt werden kann, was wiederum dem Klimaschutz hilft.
Verschwiegen wird aber, dass Wälder unter einem wärmeren Klima, verursacht durch die CO₂-Emissionen, auch leiden können. Und unter Hitzestress und Trockenheit binden sie, wie Studien zeigen, weniger CO₂.
Wie die Autoren darauf kommen, dass CO₂ in der Schweiz an Bedeutung verlieren wird, ist schleierhaft.
Und es geht noch weiter: Aufforstungen verändern die Aufnahme der Sonnenstrahlung auf der Landoberfläche. Neue Waldflächen können zudem die Verdunstung erhöhen. In hohen Breiten und in Bergregionen kann das gebietsweise, zum Beispiel in Russland, Kanada oder auch in der Schweiz, zu einer weiteren Erwärmung führen.
Es ist offensichtlich, dass die Erdöllobby dem CO₂, das bei der Verbrennung von Erdöl, Kohle und Erdgas entsteht, die dominante Rolle nehmen will. Sicher, da gibt es noch andere wichtige Treibhausgase wie Methan und Lachgas aus der Landwirtschaft und Fluorkohlenwasserstoffe aus der Industrie. Wie die Autoren jedoch darauf kommen, dass CO₂ in der Schweiz an Bedeutung verlieren wird, ist schleierhaft. Nach wie vor trägt CO₂ gemäss aktuellen Zahlen des Bundesamts für Umwelt 80 Prozent zum Gesamtausstoss an Treibhausgasen bei.
Die Erdöllobby hat in der Vergangenheit vor allem in den USA immer wieder versucht, durch Fehlinformation und Verschleierung die Wirkung von CO₂ kleiner zu machen, als sie ist. Das nun der Verband Avenergy Suisse immer noch zu diesem Instrument greift, ist doch erstaunlich.
Die Ergebnisse der Wissenschaft sind inzwischen eindeutig: Es dürfen weltweit praktisch keine CO₂-Emissionen mehr aus Verkehr, Gebäuden und der Industrie produziert werden – und zwar innert der nächsten 30 Jahre. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die nächsten zehn Jahre entscheidend. Auch da herrscht unter den Klimaforschern Konsens.
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