Griechische Region Epirus Korfus kleine Schwester
Auf der griechischen Insel wird das Leben gefeiert. Weniger bekannt, doch nicht weniger reizvoll ist die Region Epirus auf dem Festland gegenüber.

Der Mann geht in die Knie und beisst in den Rand des kleinen Holztisches. Er hebt ihn mit den Zähnen in die Höhe und dreht sich im Rhythmus der Musik. Seine Mittänzer, ein Mann und zwei Frauen, wippen dazu. Wie jeden Abend tanzt auch das Publikum beim Sirtaki mit.
Die Taverne Tripas im Dörfchen Kinopiastes nahe der Inselhauptstadt ist eine Institution auf Korfu – und Gastgeber Spyros Skiadopoulos ein Original. Sein Urgrossvater eröffnete hier 1936 einen Lebensmittelladen und bewirtete nach dem Zweiten Weltkrieg die Nachbarschaft.

Mit ihrer echten korfiotischen Küche wurde die Taverne zum Magnet. Fotos an den Wänden zeugen vom Besuch vieler Berühmtheiten: François Mitterrand, Aristoteles Onassis, Jane Fonda, Anthony Quinn … An den langen Tischen finden bis zu 200 Gäste Platz.
Eine Speisekarte gibts nicht, es kommt auf den Tisch, was Spyros’ Schwester Rena zubereitet: Pastitsada – fingerdicke Nudeln mit einer würzigen Tomatensauce –, Stifado – ein Rindsragout –, gegrilltes Lamm. Hinuntergespült wird das üppige Mahl zu Livemusik und griechischen Tänzen mit süffigem Hauswein.
Verliebte und tanzende Badnerin
Eine der Tänzerinnen, die regelmässig in der Taverne auftritt, ist Ramona Gyr. Im Sommer 2022 kam die Schweizerin für drei Monate nach Korfu, um «remote» zu arbeiten. Sie verliebte sich in die Insel – und in einen Mann. Seit letztem August lebt die 34-Jährige nun dauerhaft hier. «Die Mentalität der Leute und ihre Folklore faszinierten mich», sagt sie. Deshalb trat sie der 15-köpfigen Tanztruppe bei.

Während der Saison tanzen sie täglich, zu dritt oder zu viert in Restaurants und auf Ausflugsbooten. «Das macht mega Spass», so die Badnerin, die ausserdem für die hiesige Natur schwärmt. Die präsentiert sich auf der nördlichsten der Inseln im Ionischen Meer so grün wie auf keiner anderen in Griechenland.
Und in dieses Grün eingebettet findet sich «manches, das Besuchern Wow-Momente beschert», formuliert es Ramona Gyr. Etwa das gepflegte Kloster mit blühendem Garten auf den Felsen bei Paleokastritsa an der zerklüfteten Westküste. Oder, in der Bucht darunter, der Agios-Spiridon-Strand. Wer sich dort ein Boot mietet, kann weiterschippern zum abgeschiedenen Paradise Beach, der seinem Namen alle Ehre macht – mit viel Platz, malerischen Klippen und türkisblauem Wasser.



Ein Mietboot ist auf der Insel ohnehin die beste Wahl, um einen einsamen Strand zu finden. Manchmal reicht dafür aber schon ein Spaziergang. «In der Nähe grosser Strände gibts fast überall versteckte Buchten», lautet der Geheimtipp von Ramona Gyr.
4000 Olivenbäume
Auch abseits der Hauptstrassen liegen reizvolle Ziele, wie das ursprüngliche Bergdorf Liapades. Trotz des Tourismus blieb dort das traditionelle Dorfleben erhalten. Richtung Norden schlängelt sich die Strasse der Steilküste entlang in die Berge, es duftet nach Thymian und Salbei, die hier wild wachsen. Uralte Olivenbäume säumen den Weg. Rund 4000 davon soll es auf Korfu geben. Viele stammen noch aus der Zeit der Venezianerherrschaft und sind über 1000 Jahre alt.
Bei der Fahrt über den Pass bei Troumpeta öffnen sich Aussichten zum Staunen, je nach Kurve bis zur West- oder Ostküste. Am Nordostende der Insel sieht man vom charmanten Hafenstädtchen Kassiopi bereits hinüber nach Albanien; abseits vom Zentrum bilden die moderne griechische Küche des Restaurants Trilogia und die spektakuläre Klippenlage ein Traumpaar. Eine Treppe führt von der Terrasse zum Strand, der mit glasklarem Wasser zum Baden lockt.

Weniger bekannt, doch nicht weniger reizvoll als Korfu ist die Region Epirus auf dem griechischen Festland gegenüber; mit der Fähre ist man in anderthalb Stunden dort. In den 50er-Jahren kamen die Einwohner erstmals mit Touristen in Berührung, die in Badekleidung von Korfu kommend am Strand nahe Parga aus dem Boot stiegen.
Der Ort breitet sich zu Füssen der venezianischen Festungsruine wie eine Postkartenkulisse aus. Umringt von Bergen, ziehen sich die Häuser entlang der Bucht. An der Promenade reihen sich Geschäfte, Bars und Beizen aneinander. Das Schlendern durch die schmalen Gassen mit ihren Boutiquen, der Handwerkskunst und Blütenpracht ist ein Vergnügen.

Volta, der schönste Strand des Ortes, liegt hinter der Festung. Von dort aus verkehren Taxiboote ab drei Euro zu wenig frequentierten Badeplätzen. Sehenswert ist das Totenorakel Nekromanteion oberhalb von Ammoudia, wo sich der Legende nach Odysseus mit seiner toten Mutter unterhielt.
Unten am Fluss macht Christos sein Boot für die Gästetour auf dem Acheron klar. Er dreht eine Runde zu den Felsen im Meer und tuckert dann ins Landesinnere. Am Ufer wuchern Sträucher, Heimat unzähliger Vögel. Der Duft wilder Rosen und blaue Schmetterlinge begleiten die Fahrt; unterwegs beweist der Skipper seine Expertise in Sachen Flora und Fauna.

Beim Rafting am Acheron-Canyon heisst es statt zuhören kräftig paddeln, um das Schlauchboot durch die Stromschnellen zu steuern. Wasserscheue wählen die sanfte Tour. Entlang der Küstenstrasse folgt ein Strandabschnitt auf den nächsten, und wie auf Korfu lohnt sich oft ein kleiner Fussmarsch zu einer versteckten Bucht.
Der riesige neue Jachthafen in Preveza verleiht dem charmanten Städtchen weiter im Süden einen Hauch Luxus, ohne die authentische Atmosphäre zu stören. Als wir dort bei einem köstlichen Fischmenü und einem feinen Tropfen in der Taverne sitzen, müssen wir an Ramona Gyr denken. Kein Wunder, will sie nicht mehr weg. So lässt sichs leben!
Die Reise wurde unterstützt von Edelweiss und Visit Greece.
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